Fußball:Einen Torjäger, bitte

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Eigentlich hatte sich der ehemalige Löwe Andreas Neumeyer schon als Wirt hinter den Tresen zurückgezogen. Jetzt will der 30-Jährige beim SV Heimstetten aber noch mal an alte Zeiten als Regionalliga-Schützenkönig anknüpfen

Von Stefan Galler, Kirchheim

Es ist gar nicht so einfach, Andreas Neumeyer für ein längeres Gespräch in Beschlag zu nehmen. "Im Moment geht es nicht", sagt er beim ersten Anruf. "Vielleicht um zwei?" Doch auch dann kann Neumeyer nicht sprechen. "Ich bin gerade noch in einer Besprechung." Eine halbe Stunde später geht er gar nicht ans Telefon. Doch kurz danach kommt der Rückruf: "Jetzt habe ich Zeit."

So richtig überraschend ist es nicht, dass es in Neumeyers Tagesablauf kaum Lücken gibt. Der 30-Jährige führt zwei gastronomische Betriebe, einen dritten hat er zum Jahreswechsel verkauft. Darüber hinaus arbeitet er an seinem Comeback als Fußballer beim SV Heimstetten.

Für den Klub im östlichen Münchner Landkreis hatte Neumeyer schon zweimal gespielt, in der Hinrunde 2011/12, sowie die komplette Saison 2012/13. Damals war er mit 24 Treffern Torschützenkönig in der Regionalliga geworden, es folgte eine Saison beim TSV 1860 München II - mit vielen Höhen, aber auch einigen Tiefen. Immer wieder musste der bullige Stürmer wegen einer lädierten Sehne an der Fußsohle pausieren. Der Arzt riet ihm, zumindest länger gar nicht mehr zu spielen, doch Neumeyer versuchte es ständig aufs Neue. Und entschied im Sommer 2014, nach Auslaufen seines Vertrags bei den Löwen, ganz aufzuhören. Zumindest vorerst. "Ich habe aber schon damals gesagt, dass ich von Winter an wieder zu Gesprächen bereit bin."

Für immer und immer wieder Heimstetten? Der Vertrag von Andreas Neumeyer gilt vorerst bis Saisonende - danach sehe man weiter. (Foto: Claus Schunk)

Beim abstiegsbedrohten SV Heimstetten können sie einen brauchen, der weiß wo das Tor steht. Seinen besten Schützen Sammy Ammari hat der Tabellen-15. im Dezember zum FC Ingolstadt ziehen lassen. Manager Michael Matejka wollte dem 20-jährigen Tunesier, der in 22 Spielen zehn Treffer erzielt hatte, keine Steine in den Weg legen. Und suchte den Kontakt zu seinem alten Spezi Neumeyer: "Wir hatten nach seinem Weggang immer Kontakt, pflegen ein freundschaftliches Verhältnis", sagt Matejka. "Als ich ihn anrief, ging alles sehr schnell. Er hatte Bock, wieder zu spielen. Nach einem kurzen Treffen waren wir uns einig." Am 19. Januar beginnt die Vorbereitung. Zunächst bis Saisonende wird der 1,77-Meter große Angreifer für den Sportverein auflaufen, danach sehe man weiter.

Was den Fitnesszustand Neumeyers angeht, so ist Matejka zuversichtlich: "Klar ist er nicht auf dem Niveau wie vor einem Jahr. Aber wir haben sieben Wochen Vorbereitung mit sieben Testspielen. Da wird er fit, ganz bestimmt." Auch Neumeyer selbst glaubt fest daran: "Ich fühle mich nicht unfit, auch wenn ich natürlich noch etwas brauche, bis ich da bin, wo ich war. Aber es ist auch nicht so, dass ich ein halbes Jahr lang überhaupt nichts getan hätte." Grundvoraussetzung für eine weitere erfolgreiche Zeit in Heimstetten sei, dass die Verletzung nicht wieder aufbreche: "Ich habe ein gutes Gefühl, bin völlig beschwerdefrei. Auch wenn ich natürlich nicht weiß, ob das so bleibt." Wenn nicht, müsse er seinen Comeback-Versuch eben aufgeben. Davon würde die Welt auch nicht untergehen.

Immer noch hungrig: Andreas Neumeyer, Gastronom und neuerdings auch wieder Stürmer. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Neumeyer ist ein positiver Typ, einer, der nicht hadert, wenn es mal nicht läuft. Weswegen er das Jahr bei seinem Lieblingsklub TSV 1860, für den er bereits in der A- und B-Jugend gespielt hatte, auch ausschließlich positiv wertet: In der Saisonvorbereitung hatte ihn der damalige Trainer Alexander Schmidt sogar zu den Profis geholt. Doch irgendwann bat Neumeyer selbst um seine Rückversetzung zu den Amateuren: "Im Training war ich immer Stürmer Nummer fünf, musste deshalb ständig als Innenverteidiger aushelfen." Sein Mentor Schmidt war bald weg, dafür wurden die Probleme mit dem Fuß immer schlimmer. "Blöd gelaufen", sagt Neumeyer. "Aber ich bin kein Typ für Trübsal."

Und so konzentrierte sich der ehemalige Fürstenfeldbrucker auf seine Karriere als Gastronom. Das Café "Hungriges Herz" in der Fraunhoferstraße, wo Bastian Schweinsteiger und auch Daniel Baier, Neumeyers alter Kumpel aus gemeinsamen Sechziger-Tagen, immer wieder mal reinschneien, lief sowieso blendend. Zwischenzeitlich führte der 30-Jährige zusätzlich einen Club in der Thalkirchner Straße. Seit Oktober gehört ihm ein Laden in Freising mit dem Namen "Nigel Parker", "ein Bar-Club-Konzept, es macht echt Spaß", sagt Neumeyer.

Um alles unter einen Hut zu bringen, darf er sich beim SV Heimstetten ein paar Privilegien gönnen. "Ich brauche meine Freiräume, wenn es in einem der beiden Läden brennt", sagt er. Denn es sei keineswegs so, dass man in der Gastronomie von alleine reich werde: "Man darf nichts schleifen lassen, muss immer kämpfen." Wie im Fußball.

© SZ vom 14.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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