Süddeutsche Zeitung

Glosse "Linksaußen":Audienz beim Papst

Franziskus empfängt ganz gerne Wasserballer. Das sollten sich auch die Zweitliga-Männer der SG Stadtwerke München mal zunutze machen - die in ihrer Heimatstadt seit Monaten auf dem Trockenen liegen.

Von Sebastian Winter, München

Kürzlich hat Franziskus die ligurische Wasserball-Mannschaft Pro Recco zur Audienz empfangen, die mit Dutzenden nationalen und internationalen Titeln zu Europas Elite gehört. "Ihr Sport ist nicht einfach, aber interessant", sagte der Papst in einem Grußwort an die Athleten. Das ist natürlich ein Euphemismus, schließlich gilt Wasserball als eine der fiesesten Sportarten der Welt. Nicht umsonst heißt es ja dort: "Was unter Wasser passiert, bleibt unter Wasser." Selbstverständlich auch der beherzte Griff zwischen die Beine.

Papst Franziskus scheint eine gewisse Affinität zum Wasserball zu haben, schließlich empfing er erst vor einem Monat Genova Quinto aus Genua, anlässlich des 100-jährigen Vereinsjubiläums. "Arbeiten Sie immer im Team, nicht alleine", riet den Spielern der auch schon 84-Jährige damals, wie die bestens informierten Vatican News berichteten: "Wenn es kein Team gibt, gibt es auch keinen richtigen Sport. Wer es alleine machen will, (...) schadet dem Team."

Das ist ein wirklich ambivalentes Stichwort in diesen Tagen, in denen Italien zwar so langsam wieder aus den Höllenzahlen herauskommt, in Deutschland aber der Bundes-Lockdown bis 30. Juni gilt. Dort müsste es gerade leicht abgewandelt heißen: "Arbeiten Sie immer alleine, nicht im Team. Wer es alleine machen will, (...) schadet den Viren." Also wieder: Individual- statt Teamsport zwischen Flensburg und Garmisch, kontaktfrei, Kleingruppentraining höchstens bei Kindern. Dafür dieses göttliche Privileg: Während der Ausgangssperre darf bis 24 Uhr gejoggt werden (außer in Bayern, klar, der Heimat von Benedikt XVI., der seinen Ruhestand sicher nicht mit Wasserballern verbringt).

Bislang sind alle Studien verpufft. Auch die, die besagte, dass Schwimmbad-Wasser Covid-19 binnen 30 Sekunden unschädlich mache

Apropos Geisterstunde: "Good night munichwaterpolo. Am 1. Dezember sind wir wieder im Becken. Hoffentlich", schrieben die Zweitliga-Männer der SG Stadtwerke in ihrem bislang letzten Facebook-Eintrag. Der stammt vom 31. Oktober 2020, es war ihr letztes Training im Team. Kurz danach trat der "Lockdown-Light" in Kraft, die Älteren werden sich erinnern. Waterpolo, nur zur Klarstellung, hat nichts mit Pferden und noch weniger mit Polo zu tun, sondern heißt schlicht Wasserball.

Seither jedenfalls trainieren sie individuell, das Teamtraining ruht, die Saison ist ohnehin ins Wasser gefallen. Anderswo gelten Zweitligisten oder sogar A-Jugendliche (Allachs Handballer!) ja als Profisportler, aber soweit ist das Waterpolo dann doch noch nicht. Natürlich können sie sich wieder an den Worten des Papstes aufrichten, der noch sagte, als er die Genueser empfing: "Verlieren Sie nie den Amateurgeist. Echter Sport ist Amateursport, zumindest sollte man das immer so halten." Im echten Corona-Leben ist es halt nur so, dass die Amateure immer die Dummen sind.

So eine kleine Öffnungsperspektive für die (Frei-)Bäder wäre übrigens doch auch mal nett. Bald ist ja Pfingsten. Nur sind bislang alle Studien dazu verpufft, auch die, die besagte, dass Schwimmbad-Wasser Covid-19 binnen 30 Sekunden unschädlich mache. Andere Arbeiten sind da allerdings nicht ganz so, nun ja, positiv. Ja Kruzifix, kann man dem Virus denn nicht mal mit Chlor beikommen?

Vielleicht sollten Münchens Wasserballer einfach mal eine Audienz beim Papst beantragen, vielleicht hilft ihnen seine Weisheit ja wieder ins Wasser hinein. Erstligist Spandau Berlin hat ja auch kürzlich in Rom vorbeigeschaut, allerdings eher aus sportlichen Gründen. Sie spielten beim Champions-League-Hauptrundenturnier in Italiens Hauptstadt - und verloren gegen die gerade vom Papst gesegneten Wasserballer von Pro Recco mit 7:10.

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