Eishockey:"Wir machen das Beste daraus"

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Poolbillard statt Playoffs: Axel Kammerer war Trainer in Südtirol, als die Coronakrise dort begann. Auch Sohn Maximilian, Nationalspieler bei der Düsseldorfer EG, musste früh in die Sommerpause.

Interview von Johannes Schnitzler

Über Bayern scheint am Montag die Sonne, die Vögel zwitschern. Ein Vorfrühlingstag wie aus dem Bilderbuch. Axel Kammerer und sein Sohn Maximilian sitzen zu Hause in Reichersbeuern (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) beim Frühstück - während in München Ministerpräsident Söder den Katastrophenfall ausruft. Dass sie zu dieser Jahreszeit gemeinsam auf der Terrasse frühstücken können, ist eine doppelt ungewohnte Situation für die Familie Kammerer: Vater Axel, 55, war Trainer beim HC Pustertal in Südtirol, als das Coronavirus das öffentliche Leben lahmlegte, Maximilian, 23, bereitet sich als Profi der Düsseldorfer EG auf die Playoffs vor, als die Deutsche Eishockey Liga (DEL) vergangenen Dienstag die Saison abbricht. Ein Gespräch darüber, wie man normal weitermacht, wenn nichts mehr normal ist.

SZ: Herr Kammerer, wann haben Sie die ersten Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen?

Axel Kammerer: Recht früh. Italien war ja in Europa mit als erstes Land betroffen. Es gab Rote Zonen in Mailand, in der Lombardei und Venetien. Wir hatten zunächst zwei Geisterspiele ohne Zuschauer gegen Asiago und Cortina. Aber Anfang März war das Leben in Südtirol noch relativ normal. Das lag auch daran, dass in Bruneck noch relativ viele Leute waren.

Sie meinen: Touristen?

Axel Kammerer: Ja. Touristen und Fans. Kurz zuvor war die Biathlon-WM in Antholz, es waren Faschingsferien. Paradoxerweise haben wir, auch Ritten, da schon ohne Zuschauer gespielt. Das letzte Spiel mit Zuschauern war am 4. März. Am 7. März wären die Playoffs losgegangen.

Was ist dann passiert?

Axel Kammerer: Am Freitag, 6. März, saßen die Präsidenten der teilnehmenden Klubs aus Österreich, Italien und Slowenien zusammen. Danach hat man uns informiert, dass der Beginn der Playoffs verschoben ist, auf diesen Dienstag, 17. März. Wir waren schon angezogen, also haben wir trainiert. Samstag und Sonntag habe ich den Spielern frei gegeben. Ich bin nach Hause gefahren, weil unsere Tochter ihren 20. Geburtstag gefeiert hat. Am Dienstag, 10. März, wurde dann alles abgesagt.

Axel Kammerer, 55, Trainer beim HC Pustertal. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Am selben Tag wie in der DEL und DEL 2.

Axel Kammerer: Der Ausnahmezustand galt schon ab Montag. Die Läden durften nur noch bis Mittag auf haben, dann kam die Ausgangssperre. Und ab Mittwoch ging gar nix mehr.

Wie hat sich das auf das alltägliche Leben ausgewirkt?

Axel Kammerer: Die Leute in Bruneck sind sehr diszipliniert, sehr verständnisvoll mit der Situation umgegangen. An dem Dienstag wurde die Skisaison eingestellt, das war schon ein einschneidendes Ereignis in Südtirol.

Und für Sie ging es nach Hause. Wie haben Sie sich getrennt: mit einem "Auf Wiedersehen, bis bald"?

Axel Kammerer: Wir hatten noch die üblichen Meetings und die Verabschiedung der Spieler. Ich habe ein gutes Verhältnis zum Management und zum Vorstand, aber die haben im Moment andere Probleme. In Italien sind die Klubs noch mehr auf Playoff-Einnahmen angewiesen als in Deutschland. Aber auch dort hätte man ohne Zuschauer spielen müssen. Sportlich ist es für uns ein bisschen schade. Wir waren Tabellenerster und in einer guten Verfassung.

Maximilian, Sie standen mit der DEG unmittelbar vor den DEL-Playoffs. Wie haben Sie die Tage erlebt?

Maximilian Kammerer: Ich war zu dem Zeitpunkt in Bayern, weil wir als Top-Sechs-Team noch frei hatten, und habe mich auf das Viertelfinale gegen Berlin gefreut. Ich bin dann nach Düsseldorf geflogen, weil die Vorbereitung beginnen sollte. In einem Meeting mit den Trainern und dem Management wurde uns dort dann mitgeteilt, dass die Saison aus ist. Es ist bitter, dass es so endet.

Maxmilian Kammerer, 23, Profi beim DEL-Klub Düsseldorfer EG. (Foto: imago images/Beautiful Sports)

Sie sind Nationalspieler. Noch ist die WM im Mai in der Schweiz nicht abgesagt. Glauben Sie, dass sie stattfinden wird?

Maximilian Kammerer: Ich würde es mir als Sportler natürlich wünschen. Aber ich glaube es nicht. Es findet ja auch sonst fast nichts mehr statt.

Stehen Sie mit dem Deutschen Eishockey-Bund in Kontakt?

Maximilian Kammerer: Es gab eine E-Mail mit allgemeinen Informationen.

Aber keine Trainingspläne oder Anweisungen, dass Sie sich auf Abruf bereit halten sollen?

Maximilian Kammerer: Nein, nichts in der Art. Wir müssen abwarten.

Wie verbringen Sie die Tage mit so viel ungewohnter Freizeit?

Maximilian Kammerer: Im Moment sind alle gesund bei uns. Ich treffe Freunde. Viele sehe ich während der Saison nur, wenn wir gegeneinander spielen. Aber jetzt kommen alle nach Hause. Wir machen das Beste daraus.

Axel Kammerer: Wir spielen Darts, Billard, Tischtennis. Normale Sachen eben.

Klingt nach Sommerferien mit den Kindern, wie früher.

Axel Kammerer: Na ja, für den Maxi ist es schon blöd, weil Düsseldorf die Option auf Vertragsverlängerung gekündigt hat. Er hängt jetzt ein bisschen in der Luft.

Sie haben die Saison beim EV Landshut begonnen, den sie zum Aufstieg in die DEL 2 geführt hatten. Obwohl Sie wegen des Stadionumbaus zwei Monate nur Auswärtsspiele hatten und trotzdem als Elfter Kontakt zu den Playoff-Plätzen hielten, wurden Sie dort vorzeitig entlassen. Jetzt endet auch Ihre Saison in Südtirol vorzeitig. Haben Sie sich schon gefragt, was Sie eigentlich verbrochen haben?

Axel Kammerer: Zumindest in Südtirol kann ich mir keinen großen Vorwurf machen. Wir haben die Meisterrunde der Alps Hockey League als Erster abgeschlossen. Und in Landshut, mei ... Das ist immer eine Frage der Erwartungshaltung.

© SZ vom 17.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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