Fußball:0:2 im Motocross

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Was für eine Sauerei: Der Blick von Unterhachings Kapitän Ulrich Taffertshofer sagt mehr als tausend Worte über die Partie in Osnabrück. (Foto: Titgemeyer/Imago)

Der Drittligist SpVgg Unterhaching kann auf dem grenzwertigen Rasen im Osnabrücker Stadion seine spielerische Überlegenheit nicht zur Geltung bringen und verliert letztendlich verdient.

Von Raphael Weiss, München

Um acht Uhr morgens hatte der Arbeitstag von Gerd Hala, dem Platzwart des VfL Osnabrück, begonnen. Spielfeldbegehung, Schneeschippen, Linien nachziehen. Trotz aller Bemühungen erweckte sein Rasen an der Bremer Brücke schon vor dem Anpfiff gegen die SpVgg Unterhaching allenfalls: Mitleid. Tief, gespickt mit erdigen Brocken, nass - aber immerhin ein sattes Grün. Das sollten die folgenden 90 Minuten ändern. Jedes Mal, wenn einer der Spieler versuchte, den über Erdklumpen hoppelnden Ball zu ersprinten oder die Richtung zu wechseln, verlor das Spielfeld einen Teil seiner natürlichen Farbe, sodass es nach 90 Minuten eher an eine Motocross-Strecke als an ein Fußballfeld erinnerte.

Derartige Bedingungen kommen für gewöhnlich eher Mannschaften aus dem Tabellenkeller entgegen, weniger aber offensiv ausgerichteten, kombinationsfreudigen Teams. Und weil der VfL Osnabrück sich unter dem neuen Trainer Daniel Thioune gerade aus der Abstiegszone herauskämpft und Unterhaching versucht, den Anschluss an die Aufstiegsplätze zu halten, ahnte Claus Schromm wohl schon beim ersten Blick auf den Platz, dass ihm ein ungemütlicher Samstagnachmittag bevorstand: "Wir haben eine Schlacht erwartet und wussten, was auf uns zukommt. Aber auf dem Rasen war leider kein normales Spiel möglich", sagte Hachings Trainer nach der verdienten 0:2-Niederlage.

"Wir haben beide Tore selbst vorbereitet", sagt Unterhachings Trainer Claus Schromm

An flüssiges, offensives Passspiel war nicht zu denken, und genau das nutzten die Gastgeber von Beginn an aus. Thioune hatte vor seinem vierten Einsatz als Trainer sein Personal angewiesen, Unterhaching früh zu attackieren und im Spielaufbau zu stören. Der Plan ging auf. Osnabrück hatte innerhalb der ersten zehn Minuten vier gute Chancen, die Gäste kamen in der Anfangsphase überhaupt nicht ins Spiel. 13 Minuten dauerte es, bis Unterhaching das erste Mal tief in der gegnerischen Hälfte auftauchte, doch Ulrich Taffertshofer verlor den Ball an Marc Heider, der mit einem schnellen Konter die aufgerückte Unterhachinger Defensive aushebelte, Dominik Stahl ganz einfach überlief, nach einem feinen Doppelpass mit Jules Reimerink frei vor Korbinian Müller stand und zum 1:0 einschob.

Auch nach der Führung gelang es Osnabrück, den Spielaufbau der Gegner früh zu unterbinden, schnell umzuschalten und das Tor von Müller immer wieder in Gefahr zu bringen. Nach 25 Minuten machte sich der hohe läuferische Aufwand allerdings bemerkbar, Unterhaching kämpfte sich zurück ins Spiel und wurde vor allen Dingen durch Standards gefährlich. Nach einer Ecke von Sascha Bigalke köpfelte Stephan Hain zu Taffertshofer, der den Ball aus fünf Metern weit über das Tor setzte (32.). Für die beste Möglichkeit der Hachinger war allerdings VfL-Verteidiger Bashkim Renneke verantwortlich. Eine ungenaue Flanke von Taffertshofer landete genau auf Rennekes Brust, der den Ball zu Torwart Marius Gersbeck zurückspielen wollte, aber nicht bemerkt hatte, dass dieser aus seinem Tor gekommen war. Der Ball hoppelte langsam in Richtung 1:1, doch Renneke konnte seinen Fehler gerade noch ausbügeln und klärte zur Ecke (40.).

In der zweiten Halbzeit kam Unterhaching besser ins Spiel. Die Mannschaft schien sich mit den schlechten Bedingungen zu arrangieren und versuchte, mit viel Laufarbeit den Rückstand aufzuholen: Drei Minuten nach Wiederanpfiff scheiterte Hain mit einem kräftigen Schuss aus 25 Metern an Gersbeck; wenig später war es wieder der VfL-Torhüter, der Hain mit einer Grätsche im letzten Moment den Ball vom Fuß nahm und den Ausgleich verhinderte (55.). In der Folge begann Osnabrück, wieder früher zu attackieren, und es entwickelte sich ein spannendes Spiel mit guten Chancen auf beiden Seiten.

Beim 0:2 springt der Ball erst über einen Erdklumpen, dann über das Bein von Keeper Müller

Die Entscheidung fiel 15 Minuten vor dem Ende, und wieder war es eine Offensivaktion der Hachinger, aus der das Tor resultierte. Nach einem Freistoß von Bigalke klärte Osnabrücks Abwehr, doch der Ball landete wieder vor Bigalkes Füßen, der als letzter Mann mit einem weiten Pass auf den Flügel den Kollegen Stahl suchte - aber Osnabrücks Marc Wachs fand. Dessen so präziser wie hoher Pass spielte Tim Danneberg perfekt frei, dessen Schuss dank eines Erdklumpens über das Schienbein von SpVgg-Keeper Müller sprang und den Endstand herstellte. "Wir haben alle Tore selbst vorbereitet", sagte Schromm nach dem Spiel. "Es lagen heute auf beiden Seiten viele Tore in der Luft, mir wäre es lieber gewesen, wenn Osnabrück andere Gelegenheiten genutzt hätte. Das macht es umso bitterer." Hain hatte kurz nach dem 0:2 die Möglichkeit, per Elfmeter zu verkürzen, doch er scheiterte an Gersbeck (78.).

So verpasste Unterhaching die Chance, die Niederlage von Wehen Wiesbaden auszunutzen und den Rückstand auf den Tabellendritten zu verkürzen. Die SpVgg liegt weiterhin fünf Punkte hinter einem Relegationsplatz. Am kommenden Samstag gastiert Werder Bremen II zum letzten Spiel vor der Winterpause im Hachinger Sportpark, Schromm geht dann von anderen Umständen aus: "Unser Rasen ist in einem Top-Zustand. Was das angeht, haben wir überragende Bedingungen." Von denen kann Gerd Hala, der VfL-Platzwart, nur träumen. Schon am Freitag empfängt Osnabrück Karlsruhe. Hala wird wohl auch in den kommenden Tagen zur Frühschicht an der Bremer Brücke antreten.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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