Süddeutsche Zeitung

Football:Des Cowboys Kern

Die deutliche Niederlage gegen die Allgäu Comets zeigt, dass die Bundesliga-Footballer der Munich Cowboys die Vorherrschaft in Bayern verloren haben. Die Zukunft ist offen, selbst der Anschluss an einen anderen Klub möglich

Von Christoph Leischwitz

Am Ende dieser seltsamen Saison stand ein Treppenwitz, stellvertretend für viele andere. Es war Markus Gärtner vorbehalten, mit einem Fang in der gegnerischen Endzone den letzten Touchdown der Munich Cowboys in dieser Spielzeit zu feiern. Jener Gärtner, der sich im vergangenen Winter zum Abteilungsleiter hatte wählen lassen - um wenige Monate später zum Lokalrivalen München Rangers zu wechseln und dort als Quarterback zu spielen. Dort war er allerdings überhaupt nicht glücklich geworden und fragte bald wieder an, ob er zurückkommen dürfe. Er durfte, saß dafür noch eine Sperre ab und konnte dann in der letzten Partie am vergangenen Samstag wieder als Passempfänger auflaufen. Das Fazit des Rückkehrers: "Es war ein sehr interessantes Jahr."

Den letzten Touchdown-Pass geworfen hatte Quarterback Ward Udinski, der schon am Montag zurück in die USA flog. "Ich muss am Dienstag arbeiten", sagte der Spielmacher nach der 24:49-Niederlage gegen die Comets. Im Laufe des Sommers hatte er die Mannschaft zu einigen Siegen geführt, obwohl der Kader immer kleiner geworden war - eine Tatsache, die Udinski nicht so richtig nachvollziehen kann. "Es herrscht hier ein anderer Geist", sagte er über sein erstes Auslandsjahr als Footballspieler. Sein Fazit: "Es war ein interessantes Jahr." Doch er meinte das offensichtlich ganz anders als der Rückkehrer Gärtner. "Ich weiß nicht, ob ich zurückkommen werde. Ich werde zwischen verschiedenen Optionen abwägen", sagte Udinski.

Der Spielmacher deutete an, überrascht worden zu sein von der Trainingsmoral der einheimischen Spieler. Der Kader der Munich Cowboys war zum Saisonstart ohnehin schon recht klein gewesen, weil man viele Spieler an andere Vereine verloren hatte. Er war danach noch kleiner geworden, weil die Cowboys unter nicht selbst verschuldeten Imageproblemen leiden. Hauptproblem sind schon seit geraumer Zeit die für Footballer ungeeigneten Trainingsstätten, hinzu kommen: Ein viel zu kleiner Trainerstab, der eine individuelle Betreuung einzelner Spieler unmöglich macht und eine für Randsportarten in München katastrophale Sponsorensituation. Obendrein haben die Cowboys wie auch die Rangers einen großen Wettbewerbsnachteil gegenüber aufstrebenden Teams aus Kempten oder Ingolstadt: Sie beziehen im heimischen Dantestadion keine eigenen Einnahmen aus dem Verkauf von Essen und Getränken. Hoffnung machen die Zuschauerzahlen: Mehr als 1400 waren zum prestigeträchtigen, aber sportlich unbedeutenden Derby gekommen.

"Dass wir diese Saison mit sieben Siegen und sieben Niederlagen beenden, mit den Möglichkeiten, die wir hatten ...", sagt Cowboys-Präsident Werner Maier kopfschüttelnd und beendet den Satz erst gar nicht. In einschlägigen Internet-Foren hatten viele den Abstieg der Cowboys prophezeit. Mit dem hatte das Team trotz ein paar happiger Niederlagen nichts zu tun. "Wir hatten sehr gute Imports", sagt Trainer Denauld Brown über die US-amerikanischen Spieler, auch einige Akteure aus der eigenen Jugend hätten sich gut integriert.

Sollte Maier angesichts des fünften Platzes in der Südstaffel der deutschen Football-Liga (GFL) so etwas wie Genugtuung verspüren, lässt er sie sich nicht anmerken. Was auch schlicht daran liegen könnte, dass die Probleme ja nicht aus der Welt sind. Um dauerhaft Spieler zu halten wagt Maier sich nun auch an unorthodoxe Ideen. Zum Beispiel, was die Zukunft des Cheftrainers Denauld Brown betrifft. Dieser sagte am Samstag nach dem Spiel: "Es liegt an den Cowboys, ich würde gerne bleiben." Maier sagt: "Ich würde gerne mit ihm weitermachen, wie muss man sehen." Ob sich Brown allerdings freiwillig zum Co-Trainer degradieren lässt, damit der Trainerstab insgesamt größer wird, muss in den kommenden Wochen wohl erst noch diskutiert werden.

Andere Ideen sind noch weitreichender. "Wir prüfen derzeit den Anschluss an einen anderen Verein", sagt Maier. Dabei gebe es noch "einige Sachen zu klären", sicher sei der Zusammenschluss noch nicht. Wenn alles klappt, hätten die Cowboys einen Kunstrasenplatz zu Verfügung, den sie regelmäßig nutzen könnten. Wenn nicht, dann hofft der Klub auf einen anderen, von der Stadt zur Verfügung gestellten Trainingsplatz. Ginge auch das nicht, daran will Maier erst gar nicht denken. 35 Spieler mit gelben Trikots tummelten sich vergangenen Samstag auf dem Rasen, idealerweise sollten es etwa 50 sein. Das, was am Ende der Saison vom Team übrig war, bezeichnet Trainer Brown als "einen harten Kern, auf den man aufbauen kann". Viel mehr als ein Kern war es allerdings nicht mehr.

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SZ vom 08.09.2015
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