Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Müde Monster

Im Kampf zweier geschlauchter Teams setzt sich Freiburg gegen Bad Tölz 4:2 durch. Für die Breisgauer ist es der achte Sieg in Serie. Tölz rutscht auf Rang vier ab und erwartet am Dienstag Tabellenführer Kassel.

Von Johannes Schnitzler, München

Wenn Peter Russell Spiele analysiert, klingt das, als schlüge ein Aborigine in der australischen Wüste eine Maultrommel. Sein schottisches Englisch ist für deutsche Ohren weit weg von jener Sprache, die hierzulande an weiterführenden Schulen im Fach Englisch unterrichtet wird. Kevin Gaudet, Trainer der Tölzer Löwen und ein seit langem im deutschen Sprachraum tätiger Kanadier, lauschte den Ausführungen Russells am Sonntagabend aufmerksam, hob mal eine Augenbraue oder den Kopf. Vielleicht dachte er zwischendurch an eine Fernreise nach Sydney. Sprachlich und inhaltlich hatte er an den Ausführungen seines Kollegen vom EHC Freiburg aber nichts auszusetzen. Sie deckten sich ja mit dem, was Gaudet seit Wochen sagt: viele Spiele in kurzer Zeit ist gleich hohe Belastung. Das einzige, was beider Analysen im Kern unterschied: Freiburg hatte gewonnen, Tölz verloren.

Das 4:2 (1:0, 1:1, 2:1) war für den neuen Tabellenzweiten Freiburg der achte Sieg in der DEL 2 nacheinander - der sechste innerhalb von neun Tagen, der fünfte innerhalb einer einzigen Woche. "Wenn du fünf Spiele in sieben Tagen hast, das ist hart", sagte Russell. "Sehr hart." Seine Mannschaft sei müde. Bis dahin konnte Gaudet beipflichten. Für sein Team war es zwar "nur" das vierte Spiel binnen sieben Tagen. Aber die Personalsituation ist weiterhin angespannt. Am Sonntag kehrte zwar Luca Tosto in den Kader zurück. Aber dann fiel Abwehrroutinier Sasa Martinovic gleich im ersten Drittel aus. Dazu kam die sechsstündige Busfahrt. Kurz: "In den ersten zehn Minuten war Freiburg klar die bessere Mannschaft." Und so gingen die Wölfe durch Marvin Neher (9.) verdient in Führung.

"Wenn du alle zwei Tage spielen musst, entscheiden Kleinigkeiten", sagt Löwen-Coach Kevin Gaudet

Danach entwickelte sich ein Spiel auf Augenhöhe zwischen zwei Mannschaften, die sich angesichts des Kräfteverschleißes nicht unnötig weh tun wollten. Jedes Team leistete sich exakt eine Strafzeit, wobei Scott Allen das einzige Freiburger Powerplay zur erneuten Führung für die Breisgauer nutzte (36.); zuvor hatte Reid Gardiner für Tölz egalisiert (21.). Bis zu diesem 1:2 war "alles in Ordnung", fand Gaudet. Dann aber kassierte seine Mannschaft erst diese eine Strafe, die doppelt ärgerlich war, weil sie aus einem Wechselfehler resultierte, und gleich nach der zweiten Pause das 1:3 (41.). "Es sind diese Kleinigkeiten, die entscheiden, wenn du alle zwei Tage spielen musst", sagte Gaudet. Die Löwen kamen durch ihren Topscorer Marco Pfleger zwar noch auf 2:3 (57.) heran. Aber Evan Mosey legte eine Minute vor dem Ende den Deckel auf den achten Freiburger Sieg in Serie. "Das zeigt die Klasse von Freiburg", lobte Gaudet und hob Wölfe-Torhüter Ben Meisner heraus, der vor zwei Jahren noch das Tölzer Trikot trug: "Man sieht, warum er vergangene Saison MVP der Liga war."

Auch Russell lobte Meisner: "Für mich ist er der beste Torwart der Liga." Seine Komplimente gingen aber an die ganze Mannschaft. "Für ein müdes Team", fand Russell, "war das eine unglaubliche Leistung, fantastisch. Die Jungs sind Mentalitätsmonster." Tölz rutschte durch die Niederlage auf Rang vier ab und muss bereits am Dienstag (19.30 Uhr) seine Monsterqualität unter Beweis stellen: Dann kommt Tabellenführer Kassel zu Besuch.

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