FC Bayern München:"Schlecht für den deutschen Basketball"

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Und dann übernahm Jalen Reynolds: Der Münchner Center (MItte) war in Bonn mit 24 Punkten Topscorer, hier lässt er sich auch von Anthony DiLeo und James Thompson (v. l.) nicht stoppen. (Foto: Mueller-Laschet/imago images/Beautiful Sports)

Trainer Andrea Trinchieri freut sich über den Sieg in Bonn und ärgert sich über die Ansetzung der Pokal-Endrunde am Wochenende. Die verhindere jegliche Vorbereitung auf die Euroleague-Playoffs, die schon am Dienstag starten.

Von Ralf Tögel, München

Wollte man die jüngste Partie der Basketballer des FC Bayern auf einen Satz destillieren, müsste dieser wie folgt lauten: Die Generalprobe für das Pokal-Top-Four am Wochenende ist gelungen. Der Sieg gegen die Telekom Baskets Bonn am Dienstagabend war mit 89:71 Punkten angemessen deutlich ausgefallen. Münchens gerade von einer Fußverletzung genesener Guard Nick Weiler-Babb sprach daher von einem "wertvollen Vorbereitungsspiel", womit er den Gegner keinesfalls geringschätzen wollte. Dessen Topscorer etwa ist sein älterer Bruder Chris, dem er höchsten Respekt entgegenbringt. Aber es spielte nun mal der erste deutsche Euroleague-Playoff-Teilnehmer gegen ein Team aus dem Tabellenmittelfeld der Basketball-Bundesliga (BBL).

Zipser moniert die kurze Schwächephase gegen Bonn, "so etwas darf uns nicht passieren"

Das Bruderduell immerhin ging klar nach Bonn, Chris Babb gelangen 15 Punkte und einige sehenswerte Aktionen, für den Jüngeren in Diensten des Favoriten war immerhin ein spektakulärer Block zu verzeichnen - natürlich gegen den Bruder. Ansonsten vermied es Bayern-Coach Andrea Trinchieri, seinen wichtigen Abwehrspieler angesichts des bevorstehenden Programms über Gebühr zu beanspruchen, Weiler-Babb blieb die gesamte zweite Halbzeit auf der Bank. Pausen im Kader der in drei Wettbewerben beanspruchten Akteure wurden auch Vladimir Lucic, D.J. Seeley und James Gist zugestanden, dafür durften sich Wade Baldwin und Jalen Reynolds wieder auf dem Parkett austoben. Der Spielmacher und der Center waren am Sonntag geschont worden und mussten die überraschende 83:85-Heimpleite gegen Braunschweig tatenlos verfolgen. Ein Erlebnis mit Wirkung, jedenfalls riss Baldwin die Partie in Bonn sofort an sich und war mit 15 seiner insgesamt 22 Punkte maßgeblich am deutlichen 33:18-Vorsprung nach dem ersten Viertel beteiligt. Die Partie schien im Gegensatz zu den vergangenen BBL-Vergleichen, von denen die Bayern drei von vier verloren hatten, einen nervenschonenderen Verlauf zu nehmen, zumal sich der Vorsprung bis zum Ende des dritten Viertel stets im zweistelligen Bereich bewegte. Aber die BBL-Konkurrenz hat längst die Qualität, auch klar besser besetzte Teams an einem guten Tag zu ärgern. Bonns Babb stellte mit seinem Dreier zu Beginn des Schlussabschnitts nämlich den 63:66-Anschluss her, dieses Mal war sein jüngerer Bruder nicht mit einem Block zur Stelle, der schonte seine Glieder bekanntlich auf der Bank.

Aber der FCB ist eben auch im Stande, die Schlagzahl zu erhöhen, was vornehmlich in der Defensive beginnt. Sobald die Bayern aggressiver verteidigten, bekam Bonn Probleme, dann gab Topscorer Reynolds (24 Punkte) mit ein paar spektakulären Dunkings die Richtung vor und am Ende stand der sichere Favoritensieg. Paul Zipser monierte hernach die kurze Schwächephase, "so etwas darf uns nicht passieren". Er selbst überzeugte mit acht Punkten und starken Defensivaktionen im letzten Viertel, erinnerte aber auch an die enormen Belastungen. Und Trinchieri, der während der Partie unter anderen Zipser im hitzigen Dialog zu mehr Leistung anstachelte, sprach hernach recht entspannt von einer soliden Leistung.

Trinchieri hätte sich mehr Unterstützung vom Verband erhofft, schließlich repräsentiere man den Basketball des ganzen Landes

Als die Sprache aber auf die kommenden Aufgaben kam, wich die Freude aus seinen Gesichtszügen. Am Samstag schon wartet Ulm im Pokal-Halbfinale (16 Uhr), das die BBL im Münchner Audi Dome ausrichten lässt. Am Sonntag ist um 15 Uhr das Finale, welches die Münchner zu erreichen gedenken. Und bereits am Dienstag startet der FC Bayern auswärts gegen Olimpia Mailand in die Euroleague-Playoffs, wohl gemerkt als erstes deutsches Team. Spielen die Bayern also am Sonntag das Pokalfinale, haben sie faktisch keine Zeit für eine angemessene Vorbereitung, schließlich muss der Tross ja noch nach Mailand reisen.

Eine Vorbereitung sei also nicht nur schwierig, "das ist unmöglich", ärgerte sich Trinchieri. "Wir repräsentieren den Basketball eines ganzen Landes", und das erstmals auf diesem exponierten Niveau. Natürlich werde man den Titel nicht gewinnen können, aber die Pokalendrunde ausgerechnet auf das Wochenende vor dem Start in die K.-o.-Runde zu legen, "das kann ich nicht verstehen". Zumal sich lange abgezeichnet habe, dass sein Team die Runde der letzten Acht erreichen werde und es zeitliche Alternativen gegeben hätte. Trinchieri hätte sich mehr Unterstützung von der Liga erwünscht, nun sei die Ausgangslage nicht nur unnötig schwer für ihn und seine Mannschaft: "Das ist eine sehr schlechte Sache für den deutschen Basketball."

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