SpVgg Unterhaching:Spaß im Schatten

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Während sich in München wieder mal alles um Bayern und Sechzig dreht, schleicht sich Unterhaching in der dritten Liga leise nach oben. Denn wie Josef Welzmüller (re.), hier im Duell gegen Würzburgs Emanuel Taffertshofer, hat die Spielvereinigung die wichtigen Dinge im Blick: etwa den Ball. (Foto: Deniz Calagan/Bongarts/Getty Images)

Der Aufsteiger setzt sich nach dem 2:0 bei Zweitliga-Absteiger Würzburg im oberen Tabellendrittel der dritten Liga fest. Doch Trainer Claus Schromm mahnt zur Ruhe.

Von Sebastian Leisgang, Würzburg

Es wäre schon spannend gewesen, Claus Schromm in diesem Augenblick zu erleben. Vermutlich hätte er bloß abgewunken und den Kopf geschüttelt oder es mit einem Lächeln abgetan. Vielleicht wäre er aber auch vehement eingeschritten, wenn er schon vor dem Spiel den kleinen Presseraum des Würzburger Dallenbergstadions aufgesucht hätte. Aber mei, Schromm war halt nicht da. Deshalb lässt sich jetzt nur mutmaßen, wie der Trainer der SpVgg Unterhaching mit jenen Scherzen umgegangen wäre, die sich die Würzburger Journalisten da erlaubten.

Die Hachinger, sagten sie also, hätten schon alleine deshalb nur 16 Spieler zu den Würzburger Kickers mitgebracht, weil zwei auf dem Oktoberfest Bänke freihalten müssten, um hinterher im Festzelt die drei Punkte begießen zu können. Und 16 Spieler, das würde für die Kickers ja ohnehin reichen, schließlich haben die Würzburger im Kalenderjahr 2017 noch kein einziges (!) Heimspiel gewinnen können.

Schromm mag derlei Despektierlichkeiten nicht. Auch wenn sie nicht ernst gemeint sind und den Gegner betreffen. Als Hachings Trainer hinterher auf seinen überschaubaren Kader angesprochen wurde, mit dem er die Dienstreise nach Würzburg beim 2:0 erfolgreich zurückgelegt hatte, da fand er freilich eine nüchternere Erklärung als die Medienvertreter: Schromm verwies auf sein aktuell prall gefülltes Lazarett. "Klein, aber fein" sei das Aufgebot gewesen, fand er und wollte nicht klagen; vielmehr erinnerte er mit einem Grinsen: "Früher durfte man gar nicht wechseln." Ein Ersatztorwart und vier Feldspieler auf der Bank - das sei ja fast Luxus.

Nach allem, was überliefert ist, fühlt sich Claus Schromm in diesen Tagen besonders wohl. Während in München heiß über den FC Bayern debattiert wird, verrichtet Schromm in seinem stillen Trainerkämmerlein ohne großen Rummel in der Vorstadt sein Tagwerk. Das verschafft dem Coach ein wohliges Arbeitsklima, auch nach 2:0 bei Zweitliga-Absteiger Würzburg. Die Konkurrenz hat zwar sehr wohl registriert, dass sich in Haching etwas tut, aber das war es dann auch schon.

Die SpVgg hat nun dreimal nacheinander gewonnen, bei 8:0 Toren, und in der Mannschaft wird schon seit geraumer Zeit geflachst, man stehe als bayerischer Aufsteiger unter immensem Druck. Schließlich schafften Unterhachings Vorgänger, Jahn Regensburg und die Würzburger Kickers, prompt den Durchmarsch in die zweite Liga. Schromm wollte sich auf solche Albereien nicht einlassen. "Ich weiß nicht, ob das gesund ist", sagte er. Regensburg und Würzburg seien "zwei Ausreißer", und "es gibt zig Mannschaften, die einfach nur in die Liga aufgestiegen und dringeblieben sind und auch einige Ausreißer, die gleich wieder abgestiegen sind. Wir wollen in die Mitte gehören."

Dass dies wohl eine realistische Einschätzung ist, zeigten auch die 90 Minuten in Würzburg, denn gerade zu Beginn hatte Haching Probleme, während die SpVgg in der zweiten Hälfte auftrumpfte. "Wir haben uns schwer getan in der ersten Halbzeit, wir hatten viele unnötige Ballverluste", mäkelte Schromm und diagnostizierte erst nach der Pause "viel mehr Ruhe, viel mehr Sicherheit, viel mehr Überzeugung" bei seiner Mannschaft. Das 2:0 sei "die Konsequenz daraus" gewesen, fand Schromm. Stephan Hain hatte kurz nach der Pause mit seiner Schlitzohrigkeit ein Missverständnis zwischen Würzburgs Torwart Wolfgang Hesl und Abwehrspieler Anthony Syhre zum 1:0 ausgenutzt (48.), Thomas Hagn später mit einem präzisen Flachschuss den Endstand hergestellt (71.).

Nach dem Auswärtssieg in Würzburg hält Unterhaching nun bei 19 Punkten aus elf Spielen. Das bedeutet Platz fünf für den Aufsteiger. "Das ist für unsere Verhältnisse sensationell", findet Schromm. Allerdings wies er auch pflichtbewusst darauf hin, dass er gar nicht daran denke, schon jetzt vom Saisonziel Nichtabstieg abzurücken. "Es heißt: ruhig bleiben. Wenn wir den Klassenerhalt gesichert haben, dann können wir schauen: Was haben wir überhaupt für ein Datum?" Hachings Trainer hat noch nichts übrig für den Kalender. Und auch nicht für die Tabelle.

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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