Fürstenfeldbruck:Ohne Wackler

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"Hat Spaß gemacht": Marco Müller vertrat auf der Brucker Bank erstmals Trainer Martin Wild. (Foto: Markus Fischer/imago images/Passion2Press)

Die Fallhöhe steigt, aber die Handballer des TuS Fürstenfeldbruck geben sich auch in Oppenweiler keine Blöße. "Es ist sensationell, wie die Mannschaft mit dem Druck umgeht", urteilt ihr Trainer Martin Wild - im Krankenhaus.

Von Andreas Liebmann, Fürstenfeldbruck

Natürlich ist vieles eine Frage der Fallhöhe, aber auch die Art der Landung sollte man nicht unterschätzen. Martin Wild zum Beispiel, Trainer der Fürstenfeldbrucker Handballer, hat das Wochenende im Krankenhaus verbracht. Er war von einer Leiter gepurzelt und musste am Ellenbogen operiert werden. Am Samstagabend hat er vom Bett aus nicht nur im Fernsehen der Nationalmannschaft dabei zugesehen, wie sie den Kroaten unterlag, sondern vor allem parallel im Liveticker verfolgt, wie sich seine eigene Mannschaft in Oppenweiler schlug. Letzteres dürfte sehr genesungsfördernd gewesen sein: "Sie muss es richtig gut gemacht haben, sehr souverän", berichtete er, was ihm vom 37:27-Auswärtssieg bekannt war.

Die Brucker Handballer haben in der dritten Bundesliga Süd inzwischen eine Fallhöhe erreicht, aus der heraus selbst ein Fehltritt beim HC Oppenweiler/Backnang schmerzhaft wäre, und das ist durchaus bemerkenswert. Denn der Gegner zählte als Fünfter selbst zur erweiterten Spitzengruppe der Liga. Er hatte etwas Pech in der Hinrunde, gewann zuletzt aber fünf Partien nacheinander und erhielt jüngst weiteren Auftrieb durch einen 29:28-Auswärtserfolg im Derby gegen Salamander Kornwestheim. Gegen einen solchen Kontrahenten muss und darf man nicht unbedingt von seiner Mannschaft erwarten, dass sie ihn mit zehn Toren Differenz bezwingt, doch genau das war passiert. Und es ist nicht nur der erste Tabellenplatz - aktuell mit sechs Punkten Vorsprung -, der die neue Fallhöhe bedingt. "Früher waren wir in einer anderen Situation, da waren wir immer der Underdog", erklärte Wild, "jetzt sind wir in die Favoritenrolle geschlüpft." Er selbst hat das mit ausgelöst, indem er vor Weihnachten "recht offensiv" mit dem Thema zweite Liga umgegangen sei. Vor vier Jahren, als sich schon einmal die Aussicht auf einen Aufstieg bot, "da haben wir heimlich, still und leise versucht, die zweite Liga zu stemmen" - und abgewunken, als klar war, dass dieser Weg nicht funktionieren würde. Derzeit trommeln sie laut für ihren Traum. Nach dem jüngsten Heimsieg gegen Haßloch hatte es ein Treffen mit mehr als hundert potentiellen Geldgebern, Freunden und Funktionären gegeben, "mit dem Ziel, das ganze Netzwerk auszubauen", wie Wild es ausdrückt, "nach wie vor fehlt uns eine Menge Geld". Der Durchschnittsetat für Zweitligisten liegt bei etwa eineinhalb Millionen Euro, der TuS hofft, zunächst 250 000 bis 300 000 Euro für ein Zweitligateam auftreiben zu können, das er dann in eine GmbH auslagern will. All diese Bemühungen im Umfeld bekommen die Spieler natürlich hautnah mit, auch sie waren bei dem Treffen mit den Sponsoren dabei, und ihnen ist klar, dass Ausrutscher im Augenblick alles andere als hilfreich wären. "Natürlich wächst dadurch der Druck", weiß Wild. "Es ist sensationell, wie die Mannschaft dem standhält."

Alexander Leindl wird mehrere Wochen wegen einer Schulterverletzung ausfallen

In dieser Situation waren sie also nach Oppenweiler gereist. Ohne Rückraumspieler Alexander Leindl, der wegen einer angerissenen Sehne in der Schulter mehrere Wochen lang ausfallen wird. Und ohne ihren Trainer, der in den zurückliegenden vier oder fünf Jahren in jedem Spiel auf der Bank saß. Das sagte zumindest Marco Müller, der sich vermutlich etwas näher mit dieser Thematik beschäftigt hatte. Denn er vertrat Wild am Samstag, in dieser Rolle war das beim TuS seine Premiere. "Uns wirft momentan einfach nichts aus der Bahn", sagte Wild aus der Ferne. Müller, der nahe dran war, bestätigte: "Wie immer, wenn einer ausfällt, haben wir in der Kabine deutlich gemacht, dass die anderen noch ein Stück enger zusammenrücken müssen. Was die Jungs dann abgeliefert haben, wie sie sofort in die Emotion gefunden haben, das war richtig gut."

Es habe Spaß gemacht, sagte Müller, und er wurde kaum fertig damit, all denen zu danken, die ihm diesen Spaß bereitet hatten. Ob Regisseur Falk Kolodziej wegen der Art, wie er Nebenleute einsetzte, wie er das Tempo mal verzögerte, mal beschleunigte; Torhüter Michael Luderschmid, der einen sehr guten Tag erwischte; Johannes Borschel, der antrieb, anfeuerte; oder die zupackende Abwehr: "Was Korbinian Lex und Sebastian Meinzer in der Mitte zusammen spielen, ist bemerkenswert."

Am Spielstand ließ sich zunächst erkennen, dass auch der Gegner gut drauf war. Die Gäste lagen zwar immer vorne, aber lange nur knapp. 4:3, 7:5, 12:10, zur Pause stand es 17:13. Was aus den Zahlen nicht hervorging: "Sie haben kaum Zugriff zu unserem Tor bekommen", sagte Müller, "sie mussten für jeden ihrer Treffer mehr arbeiten." Es sei absehbar gewesen, dass das an die Substanz gehe, und es habe sich ein Gefühl breitgemacht, "dass das Momentum für uns spricht". Nach der Pause setzte sich sein Team zum 24:15 vorentscheidend ab. Die durchaus starken, zum Teil zweitligaerfahrenen Angreifer der Gastgeber hatten Mühe, sich durchzusetzen. "Wenn man da vier, fünf Mal reingeht, und immer wieder macht diese Abwehr zu, irgendwer kommt zum helfen und du merkst, du kommst hier nicht durch, das kann einem schon den Zahn ziehen", schwärmte Müller. Eine robuste Mauer sei das, von der er sagte: "Also ich will da nicht reinlaufen." Vielleicht würde sich das gar anfühlen wie ein Sturz von der Leiter.

© SZ vom 20.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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