FC Bayern II:Die Rituale des Philosophen

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Der Münchner Trainer Holger Seitz wundert sich über das magere 0:0 bei der Fürther Reserve.

Von Christoph Leischwitz, München

Endlich wieder eine lange Busfahrt, endlich wieder ein bisschen Ligaalltag. Für die U23 des FC Bayern München bedeutet das auch: Vor der Geschäftsstelle Kisten in den Bus zu tragen. Oder Autogramme für die Fans zu schreiben, die eigentlich wegen den Profis zur Säbener Straße kommen, aber durch den Mannschaftsbus mit Warnblinker angelockt wurden. Trainer Holger Seitz steigt meist als Letzter ein, so auch diesmal, wenige Sekunden später setzt sich der Bus in Bewegung.

Natürlich seien sie im Stau gestanden, erzählte Seitz später über die Fahrt auf der A9 zur SpVgg Greuther Fürth II. Auf solchen Fahrten habe jeder seine Rituale, er selbst nutze die Zeit der Anreise oft, um einfach ein bisschen zu philosophieren. Auf Rückfahrten geht es um die Analyse. Diesmal vor allem bezüglich der Frage, warum nun zum ersten Mal in der laufenden Regionalliga-Saison dem Team kein Tor gelungen war. Spätestens so ein 0:0 holt die Spieler des Tabellenführers auf einer quälend langen Heimfahrt über die A9 dann ins Hier und Jetzt zurück. Denn abgesehen von einem Testspiel gegen den Champions-League-Teilnehmer Viktoria Pilsen (1:2) hatte die Münchner U23 zwei Wochen spielfrei gehabt.

Doch in der ersten Spielminute am Fürther Ronhof sah es so aus, als käme der Titelaspirant ganz schnell wieder in Tritt. Da nämlich vergab Torjäger Kwasi Wriedt die erste gute Chance der Bayern, Fürths Torwart Leon Schaffran konnte den Schuss abwehren. Es sollte allerdings für lange Zeit die beste Bayern-Chance bleiben. "Wir haben uns danach in der ersten Halbzeit keine Chancen herausgespielt. Das lag daran, dass wir zu oft quer oder nach hinten gespielt haben, nach vorne nur bedingt", erklärte Seitz. Nun gelte zu klären, warum.

Ein Grund lag auf der Hand. Die Spieler der Fürther Talentschmiede sind im Gegensatz zu manchem Amateurteam läuferisch in der Lage, Löcher im Abwehrverbund permanent zu stopfen, so wurde das ansonsten schnelle Kombinationsspiel der Bayern zu einem Quergeschiebe. Seitz merkte auch an, dass Profis wie Levent Aycicek, Daniel Adlung und einige andere das Fürther Spiel zusätzlich stabilisierten. Letzterer hatte in Halbzeit eins auch gleich zwei gute Möglichkeiten zur Führung für das Team von Petr Ruman (24., 36.), das aktuell punktgleich mit dem Tabellenletzten Rosenheim auf Rang 15 steht.

Mit der Leistung in der zweiten Halbzeit war Seitz dann aber weitgehend zufrieden, "da waren wir die bessere Mannschaft". Zusätzlichen Schwung brachte dann auch Franck Evina, der Mitte der zweiten Hälfte für den diesmal eher schwachen Wooyeong Jeong eingewechselt wurde. Kurz zuvor hatte Meritan Shabani die beste Bayern-Chance des Spiels, nachdem einmal schnell und schnörkellos nach vorne kombiniert wurde, doch sein Schuss aus rund 20 Metern klatschte an die Latte. Maximilian Franzke war nach Meinung des Trainers einmal elfmeterreif gefoult worden, "kein hundertprozentiger, aber einer, den man schon geben kann", wie Seitz befand. Die Szene war zumindest Beleg dafür, dass der 19-Jährige auch diesmal wieder einer der Auffälligsten war. "Maxi ist seit Längerem gut in Form", sagt Seitz, nicht zufällig habe Franzke auch gegen Pilsen das Tor gemacht.

Und der 19-Jährige ist auch einer jener Spieler, die am Dienstag in der Youth League bei AEK Athen antreten werden. Dabei handelt es sich nämlich um dieselben fünf, die auch schon vor knapp drei Wochen im Heimspiel gegen Ajax Amsterdam (2:2) zum Einsatz kamen. Neben Franzke sind das Torwart Christian Früchtl, die Verteidiger Lars Lukas Mai und Jonathan Meier sowie Shabani. Die Abstellungen seiner Spieler für Junioren-Nationalmannschaften oder eben für die eigene U19 mache es für seine Mannschaft "nicht unbedingt leichter", sagte Seitz noch. Dass etwa in Fürth zu Beginn die "Automatismen" gefehlt hätten, liege auch daran, dass man zwei Wochen lang nie mit dem gesamten Kader trainieren konnte. Doch für die individuelle Entwicklung der Spieler seien solche Termine "absolut gewinnbringend".

Nach der jüngsten Auslandsreise der U19 nach Portugal (0:3 in Lissabon) verlor die U23 drei Tage später auch noch mit 2:3 bei Regionalliga-Schlusslicht Rosenheim. Die Bayern dürften sich deshalb freuen, dass diesmal genug Regenerationszeit zur Verfügung steht: Das Spitzenspiel gegen den Tabellendritten Wacker Burghausen findet erst am darauffolgenden Montag statt.

© SZ vom 22.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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