Fußball-Toto-Pokal:Hinten anstellen

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Im Viertelfinale gegen den TSV 1860 drängt sich Hachings neuer Stürmer Florian Dietz als Alternative auf. Das Aus nach Elfmeterschießen kann auch er nicht verhindern.

Von Christoph Leischwitz, München

Wenn man in einem Pokalspiel auf sich aufmerksam machen will, dann am besten gleich als Pokalheld. Dazu reichte es für Florian Dietz am Freitagabend allerdings nicht ganz, und so wusste der 21-jährige Angreifer auch nicht genau, was er von seiner eigenen Leistung halten sollte. Einerseits wäre ohne ihn im Hachinger Angriff gar nichts los gewesen, er hatte auch das einzige Tor für die Gäste geschossen, ehe die Mannschaft das Viertelfinale im Toto-Pokal gegen den Ligakonkurrenten TSV 1860 München im Elfmeterschießen verlor. Andererseits hatte er aber auch zwei gute Chancen vergeben, und eine davon hätte durchaus das Zeug gehabt, um damit in der Vorstadt eine gewisse Unsterblichkeit zu erlangen: Eckball von der linken Seite, der 1,88 Meter große Dietz löst sich von seinem Gegenspieler, verliert aber ein wenig die Balance. Den Ball erwischt er deshalb eher mit dem Hinterkopf, er bekommt ihn aber aufs Tor - und trifft nur das Lattenkreuz. Es wäre die erneute Führung gewesen, nur neun Minuten nach dem Ausgleich der Sechziger, in der besten Phase des Favoriten.

Tore nach Standards, wie die Führung aus der 41. Minute, waren in der laufenden Saison alles andere als eine Hachinger Spezialität, und Dietz sagt, solche Standardtreffer habe man sich "fest vorgenommen". Ob es denn auch seine persönliche Spezialität sei? "Also, ich habe jetzt schon das eine oder andere Kopfball-Standard-Tor gemacht", erzählt er. Ohne seine Kopfballstärke hätten die Hachinger an diesem Abend überhaupt keine nennenswerten Chancen gehabt.

Durchsetzungsfähig, auch im Dialog: Florian Dietz (rotes Trikot) im Rededuell mit 1860-Verteidiger Dennis Erdmann. (Foto: Sven Leifer/imago)

So bleibt weiter die Frage, was eigentlich los ist mit Hachings Angriff. Stephan Hain sucht nach langer Verletzungspause weiter seine Form, Dominik Stroh-Engel stand diesmal nicht im Kader, weil er laut SpVgg "angeschlagen" war. Letzterer war rund zwei Wochen vor Dietz verpflichtet worden, der Youngster kam von Werder Bremen II und wird wissen, worauf er sich bei dieser Konkurrenz eingelassen hat. "Ich stelle mich da erst mal hinten an", sagt er. Als er kam, hieß es aus Haching, man habe schon seit zwei Jahren Interesse an einer Verpflichtung gehabt.

Nun bekam Dietz also erstmals in einem bedeutenden Spiel eine Chance von Beginn an. Er hatte sich schon einmal ein Sechzig-Spiel, gegen seinen Ex-Klub Jena, im Grünwalder Stadion angesehen. Die Atmosphäre sei "echt überragend", noch mehr, wenn man auf dem Platz steht.

"Er hat seine Sache gut gemacht", sagte Trainer Claus Schromm. Dietz sei manchmal noch "ein bisserl hektisch" vor dem Tor, und gegen den harten Sechziger Abwehrspieler Dennis Erdmann habe er es schwer gehabt, sich aber "sein Tor verdient". Dann sagte Schromm noch: "Wenn man so einen von der Bank bringen kann, dann freut man sich." Das bedeutet erstens, dass Dietz in der Liga auch weiterhin als Einwechselspieler eingeplant ist. Zweitens ist er aber Teil eines Kaders, dem mehr zugetraut wird als in der vergangenen Saison. Weil die Spieler zwölf bis ungefähr 20 insgesamt wohl mehr Qualität haben als früher.

Allerdings äußert sich diese Qualität zurzeit einfach eher in robustem Zweikampfverhalten und dem Fokus auf Torverhinderung und eben nicht in schönen Kombinationen oder Tempofußball bis in den gegnerischen Strafraum. Bisweilen wirkt das Spiel der Mannschaft fast schon schüchtern, und das, obwohl sie zurzeit Tabellenführer ist und erst ein Saisonspiel in der dritten Liga verloren hat. "Wir haben ein besseres Gesicht gezeigt als beim letzten Mal, ein reiferes", sagte Schromm mit Blick auf das bislang letzte Ligaspiel gegen Sechzig im Grünwalder Stadion, das recht sang- und klanglos 0:1 verloren ging. Das war im vergangenen März, als die lange Hachinger Niederlagenphase gerade begann. Diesmal reichte es recht sang- und klanglos zu einem 1:1 nach 90 Minuten. Dank Dietz. Nicht mehr und nicht weniger.

Im Elfmeterschießen hätte noch ein anderer Hachinger ein Held werden können, einer, der sich auch hinten anstellt: Torwart Steve Kroll. Für die Sportfreunde Lotte hat Kroll in der vergangenen Saison alle 38 Ligaspiele bestritten, in Haching kommt er nur im Pokal zum Einsatz. Aber das Drehbuch des Abends hatte einen anderen Helden vorgesehen: Marco Hiller, den Torwart der Sechziger. Bevor der ehemalige Löwe Moritz Heinrich zum letzten Elfmeter des Abends anlief, lächelte er Hiller an - die beiden 22-Jährigen kennen sich aus gemeinsamen Tagen. Hiller, der Ersatzkeeper, lächelte später immer noch. Er hatte drei Elfmeter pariert. Vielleicht auch nur, weil er seine Gegenspieler gut kannte. Stammkeeper wird der Münchner Pokalheld deswegen aber wahrscheinlich auch erst einmal nicht.

© SZ vom 14.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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