Süddeutsche Zeitung

FC Bayern Basketballer:Große Griechen

Der FC Bayern München reist als Favorit zum Euroleague-Duell mit Panathinaikos Athen. Trainer Trinchieri warnt vor einem angeschlagenen Gegner.

Von Ralf Tögel

Am Mittwoch zur Mittagszeit bestieg der FC-Bayern-Tross den Flieger in Richtung Griechenland. Der Gedanke an einen kleinen Kurztrip zwecks Tapetenwechsel verbietet sich derzeit von selbst: Die Basketballer des hiesigen Profivereins haben im Ausland zu arbeiten. Genauer gesagt stand die Dienstreise zum Euroleague-Spiel am Freitagabend bei Panathinaikos Athen auf dem Programm. Also teilte Andrea Trinchieri, der sportliche Vorarbeiter der Delegation, der interessierten Fachwelt per Zoom-Meeting noch ein paar seiner Gedanken mit, ehe er sich zum Boarding begab. Eigentlich war die Abreise für den Donnerstag vorgesehen, nun ging es wegen eines bevorstehenden Generalstreiks in Griechenland und einer kurzfristigen Flugplanänderung einen Tag früher in die griechische Hauptstadt. Wie das so ist in diesen fordernden Zeiten, erklärte der Bayern-Trainer: "Man muss sich darauf einstellen und anpassen."

Was bislang recht ordentlich gelingt, wie der Trainer findet, von dem man wissen muss, dass der Zustand der Zufriedenheit bei ihm eher die Ausnahme denn die Regel ist. Vom deutlichen Sieg gegen Ludwigsburg am vergangenen Sonntag ist ihm eine "sehr schlechte erste Halbzeit" in Erinnerung geblieben. Aber auch "ein sehr gutes drittes Viertel". In Summe ergab das den 93:70-Heimsieg, womit der Trainer, Achtung, "zufrieden" war. Zumal Trinchieri um die besonderen Anforderungen der beiden Wettbewerbe weiß: "Auf ein großes Euroleague-Spiel folgt immer ein Bundesligaspiel", sprich: Seine Mannschaft läuft Woche für Woche Gefahr, die Spannung zu verlieren, denn mit der Magie einer Mannschaft wie dem aktuellen europäischen Champion ZSKA Moskau kann eine Auswahl aus Ludwigsburg bei allem Respekt nicht konkurrieren. Den großen FCB zu fordern, dazu sind die Ludwigsburger aber allemal in der Lage, was die Münchner beim Aus gegen die Baden-Württemberger im Finalturnier um die deutsche Meisterschaft in eigener Halle hatten erfahren müssen.

"Sie haben zuletzt deutlich verloren, das ist nicht gut für uns"

"Wir haben unseren Job gemacht", erklärt Trinchieri nun nüchtern. Sein wöchentlicher Arbeitsauftrag zwischen BBL-Alltag und Euroleague-Kür sehe so aus: "Meine Aufgabe ist es, die richtige Aufstellung für den nächsten Gegner zu finden, den Spielern genügend Gelegenheit zur Erholung zu geben, damit sie im nächsten Spiel frisch sind. Und darauf zu achten, dass die Mannschaft den Rhythmus nicht verliert." Garniert wird das Ganze durch kleine Zusatzklippen wie einen plötzlich geänderten Reiseplan: "Das ist nicht gerade leicht", sagt der Trainer, "aber das können wir auch nicht ändern." Immerhin verrichte er seine Arbeit jeden Tag aufs Neue mit großer Freude, was schon am willigen Personal liege: "Wir haben im letzten Spiel wieder einen Schritt nach vorne gemacht. Das Team hat mir gezeigt, dass es verstanden hat, was ich will."

Nun also wieder ein Gegner mit klingendem Namen. Panathinaikos Athen hat den Titel bereits vier Mal gewonnen und in den vergangenen zehn Jahren stets die Playoffs gebucht, was bislang noch keinem deutschen Klub gelungen ist. Beim Abbruch der vergangenen Spielzeit lag Athen auf Rang sechs, die Bayern waren elf Plätze dahinter Vorletzter. In dieser Spielzeit zeigt sich ein grundlegend verändertes Bild. Der FCB reist als Zweiter zum Fünfzehnten, Panathinaikos hat die vergangenen vier Spiele verloren. Die Favoritenrolle ist schwer wegzudiskutieren, Trinchieri versucht es trotzdem: Wenn solch ein griechischer Traditionsverein viermal in Serie verliere, dann könne man schwerlich dort als Favorit aufschlagen. "Sie haben zuletzt deutlich verloren, das ist nicht gut für uns, denn sie haben alles, was ein Team auf diesem Level benötigt." Vor allem Größe: Angeführt vom 2,20-Meter-Center Georgios Papagiannis hat Athen vor allem unter den Brettern viel Qualität. Gleichwohl sind Akteure wie Ioannis Papapetrou (2,03 m) oder Konstantinos Mitoglou (2,10 m) keineswegs nur starre Türme, sondern "beweglich und schnell", sagt Trinchieri. Hinzu kämen erstklassige Guards wie Howard Sant-Roos, der NBA-erfahrene Shelvin Mack oder der formstarke serbische Topscorer Nemanja Nedovic.

All dies werde seiner Mannschaft viel "Disziplin in der Defensive" abverlangen, glaubt Trinchieri, der auf Nihad Djedovic verzichten muss. Der Kapitän setzt wegen seiner Adduktorenprobleme noch einmal aus, wie JaJuan Johnson, der wegen einer Mandelentzündung daheim geblieben ist. Immerhin habe sich zuletzt sein junges Guard-Trio in bestechender Form gezeigt. Wade Baldwin und Zan Sisko würden "einen exzellenten Job" verrichten. Nick Weiler-Babb schöpfe längst nicht all seine Möglichkeiten aus, bei dem Hochtalentierten sei noch einiges drin. Man arbeite daran, sagt Trinchieri, aber zufrieden ist er noch lange nicht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5127135
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.11.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.