Futsal:Löwen in die Champions League

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1860 will in fünf Jahren eine Futsal-Größe sein

Von Alexander Augustin, München

Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi - man könnte abendfüllende Podiumsdiskussionen zu dieser banalen Dichotomie veranstalten. Im Futsal, einer Sportart, die dem Fußball ähnlich und doch ganz anders ist, stellt sich die Frage nach dem überragenden Vertreter seiner Zunft nicht. "Er ist der Beste, kann unglaubliche Dinge am Ball." Der Münchner Edin Kulasic ist mit seiner Schwärmerei über Falcao (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen kolumbianischen Fußballer) nicht alleine. Während der Brasilianer unter südamerikanischen Futsal-Anhängern einen gottähnlichen Status genießt, läuft seine Sportart in Deutschland noch unter dem medialen Radar. Kulasic will das ändern. Beim TSV 1860 München baut er seit Anfang des Jahres eine Futsal-Abteilung auf, mit der er große Ziele verfolgt: Innerhalb von fünf Jahren will er mit den Löwen deutscher Meister werden und Champions League spielen. Solch hochgesteckte Ambitionen erinnern unweigerlich an Hasan Ismaik, der vor fünf Jahren einen ähnlichen Langzeitplan für die Fußballabteilung vorstellte. Was daraus wurde, weiß der Investor wohl selbst am besten.

Edin Kulasic ist sich dennoch sicher, dass sein Plan aufgehen wird. Eine nähere Auseinandersetzung mit seinem Vorhaben deutet in der Tat auf mehr hin als auf großspurige Worte von einer goldenen Zukunft. Auf 60 Seiten hat der 27-Jährige seine Ideen niedergeschrieben und Anfang des Jahres Roman Beer, dem Fußball-Abteilungsleiter der Löwen, vorgelegt. Der war schnell angetan von dem Plan, eine Futsal-Sparte zu gründen: "Mit dem professionellen Konzept hat uns Edin Kulasic überzeugt, dass er Futsal in München mit uns auf eine neue, professionelle Stufe heben möchte." Genügend Erfahrung bringt der gebürtige Kroate mit. Als Aktiver war Kulasic Futsal-Nationalspieler seines Heimatlandes, wo diese Art des Hallenfußballs weitaus populärer ist als hierzulande. Einige gravierende Verletzungen warfen ihn allerdings immer wieder zurück und zwangen ihn letztendlich, seine aktive Karriere frühzeitig zu beenden.

Vom Futsal wandte er sich dennoch nicht ab - im Gegenteil, er entwickelte sich zu einem Pionier auf seinem Gebiet. Kulasic machte es sich zur Aufgabe, die Sportart in Deutschland populär zu machen, er gründete 2011 beim TSV Neuried die erste Futsal-Abteilung im Münchner Umkreis. Er hospitierte im Trainerteam der kroatischen und brasilianischen Nationalmannschaft. Mehrmals hat er in den vergangenen Jahren auch dem FC Bayern eine Kooperation angeboten, es blieb aber stets beim einseitigen Interesse. Eine Tatsache, die Kulasic im Nachhinein nicht traurig stimmt: "Sechzig passt sowieso besser zu meinen Werten: Blut, Schweiß und Tränen", sagt er etwas pathetisch. Was er damit meint: "Bei den Bayern hätte ich mir den Erfolg wahrscheinlich kaufen können, ich wollte aber mit ehrlicher Arbeit und ohne große Finanzspritzen eine Mannschaft aufbauen." Mit diesen Vorstellungen stieß er bei Löwen-Abteilungsleiter Beer auf offene Ohren. "Es war von Anfang an klar, dass die finanziellen Mittel für die Sparte begrenzt sein würden. Bis zu einem gewissen Grad unterstützen wir gerne, aber es wäre nicht infrage gekommen, einfach eine Mannschaft zusammenzukaufen." Auch Kulasic selbst, der seit Gründung der Sparte im Februar als Trainer und Sportdirektor in Personalunion agiert, verlangt kein Geld für den Aufwand, den er betreibt - nach eigenen Schätzungen immerhin 20 Stunden pro Woche. Sein täglich Brot verdient der studierte Sportmanager bei einer Kommunikationsgesellschaft. Futsal werde auch noch eine gewisse Zeit sein Hobby bleiben, versichert Kulasic, ohne aber zu verhehlen, dass er irgendwann einmal davon leben möchte. Eine Vergütung kommt frühestens in der Bundesliga infrage, und bis dahin ist der Weg noch weit. Die Realität heißt momentan noch: Bayernliga.

An diesem Sonntag (19 Uhr, Faganahalle, Georg-Zech-Alle 15) starten die Futsal-Löwen mit einem Heimspiel in ihre Premierensaison. Gegner ist - der TSV Neuried. Auf "zweieinhalb Kriterien" hat Kulasic beim Auswahlverfahren geachtet, auf die sportlichen Fähigkeiten und den Charakter der Kandidaten: "Es kann einer noch so begabt am Ball sein - wenn er ein Stinkstiefel ist, nehme ich ihn nicht." Und auf die Identifikation mit dem Verein. Man erwarte zwar nicht von den Spielern, dass sie die Chronik von 1860 auswendig könnten, aber: "Einer ist in Bayern-Hose zum Casting gekommen, den haben wir gleich wieder nach Hause geschickt."

Etwa 80 Anwärter seien beim ersten Auswahltag vorstellig geworden, 20 setzten sich durch. Sie trainieren nun einmal pro Woche abends in einer Mehrzweckhalle in Feldmoching - keine optimalen Voraussetzungen für Kulasic und sein Team: "Am liebsten würden wir wöchentlich zweimal trainieren, aber die Halle ist ausgebucht." Das Zuschauerinteresse wird unabhängig vom Austragungsort der Spiele groß sein, ist sich Kulasic sicher: "Ich erwarte schon einige Löwen-Fans bei unseren Partien."

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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