Süddeutsche Zeitung

Fußball:Machtlos in der ersten Dimension

Die SpVgg Unterhaching wird ihrer Favoritenrolle beim 0:1 in Chemnitz nur anfangs gerecht. Dann fällt ihr gegen das Hoch-und-Weit der Sachsen nicht mehr viel ein.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Man könnte es den Winkler-Koeffizienten nennen. Alexander Winkler ist Verteidiger bei der SpVgg Unterhaching, eher der Typ rustikal, weshalb er in der aktuellen Drittliga-Saison schon zehn gelbe Karten gesammelt hat. Der 26-Jährige steht damit auf Platz zwei im Gelb-Ranking, nur Robert Andrich vom SV Wehen Wiesbaden hat eine mehr. Die zehnte Verwarnung holte sich Winkler vergangenen Samstag beim FC Chemnitz ab. Weil auch sein Trainer Claus Schromm diese Ausbeute für "rekordverdächtig" hält, sei das nun etwas, woran man arbeiten müsse. Freilich nicht am nächsten Samstag zu Hause gegen die Sportfreunde Lotte. Denn da wird Winkler zum zweiten Mal gesperrt fehlen.

Hachings Problemzone ist ohne Zweifel die Abwehr, das wurde auch bei der 1:2 (1:1)-Niederlage beim Drittletzten deutlich. "Wir kommen gut ins Spiel, kontrollieren es eigentlich. Und gehen auch noch in Führung", sagte Schromm. Dann aber "haben wir schlecht verteidigt und einen großen Teil dazu beigetragen", die Führung aus der Hand zu geben. Wenn Winkler eine gelbe Karte bekommt, ist das ein Indiz: Erst zweimal hat Unterhaching gewonnen, wenn er den Karton gesehen hat. Und in den fünf Spielen seit der Winterpause sah er schon viermal Gelb, davor in neun Partien nur einmal (bei der 0:3-Niederlage gegen Rostock). Mit anderen Worten: Sobald Unterhachings Abwehr gezwungen ist, ruppiger zu spielen, springen meist auch keine Punkte heraus. Auch wenn Winklers Foul in Chemnitz (37.) nicht ruppig, sondern eher taktischer Natur war.

"Den kann man schon halten", sagt Trainer Claus Schromm über den Chemnitzer Siegtreffer

Die Gäste wurden zunächst ihrer Favoritenrolle gerecht. Sie nutzten die Räume, die der Gastgeber anbot, das Team konnte sich zudem auch diesmal auf sein Umschaltspiel verlassen. Winkler war es, der in der 16. Minute im Mittelfeld einen Zweikampf gewann - die Chemnitzer wollten an dieser Stelle ein Foul gesehen haben. Dann ging es schnell nach vorne, Sascha Bigalke flankte von links, der Ball erreichte den mitgelaufenen Finn Porath inmitten dreier Gegenspieler. Porath, der am vergangenen Sonntag gegen den Halleschen FC (1:1) sein erstes Tor für Haching erzielte hatte, legte sogleich nach und spitzelte den Ball an Chemnitz' Keeper Kevin Tittel vorbei zur Führung (16.).

"Chemnitz hatte eigentlich nur ein Stilmittel", sagte Schromm: weite Bälle auf die Stürmer, die dann für einen Mitspieler ablegen. Und Schromm ärgerte sich, dass seine Abwehr diese eindimensionale Spielweise nicht in den Griff bekam. Elf Minuten nach der Führung stand so Florian Hansch frei, wenngleich eigentlich aus sehr spitzem Winkel. Doch dann ließ Torwart Korbinian Müller den Ball überraschend passieren, er prallte ihm im Fallen an die rechte Hand und flog ins Netz. "Den kann man schon haben", so der Kommentar des Trainers. Schromm pflegt auf vielen Positionen einen vitalen Konkurrenzkampf, vor allem im Mittelfeld. Auf der Torwartposition ist die Situation eine andere. Auch wenn Müller in den vergangenen Wochen in mehreren Situationen nicht gerade souverän agierte, so habe man sich im Trainerteam noch nicht damit befasst, dem zweiten Torwart Lukas Königshofer eine Chance zu geben, erklärte Schromm. Kurz danach hätte Dominik Stahl mit einem abgefälschten Schuss beinahe die erneute Führung erzielt (35.), insgesamt blieb Haching diesmal aber auch im Angriff zu harmlos.

Beim zweiten Gegentreffer kurz nach dem Seitenwechsel war Torhüter Müller machtlos: Dennis Grote kam am Sechzehner frei zum Schuss. Er traf zwar nur den Pfosten, doch der Abpraller landete direkt vor dem Fuß von Tom Baumgart, der mühelos einschob (50.). Es folgten noch ein Weitschuss des eingewechselten Orestis Kiomourtzoglou (77.) sowie eine gelb-rote Karte für den Chemnitzer Alexander Dartsch (82.). Die Überzahl nutzte Haching nicht, zumal es auch im Angriff einen starkes Indiz für Hachinger Erfolg oder Misserfolg gibt: Stephan Hain vertändelte kurz vor Schluss einen Ball. Sein letztes Tor, Anfang Dezember gegen Bremen II, markiert auch den bis dato letzten Hachinger Sieg.

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SZ vom 19.02.2018
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