Fußball-Landesliga:Aus den Fehlern gelernt

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Geretsrieds Torschütze Maximilian Berwein (l.) wird von Ismanings Kapitän Maximilian Siebald bedrängt. (Foto: Manfred Neubauer)

Geretsried nimmt 1:3-Niederlage gelassen

Von Fabian Swidrak, Geretsried

Geretsried - Wer sich einmal auf der Homepage des TuS Geretsried umsieht, findet früher oder später eines der kurzen Videos, das die Fußballer in der Saisonvorbereitung hochgeladen haben. Spieler springen über Gummibänder, greifen nach bunten Hütchen und rudern mit den Armen, während sie auf Zehenspitzen gehen. Es sind Einblicke in die Trainingsarbeit. Schnelle Schnitte, bunte Effekte und deutscher Hip-Hop zur Begleitung. Talent sei nur Übung, heißt es darin: "Erfolg ist kein Glück."

Jung, modern, hungrig, dynamisch: So präsentiert sich der Aufsteiger aus der Landesliga Südost im Internet - und auch auf dem Fußballplatz. Mit einem Durchschnittsalter von unter 23 Jahren zählt die Mannschaft von Trainer Florian Beham zu den jüngsten der Klasse. "75 Prozent unserer Spieler kommen aus der eigenen Jugend", erzählt Sportdirektor Eduard Engelhardt stolz. Auch Beham kam einst als Spieler nach Geretsried, musste die Fußballschuhe wegen anhaltender Probleme mit seinen Knien und Sprunggelenken aber bereits an den Nagel hängen. Seit Oktober 2014 ist der 32-Jährige Trainer des TuS. Gleich in seinem ersten Jahr wurde die Mannschaft Meister der Bezirksliga Süd und stieg in die Landesliga auf.

Neun Spieltage sind dort inzwischen vorbei. Geretsried fand sich schnell zurecht und steht im Mittelfeld der Tabelle, auch wenn der Vorsprung auf die Abstiegsränge gering ist. Am Samstag verlor der TuS zu Hause gegen Spitzenreiter FC Ismaning mit 1:3, mit der Leistung seiner Mannschaft war Beham dennoch hochzufrieden: "Wir haben uns super verkauft, die Räume gegen einen spielstarken Gegner eng gemacht und schnell nach vorne gespielt. Das wären Bonuspunkte gewesen." Zweimal traf Geretsried die Latte und musste nach einer roten Karte lange in Unterzahl spielen. "Mit etwas Glück wäre mehr drin gewesen", so Beham. Wie stark das Team ist, wenn es einmal in Schwung kommt, demonstrierte Geretsried vor zwei Wochen beim 5:0-Kantersieg gegen den TuS Holzkirchen.

Gemessen an der Vereinsgeschichte gleicht der sportliche Höhenflug einem kleinen Wunder. Vor 15 Jahren lag der Klub am Boden und drohte durch Verbindlichkeiten von rund 120 000 D-Mark erdrückt zu werden. Geretsried war damals einer von vielen Vereinen in der Landesliga, bei dem Spieler aus dem Raum München ein üppiges Taschengeld verdienen konnten. Als im Jahr 2000 ein großer Sponsor seine Zahlungen einstellte, war der Kader für die neue Saison bereits beisammen. Geretsried häufte Schulden an und konnte irgendwann nicht mehr zahlen. "Die Spieler haben uns reihenweise verlassen", erinnert sich Engelhardt, der damals noch Jugendleiter war. Dreimal stieg Geretsried danach in Serie ab und wurde durchgereicht bis in die Kreisliga.

Heute ist der Verein schuldenfrei. Der Weg dorthin war hart, rein sportlich betrachtet aber ein Glücksfall: "Der Klub hat einen komplett anderen Weg eingeschlagen und in die Ausbildung investiert", sagt Beham. Nichts anderes blieb dem TuS übrig. Beham ist seit elf Jahren im Verein, schon während seiner aktiven Zeit engagierte er sich als Trainer im Juniorenbereich. Vier Jahre begleitete er den Jahrgang 1995 durch die B- und A-Jugend, bevor er Trainer der ersten Mannschaft wurde. Zehn der inzwischen 19 oder 20 Jahre alten Spieler von damals stehen jetzt im Kader des Landesligisten.offenbar

"Unser Ziel ist es, diese Truppe über viele Jahre hinweg zusammen zu halten", sagt Beham. Der Klassenerhalt ist diese Saison fest eingeplant. "Wenn wir es schaffen, die Qualität in der Breite weiter zu verbessern, können wir irgendwann vielleicht auch mal um die vorderen Plätze mitspielen." Einen weiteren Aufstieg in die Bayernliga hat aber zumindest Sportdirektor Engelhardt nicht im Visier. Es mache keinen Sinn, aufzusteigen und wieder gegen Bezahlung Spieler von anderen Klubs zu holen, sagt er. "Das wäre Systemverrat." In Geretsried haben sie offenbar aus ihren Fehlern gelernt.

© SZ vom 31.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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