Süddeutsche Zeitung

Handball:Besser als erwartet

Obwohl Unterhaching mit drei Siegen in die Bayernliga-Saison startet, hält Trainer Christian Sorger am Saisonziel Klassenerhalt fest

Von Ralf Tögel

Dafür, dass es ums Überleben geht, stehen die Unterhachinger Handballer recht passabel da. Drei Spiele, drei Siege, zuletzt am Wochenende das knappe 27:26 gegen die unberechenbare Zweitliga-Reserve der SG DJK Rimpar. Christian Sorger muss grinsen. Er stellt neben dem HC Erlangen II das einzige verlustpunktfreie Team in der Bayernliga, doch Hachings Trainer erinnert daran, dass dies eine Momentaufnahme ist. "Wir werden noch Spiele verlieren", sagt Sorger fast beruhigend, daran bestehe kein Zweifel.

Während Erlangen den klaren Auftrag hat, als Ausbildungsabteilung des ambitionierten Bundesligisten möglichst schnell in die dritte Liga aufzusteigen, verfolgen die Unterhachinger einen bescheideneren und länger angelegten Plan. Die Mittelfranken haben in Tobias Wannenmacher den Spielertrainer des Drittligisten SV Auerbach, der sich aus wirtschaftlichen Gründen zurückgezogen hat, an seine alte Wirkungsstätte zurückgeholt. Der Herrschinger hat jahrelang für Erlangen in der zweiten Bundesliga gespielt. Eine Parallele zu Christian Sorger, der ebenfalls an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt ist, er war zwei Jahre beruflich in den USA. Und auch Sorger hat einen Auftrag: Er lautet Klassenerhalt. Nach den Eindrücken der ersten drei Spieltage darf man beiden Übungsleitern gute Aussichten auf erfolgreiche Erledigung der Vorgabe attestieren.

Unterhaching Trainer muss seine Mission allerdings unter erschwerten Bedingungen erfüllen, denn Sorger hat "einen Totalumbruch" zu gestalten, wie er sagt. Vor der Saison habe er mit Abteilungsleiter Christoph Ernesti eben diesen beschlossen, denn der Kader fußte auf bewährten, aber in die Jahre gekommenen Akteuren. In dem ehemaligen Profi Thomas Schibschid und dem 2,06 Meter großen Mathias Salger haben zwei prägende Spieler aufgehört, zudem wechselte Willi Becker als Assistent von Sorger ins Trainerfach. Weil sich aber Emil Kottmeier in der Vorbereitung einen Kreuzbandriss zuzog und bis März ausfallen wird, wurde zumindest der routinierte Linkshänder Becker reaktiviert. Dennoch fehlen Sorger somit nicht nur "die Shooter" im Rückraum, also Werfer, die aus der Distanz erfolgreich sind. Sondern in Kottmeier und Salger auch beide Innenblocker, die Schaltzentrale in der Abwehr. Der TSV-Coach hat aus der Not eine Tugend gemacht und in der Vorbereitung ein offensives 3-2-1-Abwehrsystem einstudiert. Mit einigem Erfolg, wie die bisherigen Ergebnisse bestätigen. Die neue Flexibilität hat Sorger kurzerhand auch auf den Angriff übertragen. "Wir haben zehn verschiedene Übergänge", erklärt er eine Vielzahl von Angriffsvariationen, "damit haben wir auch die defensive Abwehr von Rimpar zerlegt." Vor allem Martin Dauhrer wusste seine individuellen Möglichkeiten mit acht Treffern und guten Anspielen auf Kreisläufer Johannes Borschel (6), einen der wenigen verbliebenen Routiniers, zu nutzen.

Nach diesem Start in die Spielzeit erscheint die Maßgabe, sich "irgendwie über die Saison zu retten", arg bescheiden, selbst der Trainer wirkt ein bisschen überrascht ob der prompten Umsetzung des in der Vorbereitung Eingeübten. "Normalerweise braucht man drei, vier Spiele, bis es flutscht", sagt Sorger, "aber es läuft besser als erwartet." Der Trainer weiß, dass die bisherigen Gegner durchaus schlagbar waren. Der nächste Auftritt bei Mitfavorit Friedberg werde helfen, die Leistungsstärke genauer einzuordnen.

Die auffallende Hachinger Zurückhaltung hat auch damit zu tun, dass der Trainer noch auf starke Zugänge warten muss: Benjamin Wegener weilt noch in einem Auslandssemester in Kopenhagen, er wird wie Kottmeier im März zurückerwartet. Wegener spielte Oberliga Niedersachsen, ist als Halblinker ein wichtiger Faktor in der Zukunftsgestaltung des Hachinger Teams, Sorger nennt ihn "eine Granate". Weil auch Linksaußen Fabian Wagner bis Dezember wegen eines Meniskusrisses pausieren muss, ist die linke Seite auf jeder Position nur einfach besetzt, jeder weitere Ausfall könnte fatale Folgen haben. Dafür hat der TSV auf der rechten Seite ein Luxusproblem: "Wir haben sechs starke Linkshänder", sagt der Coach, über sein ungewöhnliches Überangebot.

Schon bei den Auswärtssiegen in Niederraunau und Haunstetten wusste Unterhaching diese Stärke einzubringen. Sorger blickt trotz aller Vorsicht zuversichtlich auf die Saison. Junge Spieler wie Phillip Batzer, der dreimal gegen Rimpar traf, drängen in die erste Reihe. Die Zugänge Philipp Heinle (von Absteiger TSV Allach) oder Christoph Behm (HSG Würm-Mitte) sind bestens integriert. Trotzdem bleibt der Trainer dabei, dass diese Saison nur den Aufbruch markieren soll. Dann "wollen wir uns als Topteam in der Bayernliga etablieren".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3189611
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.10.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.