Süddeutsche Zeitung

Fußball-Regionalliga:Zorniger Vogel

Nach dem 2:1-Sieg gegen Rosenheim ist der FC Bayern II weiter ungeschlagen. Der Cheftrainer ärgert sich dennoch über die Schlampigkeiten der jungen Spieler

Von Matthias Schmid

Auch ein Fußballprofi ist Sohn und braucht Geld, um sich etwas zu trinken kaufen zu können. Also pumpte Gianluca Gaudino am Freitagabend auf der Haupttribüne des Grünwalder Stadions seinen Papa Maurizio um ein paar Euro an. Der Vater kam der Bitte gerne nach. Nachdem Gaudino Junior mit vollem Becher zum Platz zurückgekehrt war, gab er das Wechselgeld auch wieder pflichtbewusst zurück, bis auf den letzten Cent.

Die Fußballfamilie Gaudino nutzte die Länderspielwoche für einen kleinen Ausflug zum Regionalligaspiel zwischen dem FC Bayern II und dem TSV 1860 Rosenheim. Gianluca Gaudino besuchte streng genommen seine Mitspieler, er ist ja noch ein Bayern-Spieler, der gerade nur an den Schweizer Erstligisten St. Gallen verliehen ist. Und was der 19-Jährige unten auf dem Rasen sah, musste ihn erfreuen. Denn die Mannschaft von Heiko Vogel spielte sehr gefällig, kombinierte flüssig mit viel Drang zum Tor. Am Ende reichte es beim 2:1 (1:0) dennoch "nur zu einem Zittersieg", wie Vogel selbst feststellte, "weil wir vor dem Tor keine Geduld, Präzision und Ruhe hatten."

Mit dem Ergebnis, dem fünften Sieg im siebten Spiel, konnte der 40-Jährige leben. Die Münchner bleiben am weiter ungeschlagenen Primus SpVgg Unterhaching dran, aber die Art und Weise gefiel dem Trainer nicht: "Unsere Spiele müssen wieder besser werden", findet Vogel. Dabei hatte die Partie begonnen, wie es sich ein Trainer wünscht: mit einem frühen Tor. Milos Pantovic ließ seinen Gegenspieler einfach stehen, als wäre dieser nur ein Metallmännchen, seinen kurzen, schnellen Antritt schloss er dann noch mit einem lässigen Lupfer über Rosenheims Torhüter Dominik Süßmaier hinweg ins lange Ecke ab (13.) Pantovic hätte das Spiel nur Sekunden danach entscheiden können. Wieder lief er allein auf Süßmaier zu, umspielte ihn, doch statt wuchtig zu schießen, zögerte er einen Moment und ließ sich den Ball vom Torhüter noch vom Fuß spitzeln. "Den muss ich natürlich machen", bekannte Pantovic hinterher, "zu 100 Prozent." Das sah auch sein Trainer so. Es waren solche und ähnliche Szenen, die ihn erzürnten, weil seine Spieler den letzten Pass zu schlampig spielten oder Chancen von bester Qualität aus kurzer Distanz vergaben. "So etwas nervt mich tierisch", gestand Vogel.

Dass er nach verrichtetem Tagwerk trotzdem an einen Touristen am Strand erinnerte, weil er entspannt und aufgeräumt sprach und sich immer wieder mit einem Handtuch den Schweiß aus seinem Gesicht wischte, lag an Pantovic. Der 20-Jährige nahm sich in der 70. Minute wie selbstverständlich den Ball nach einem Foulspiel an ihm selbst und verwandelte den Elfmeter "bombensicher", wie Vogel anmerkte. "Das spricht für sein großes Selbstvertrauen." Nach dem überraschenden Ausgleichstreffer durch Sascha Marinkovic (55.) hatten sich die Münchner schwerer als noch in der ersten Hälfte getan, Lücken im Rosenheimer Abwehrverbund zu finden. Doch anders als noch in der vergangenen Saison brachte das Gegentor nicht die gesamte Mannschaft aus dem Konzept, im Gegenteil. "Wir haben mit Herzblut verteidigt", stellte Vogel fest. Einmal schmiss sich Innenverteidiger Leon Fesser auf der Linie furchtlos in einen Schuss. Diese Vehemenz vor dem eigenen Tor überraschte auch Vogel: "An dieser Szene konnte man sehen, wie hart die Jungs arbeiten und warum sie mir so viel Spaß im Training machen."

Gianluca Gaudino hatte den Schlusspfiff nicht mehr mitbekommen. Sein kleiner Bruder drängte nach Hause. Und Vater Maurizio konnte auch diesen Wunsch nicht ablehnen.

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Quelle:
SZ vom 05.09.2016
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