Süddeutsche Zeitung

Fußball:Der letzte Pakt

Daniel Weber kündigt seinen Abschied vom Fußball-Regionalligisten VfR Garching zum Sommer an. Ein Grund ist auch der Tod seines kleinen Sohnes. Die Spieler reagieren mit einer Mischung aus Überraschung und Verständnis.

Von Andreas Liebmann, Garching

Die Stimmung in der Kabine des VfR Garching war bedrückt, viele seien "geschockt" gewesen. Doch Daniel Weber wäre nicht Daniel Weber, wenn er nicht versucht hätte, selbst aus dieser Lage noch Motivation herauszuholen. Von einem "Pakt" mit seinen Fußballern sprach er, von einer letzten gemeinsamen Reise, auf die sie sich begeben werden. "Ich habe ihnen gesagt: Wenn ihr mir was zurückgeben wollt, dann packt noch ein paar Prozent drauf", berichtet der 45-Jährige von seiner Kabinenansprache am Dienstag, die so anders verlaufen war, als die Spieler das erwartet hatten.

Er hatte ihnen mitgeteilt, dass er im Sommer aufhören wird, nach zwölf Jahren, in denen er den VfR von der Bezirks- bis in die Regionalliga geführt hat.

Das löste wohl eine Mischung aus Überraschung und Verständnis aus, denn die meisten im Verein hätten wohl eher damit gerechnet, dass Weber schon zur Winterpause nicht zurückkehren würde. Ende des vergangenen Jahres ist sein schwerbehinderter Sohn überraschend gestorben, mit nicht mal fünf Jahren. In der Öffentlichkeit war das nie wirklich thematisiert worden, aber natürlich hatten viele in der Szene Anteil am Schicksal der Familie genommen, Webers Verein und seine Spieler sowieso. Doch der Trainer kam zurück. Er brauche "den Alltag mit den Jungs auf dem Platz", erklärt er, um nicht in ein Loch zu fallen; hinzu kam sein persönlicher Ehrgeiz. Sein Team, das er immer wieder mit bescheidenen finanziellen Mitteln konkurrenzfähig bekommen hat, überwintert auf Abstiegsrelegationsplatz 16. "Das kann ich so nicht stehen lassen", sagt er. Er wolle ja "keinen Scherbenhaufen übergeben".

Ob er dann im Sommer aber die Kraft aufbringen würde, den Kader ein weiteres Mal umzukrempeln? Wieder Talente zu finden und aufzubauen, die sich beim VfR eine Chance erhoffen? Wie den aktuellen Winterzugang Valentin Micheli, 21, Mittelfeldspieler von Wacker Burghausen, der aus der Jugend des FC Bayern kam und drei Kreuzbandrisse hinter sich hat? Da war er sich unsicher. Er habe sich schon lange die Frage gestellt, wann nach all den Jahren wohl der richtige Zeitpunkt wäre, sich zu verabschieden. Über die Feiertage sei er zu dem Entschluss gelangt, dass dieser Moment nun naht. Jetzt, wo sich die ganze Familie zu Hause neu orientieren muss.

Er werde als Trainer weitermachen, versichert Weber, aber nicht vor 2020. "Es ist klar, dass ich nicht nach vier Wochen Pause mit der gleichen Power an die nächste Aufgabe gehen kann", sagt er. Um es noch bis zum Profifußball zu schaffen, fehlt ihm die Ausbildung zum Fußballlehrer, er ist skeptisch, ob er die noch angehen soll mit dann 46, 47 Jahren. Doch das, sagt er, interessiere ihn zurzeit gar nicht. Bis zum Sommer zählt der VfR Garching, wo auch ihm alle "so viel gegeben" hätten. "Wir werden einen guten Pakt eingehen, um noch mal eine geile Zeit zu haben", kündigt er an. Und neben dem Fußball, da zählen sowieso ganz andere Dinge.

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Quelle:
SZ vom 24.01.2019
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