Süddeutsche Zeitung

Frauenhandball:Nächster Punkt für den Klassenerhalt

Die Drittliga-Vorletzten der HSG Würm-Mitte befinden sich im Aufwärtstrend. Ihrem Derbysieg in Gröbenzell lassen sie ein Remis gegen Kappelwindeck folgen.

Von Fabian Dilger

Claus Lohmann und Arnold Manz standen sich nach Abpfiff gegenüber, beide streckten die Arme mit offenen Handflächen nach oben. Die selbe Geste, die besagte: Was soll ich davon halten? Dann gingen der Handballtrainer von Würm-Mitte und der Kollege von der SG Kappelwindeck/Steinbach aufeinander zu, klatschten sich ab - und jeder ging seiner Wege. War das 27:27 (14:15) nach diesem abwechslungsreichen Spiel nun ein gewonnener oder verlorener Punkt? Manz urteilte zufriedener: Man habe Würm-Mitte in der Tabelle der dritten Liga Süd auf Abstand halten wollen, das sei geglückt. Lohmann klang so: "Sie sind mit dem Punkt natürlich weitaus zufriedener als wir, denn wir hätten den Punkt mehr gebraucht als Kappelwindeck."

Trotzdem gab es für den HSG-Coach einige positive Erkenntnisse. Erstens: Sein Team befindet sich gerade im Aufwärtstrend. Der Überraschungssieg im Derby in Gröbenzell vor Wochenfrist, nun das Remis gegen ein Team aus dem Mittelfeld. Zweitens: Die Rückraumachse funktioniert wieder und trägt die Offensive. "Wir sind jetzt wieder ziemlich komplett, das merkt man deutlich", sagte Lohmann. Damit meinte er Belma Beba, Isabell Toth und Vera Laipple, die wieder regelmäßig trainieren. Laipple steht zwar wegen ihres Knorpelschadens im Knie eine Operation bevor, im Moment ist sie aber schmerzfrei. "Mit ihnen sind wir ein Stück besser, auch weil die Abläufe wieder stimmen", analysierte Lohmann. 15 der 27 Tore gingen auf das Konto der Rückraumachse, besonders die Entwicklung von Toth in der bisherigen Saison ist auffallend. Eigentlich noch für die A-Jugend spielberechtigt, reißt sie immer öfter Spielzüge an sich. Gegen ihren Zug zum Kreis und ihre wuchtigen Abschlüsse fand Kappelwindeck/Steinbach das ganze Spiel über kein Mittel. Und drittens: Die junge Laura Steger ist eine wichtige Ergänzung, gegen Gröbenzell warf die B-Jugendspielerin das Siegtor, gegen Kappelwindeck/Steinbach traf sie viermal, Lohmann ließ sie auch in der entscheidenden Schlussphase auf dem Feld: "Ein Riesentalent. Sie hat den Körper, sie hat die Einstellung, sie macht es gut."

In dem "klassischen Unentschiedenspiel" wie Lohmann fand, boten beide Teams lichte sowie Tiefschlaf-Phasen, mehrmals wechselte die Führung, keiner der beiden Kontrahenten konnte sich entscheidend absetzen. Zu Spielbeginn lief Würm-Mitte einem Rückstand hinterher, wusste sich aber bald zu steigern. Das bekannt gute Spiel der Gäste über den Kreis wurde unterbunden, daraus resultierende Gegenstöße trotz gelegentlicher Unsicherheiten effizient genutzt. Nach sieben Minuten führte die HSG bereits, die letzten Aktionen der ersten Hälfte gehörten aber wieder den Gästen - mit einem äußerst unschönen Höhepunkt: Als Nathalie Droll zum 14:14-Ausgleich traf, verletzte sie sich schwer am Ellenbogen. 33 Sekunden vor der Pausensirene musste das Spiel für eine halbe Stunde unterbrochen werden, Droll wurde unter großen Schmerzen auf dem Spielfeld behandelt, ehe sie mit dem Rettungswagen abtransportiert werden konnte. Dennoch verwandelten die Gäste in der letzten Sekunde des ersten Durchgangs nervenstark einen Siebenmeter und nahmen den 15:14-Vorsprung in die Kabine.

In der zweiten Halbzeit begann das Spiel als Shootout, mit Toren in schneller Abfolge, wandelte sich dann aber zu einem Schneckenrennen. Die HSG verpasste den Beginn erneut, fing sich aber wieder, kam näher und näher, ehe Toth den Ball zehn Minuten vor dem Ende zum 25:24 ins Kreuzeck platzierte. In der Schlussphase kam beiden Teams dann die Verve in der Offensive abhanden, dann kam für die HSG noch Pech hinzu: Das letzte Tor von Belma Beba wurde wegen eines Schrittfehlers nicht gegeben, im Gegenzug schlug der Ball zehn Sekunden vor Schluss zum 27:27-Ausgleich ein - und hinterließ zwei ratlose Trainer.

Starke Reaktion: HCD-Frauen gewinnen in Allensbach

Was hatte Trainer Hendrik Pleines geschimpft mit seiner Mannschaft, nach der 29:30-Pleite im Derby in eigener Halle gegen Würm-Mitte. Schlechte Torhüterinnen, schlechte Abwehr, schlechte Würfe, schlechter Angriff - einfach alles schlecht. Und nun im Spitzenspiel beim Tabellenzweiten Allensbach? Plötzlich alles gut, im wahrsten Wortsinne. Eine aufmerksame Abwehr vor der starken Torhüterin Theresa Bauer, schnelles Umschaltspiel und ein druckvoller Angriff - angeführt von Vera Bassel, die nicht nur wegen ihrer sechs Treffer zur "Spielerin der Partie" gekürt wurde. Zehn Tore von Kreisläuferin Lisa Antl - ohne einen einzigen Fehlversuch - bedeuteten den Bestwert des Abends, letztendlich durfte sich der Trainer über einen hoch verdienten 38:31-Triumpf freuen, der Anschluss an die Spitze ist wiederhergestellt. Pleines hatte dieses Mal ausschließlich Lob zu verteilen, man muss nur miteinander reden. Ralf Tögel

Die nächste wichtige Partie für die HSG steht mit dem Gastspiel bei der Zweitliga-Reserve der TSG Ketsch an, der Trainer ist wieder zuversichtlich: "Die Prozesse laufen, die Mannschaft funktioniert." Würm-Mitte ist Vorletzter, hat mit 8:22 Punkten vier Zähler Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz, auf dem Ketsch II steht. Lohmann taxiert die Lage so: "Schwer, aber nicht aussichtslos."

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Quelle:
SZ vom 11.02.2019
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