Fechten:Wach auf der Planche

Lesezeit: 3 min

Ehrgeizig: Grünwalds Julian Brandt (li.) und Kilian Kraus. (Foto: Claus Schunk)

Drei Grünwalder Fecht-Talente tasten sich an die Elite heran - ihr Heimturnier war die gelungene Vorbereitung auf die DM am Wochenende.

Von Thomas Jensen, Grünwald

Bis zur Pause ist es ein ausgeglichener Kampf, zwei Punkte trennen die beiden Fechter. Nach der kurzen Unterbrechung geht es aber schnell, ein paar abwartende Aktionen, Christian Brandt wird ein ums andere Mal getroffen. Schließlich verliert er mit 8:15 gegen den Tschechen Jan Dolezal, damit ist er aus dem Säbelturnier "Grünwalder Wappen" ausgeschieden. Als die Kontrahenten zum Handschlag die Masken abnehmen, wird erst ersichtlich, dass Brandt deutlich jünger ist. Um genau zu sein, hat der 17-Jährige gerade gegen einen 16 Jahre älteren Fechter verloren.

Brandt ist Teil eines Trios, das aus dem 70 Teilnehmer starken Feld des Turniers heraussticht, neben dem 17-jährigen Christian Brandt sind das sein Bruder Julian, 19, und Kilian Kraus, 16. Sie sind nicht nur die klar jüngsten Teilnehmer, sie sind auch die einzigen des TSV Grünwald. Dass die Erfolgschancen überschaubar sein würden, war klar, wie Thorsten Brandt erklärt: "Manche von den Teilnehmern hier kämpfen bei internationalen Großveranstaltungen um Medaillen, da sind teilweise einfach Welten dazwischen." Brandt senior ist nicht nur Vater von Julian und Christian, er ist auch Abteilungsleiter und Trainer.

Die Zielsetzung der drei Teenager ist ohnehin eine andere als die der Konkurrenz. Den Talenten des TSV geht es am vergangenen Wochenende nicht um Qualifikationspunkte für Olympia oder die Europameisterschaft, sondern um die Vorbereitung auf die deutschen U-20-Meisterschaften am kommenden Wochenende in Eislingen. Dort werden sie die erste Mannschaft des TSV Grünwald bei deutschen Meisterschaften stellen, vermutlich wird es auch die letzte sein, wie Julian anmerkt: "Nächstes Jahr bin ich über die Altersgrenze, dann wird es wieder schwer. Darum ist es etwas ganz Besonderes für uns. Wir haben die ganze Saison dafür gefochten."

Seit mehr als zehn Jahren fechten die Brandt-Brüder unter der Anleitung des Vaters, der die Sparte Fechten im Verein erst aufgebaut hat; Kraus kam etwas später hinzu. Mit den deutschen Fechthochburgen kann Grünwald nicht mithalten, zumal der Sport in München noch weniger Aufmerksamkeit erfährt als ohnehin. Der Spaß stehe im Vordergrund, wie das Trio betont, gerne mit einem leicht ironischen Unterton. Nach dem Sieg bei den bayerischen Meisterschaften habe man sich gedacht: "Na gut, wenn wir eh schon qualifiziert sind, dann können wir auch zu den Deutschen fahren und da noch ein bisschen Spaß haben", erklärt Christian lachend.

Für dieses Ziel hat sein älterer Bruder überhaupt erst wieder begonnen, an Turnieren teilzunehmen: "In der Abiphase habe ich damit aufgehört", erzählt er, "wegen der Schule, aber auch weil mir das Fahren auf Turniere nicht mehr so viel Spaß gemacht hat." Inzwischen hat er einen Trainerschein und arbeitet im Verein mit den kleineren Trainingsgruppen. Die fehlende Turniererfahrung macht der Sportstudent auch dafür verantwortlich, dass er beim Grünwalder Wappen schon in der Vorrunde ausschied. Die beiden Jüngeren schafften es mit einem Sieg immerhin in die Runde der letzten 64, dort war jeweils Endstation. Als 62. der Vorrunde traf Kraus auf den Dritten: "Dann ist es halt vorbei", merkt er nach der 2:15-Niederlage gegen den Russen Oleg Petrovskiy trocken an.

Es geht sehr schnell beim Fechten, für die vielen Laien, die den Weg in die Helmi-Mühlbauer-Halle gefunden haben, ist mit bloßem Auge kaum erkennbar, welcher Fechter getroffen hat. Es geht nicht nur zwischen den einzelnen Gefechten schnell, zwischen den sechs Vorrundenduellen bleiben jeweils nur fünf Minuten Zeit, sich vorzubereiten. Noch wacher muss man auf der Planche sein. Bei dieser Schnelligkeit und Intensität noch strategisch reagieren zu können, zeichne einen guten Fechter aus, erklärt Julian. Sein Bruder ergänzt: "Trotz des hohen Tempos war das jetzt ein super Vorbereitungsturnier, und wir sind für die nächste Woche gut eingefochten."

Auch bei der DM in Eislingen werden sie nicht zu den Favoriten zählen, auch dort wird der Spaß im Vordergrund stehen. Ganz ohne Ambitionen fahren die drei dann allerdings doch nicht nach Baden-Württemberg, Fechterehre: "Als Mannschaft nicht gleich in der ersten Runde verlieren, das wäre schon cool", erklären sie. Und die Gegner dort werden ja nicht viel älter sein als sie.

© SZ vom 14.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: