Eishockey:Viel Fingerspitzengefühl

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Schon vor dem Start des EHC München in die neue DEL-Saison hat Trainer Don Jackson eines geschafft: das unter seinem Vorgänger kühle Betriebsklima zu verbessern. Sorgen macht ihm nur die Verletzung von Keeper Hardy

Von Christian Bernhard, München

Die Kinder auf dem Eis sind weder zu übersehen noch zu überhören, über die ganze Fläche verteilt tummeln sie sich, einige von ihnen tragen mit Autogrammen übersäte Trikots des EHC München. Oben auf der Tribüne der Olympia-Eishalle, vor dem VIP-Raum, steht Don Jackson, der Trainer des EHC München, und beobachtete das Gewusel auf dem Eis. Als die Jungs mit ihren Trainern im Mittelkreis zusammenkommen, zückt er sein Handy und fotografiert sie.

Jackson, 58 Jahre alt, viermaliger deutscher Meister mit den Eisbären Berlin, macht sich derzeit viele Bilder. Von München. Und dem EHC, seiner neuen sportlichen Heimat. Der US-Amerikaner, der in der vergangenen Spielzeit in Salzburg arbeitete, ist seit diesem Sommer Trainer der Münchner, von der Stadt und dem Olympia-Eisstadion hat er aber noch nicht viel gesehen. Zu Beginn war er mit seiner Mannschaft mehr als zwei Wochen im Trainingslager in Garmisch-Partenkirchen, dann für zwei Testspiele gegen Lugano und Zug in der Schweiz. Viele Tage hat Jackson in seiner neuen Heimspielstätte, wo am Freitag das dritte und letzte EHC-Vorbereitungsspiel über die Bühne gehen wird - gegen den Schweizer Erstligisten HC Davos (19.30 Uhr) - also noch nicht verbracht.

Jackson ist in der kurzen Zeit beim EHC aber bereits etwas gelungen, woran sein Vorgänger Pierre Pagé eine ganze Saison lang gescheitert ist: ein positives Klima zwischen Trainer und Mannschaft zu schaffen. "Ich bin zufrieden mit dem bisherigen Zusammenwachsen", sagt er. Die Stimmung in der Mannschaft sei "sehr gut", bestätigt auch EHC-Spieler Alexander Barta. Den Hauptverantwortlichen dafür hat der Nationalspieler schnell ausgemacht. "Don hat einen großen Anteil daran", sagt er, "er hat ein sehr, sehr gutes Gefühl für die Mannschaft." Jackson lasse sehr hart trainieren, "aber er setzt die Impulse genau richtig", so Barta. Wenn Spieler müde oder angeschlagen sind, erkennt der Trainer das und schraubt das Pensum zurück, erzählt der 31-Jährige, so etwas gebe ihm die Mannschaft vor dem Start der Deutschen Eishockey Liga (DEL) am 12. September "natürlich dankend zurück".

Den Namen Pagé nennt Barta nicht einmal, die Lobeshymnen auf Jackson geben aber zu verstehen, dass sich im Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft im Vergleich zur vergangenen Saison sehr viel verändert hat. Etwas zurückzugeben, davon war im letzten Jahr nie die Rede gewesen.

Anders ist auch Jacksons Spielsystem, es wirkt noch laufintensiver als bei Pagé, wobei das einige der neuen EHC-Spieler schon kennen. Richie Regehr und Mads Christensen haben mit Jackson sehr erfolgreich in Berlin zusammengearbeitet, Garrett Roe und Evan Brophey vergangene Saison in Salzburg. Jackson habe sein System aus Berlin-Zeiten nicht groß verändert, sagt Regehr, der es ganz einfach so beschreibt: "Go, go, go." Barta versucht einen etwas ausführlicheren Erklärungsansatz: "Wir wollen den Gegner früh unter Druck setzen und dadurch Scheibengewinne provozieren." Wie auch immer: Nicht passiv sein, lautet die Devise - der Gegner soll keine Zeit haben beim Spielaufbau.

Anzug, Brille, Zettel: EHC-Trainer Don Jackson ist eine gute Woche vor dem Saisonstart "zufrieden mit dem bisherigen Zusammenwachsen". (Foto: GEPA pictures/ Andreas Pranter)

In Zug funktionierte das vergangene Woche bereits gut. Jacksons System sei beim 4:2-Sieg "gut umgesetzt" worden, sagte Toni Ritter. Jackson ist etwas vorsichtiger bei der Beurteilung. Er könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit sagen, ob das Team sein System schon verinnerlicht habe, sagt er, "die Spieler haben sich einige Dinge angehört und versuchen es".

Die derzeit einzige negative Nachricht im EHC-Umfeld betrifft Florian Hardy, der eigentlich als neuer Stammtorhüter eingeplant war. Der Franzose, der den nach Nürnberg abgewanderten Publikumsliebling Jochen Reimer ersetzen soll, laboriert seit Mitte August an einer Beinverletzung und verpasste beide Vorbereitungsspiele in der Schweiz. Jackson weiß noch nicht, ob der 29-Jährige am Freitag gegen Davos spielen kann. "Wir alle sind etwas besorgt, Florian ist schließlich neu", sagt er. Ersatzmann Niklas Treutle machte in der Schweiz aber zweimal einen guten Job.

Den machte in den vergangenen Jahren auch Nationalspieler Felix Schütz. Der gebürtige Erdinger, der vergangene Saison bei Admiral Wladiwostok in der russischen KHL gespielt hat, trainiert seit einigen Tagen bei den Münchnern mit. Ob auch er in der kommenden Saison das EHC-Trikot tragen wird? "Ich glaube, dass es immer eine Chance gibt, man weiß ja nie", sagt Jackson. Schütz spiele derzeit "nirgendwo anders", sagt der Trainer, die Angelegenheit sei etwas, "was Schütz, seinen Berater und Christian (Winkler, EHC-Manager - Anm. d. Red.)" betreffe. Eines ist Jackson aber aufgefallen: "Er arbeitet hart im Training." Schütz' Gehaltsansprüche dürften allerdings auch für Red-Bull-Verhältnisse in einem schwierigen Bereich liegen.

Außerdem sagte er noch im August, noch ein weiteres Jahr in Wladiwostok zu spielen.

© SZ vom 04.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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