Süddeutsche Zeitung

Fußball 3. Liga:Weiße Weste in Westfalen

Unterhaching bleibt nach einem zähen 0:0 bei den Sportfreunden Lotte auswärts ungeschlagen. Trainer Claus Schromm schwärmt vom "nächsten Schritt".

Von Christoph Leischwitz

In der ersten Halbzeit kein einziger Schuss auf das gegnerische Tor, in der zweiten gerade mal ein Lattentreffer aus dem Rückraum; dazu ein ausgewechselter Spielmacher, weil der Schädel brummte - und trotzdem war Claus Schromm nach dem Spiel hochzufrieden. Denn der Trainer der SpVgg Unterhaching konnte einem im Wortsinn verhagelten Drittliga-Nachmittag bei den Sportfreunden Lotte eine Menge Gutes abgewinnen. "Wir wollten auswärts ungeschlagen bleiben in diesem Jahr", sagte der Coach nach dem 0:0, "und das ist jetzt eine unfassbare Geschichte für uns." Sowieso hat Unterhaching bislang nur ein einziges Spiel in dieser Saison verloren.

"Viel weggerutscht, nur lange Bälle nach vorne", so lautete das Halbzeit-Fazit von Luca Marseiler

Ein Teil seiner Zufriedenheit rührte auch daher, dass er ein schweres Spiel prophezeit hatte. Seit dem sechsten Spieltag, das hatte Schromm selbst recherchiert, hatten die Sportfreunde sogar einen Punkt mehr geholt (20) als die vor der Partie auf Platz vier stehenden Hachinger. Man könnte auch sagen: Seitdem Nils Drube Trainer in Lotte ist. Ihn lobte Schromm vor dem Spiel in höchsten Tönen, zumal die Westfalen in der aktuellen Saison erst fünf Gegentore im eigenen Stadion kassiert hatten.

In der ersten Halbzeit wurde klar, warum. "Nach einer halben Stunde habe ich von uns mal eine Stafette über drei, vier Stationen gesehen. Das haben wir normalerweise in der ersten Minute", sagte Schromm. "Viel weggerutscht, nur lange Bälle nach vorne", so die knappe Analyse von Luca Marseiler. Es hatte heftig geregnet, auch Eiskörner, der Wind war böig. Die einzige Hachinger Chance vor der Pause hatte Stefan Schimmer, und das auch erst in der 45. Minute: Nach einer Ecke faustete Lottes Torwart Steve Kroll vorbei, Schimmer konnte aber den Ball mit dem Kopf nicht mehr drücken und setzte diesen auf das Netz. Dass nach 16 erzielten Toren in den vergangenen drei Spielen das Kombinationsspiel diesmal fast komplett ausfiel, störte den Trainer aber kaum: "Wir haben Dezember. Und da muss man die Bedingungen auch mal annehmen."

Schromm fand umgekehrt, dass seine spielstarke Mannschaft diesbezüglich eher "den nächsten Schritt" in einer Entwicklung genommen habe. Dass Haching aber nicht in Rückstand geriet, war auch nur der Nervenschwäche eines Gegenspielers zu verdanken: Maximilian Oesterhelweg, der vor anderthalb Jahren mit der SV Elversberg in den Regionalliga-Aufstiegsspielen an Haching gescheitert war, stand in der 22. Minute völlig frei vor Keeper Lukas Königshofer, weil Markus Schwabl einen aufgesetzten Flankenball unterlaufen hatte. Doch Oesterhelweg verzog und traf nur das Außennetz.

Mit Beginn der zweiten Halbzeit musste man sich Sorgen machen, ob das Hachinger Kombinationsspiel nicht gänzlich zum Erliegen kommt: Sascha Bigalke saß jetzt nämlich nur noch auf der Bank. Der Kreativspieler hatte vor dem Pausenpfiff einen Ellenbogen von Alexander Langlitz ins Gesicht bekommen. Sofort hatten sich Schromm und Präsident Manfred Schwabl besorgt unterhalten, was zu tun sei. Für Bigalke, der laut erster Diagnose nur einen Brummschädel davontrug, kam Verteidiger Alexander Winkler ins Spiel, dafür agierte nun Lucas Hufnagel deutlich offensiver in der Spielmacher-Position.

Am Donnerstag sollen die Profis in eine KGaA ausgegliedert werden - ohne knappes Ergebnis

Als es dann richtig düster wurde im Stadion, kam sie noch, die eine große Hachinger Chance zum Sieg. Nach zwei Haken auf engstem Raum gegen drei Gegenspieler zog Marseiler vom Strafraumrand ab, Torwart Kroll stand zu weit vor dem Kasten, doch der Ball klatschte wie eine zusätzliche Hagelkugel an die Latte (70.). Schromm dazu: "Ein Sieg wäre ein bisschen zu viel des Guten gewesen", vor allem aufgrund der ersten Hälfte.

Dass der Trainer zufrieden war, zeigte auch: In Unterhaching hat die Geduld bis jetzt noch die Aufstiegshektik im Griff. Die Ansprüche müsste man wohl nur dann anpassen, wenn man in den beiden Heimspielen vor der Winterpause sowohl den Dritten Uerdingen als auch Spitzenreiter Osnabrück schlägt. Ein anderer Termin ist dem Verein deutlich wichtiger, wenn es um die mögliche Zukunft in der zweiten Liga geht. Am kommenden Donnerstag soll im Rahmen der jährlichen Mitgliederversammlung der Profibereich in eine KGaA ausgliedert werden. Und in diesem Fall wird alles andere als ein knappes Ergebnis erwartet.

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Quelle:
SZ vom 10.12.2018
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