Eishockey:Mit leeren Tanks

Lesezeit: 3 min

Giftig beim Bully: Mario Lamoureux (rechts) erfüllt die Erwartungen, sein Vertrag wird wohl dennoch nicht verlängert. (Foto: Hafner/Nordphoto/Imago)

Auswärtssieg und Heimpleite: Die Tölzer Löwen beenden in der DEL2 gleich zwei Serien. Der Trainer klagt über den Kraftverschleiß.

Von Andreas Liebmann, Bad Tölz

Nun also Andreas Brockmann. Seit Dezember ist der 53-Jährige als Trainer für die Dresdner Eislöwen verantwortlich, und als gebürtiger Tölzer hatte er keine vereinseigene Spionageabteilung entsenden müssen, um vor dem Gastspiel am Sonntag profunde Kenntnisse über seinen Heimatklub einzusammeln. Nach dem 4:3-Erfolg im Isarwinkel jedenfalls reihte er sich in eine kleine Galerie gegnerischer Trainer ein, die zuletzt allesamt in etwa dasselbe gesagt hatten: Man dürfe sich nicht täuschen lassen von der Tölzer Personalknappheit: "Ob Tölz viele Spieler oder wenige hat, die spielen die ganze Zeit mit zwölf, dreizehn Spielern", rechnete Brockmann vor - und frecher Weise trotzdem mit einigem Erfolg, zumindest zu Hause, wo die Löwen zuvor sieben Partien in Serie gewonnen hatten. Bis zum Sonntag eben. "Wir waren gewarnt", betonte Brockmann.

Sein Gegenüber Kevin Gaudet nahm diese Einschätzung in der Pressekonferenz mit einem leicht gequälten Lächeln zur Kenntnis, hatte dann aber doch das Gefühl, den Ernst der Lage ein wenig deutlicher herausarbeiten zu müssen. "Unsere Tanks sind leer", fasste er zusammen. Seine Spieler hätten "alles gegeben", hätten im Anfangsdrittel Chancen auf ein 2:0 oder 3:0 gehabt, vor den Gegentoren aber Fehler gemacht, die nicht passieren dürften. Ein kleiner Kader gehe in Ordnung, sagte Gaudet, wenn man nur an Wochenenden spiele, doch sein Team hetzt von Termin zu Termin, Freitag, Sonntag, Dienstag, Freitag. "Seit fünf Wochen machen wir das mit zwei, zweieinhalb Reihen und fünf Verteidigern." Deshalb, für alle, die es hören wollten: "Wir sind einfach tot!"

Schon am Freitag bei der Energieleistung in Kaufbeuren zeigte sich Gaudet begeistert vom Siegeswillen seines Teams

Angesichts dieser Diagnose war die Leistung gegen Dresden gerade zu Beginn erstaunlich, denn vor und nach dem Führungstor, das Mario Lamoureux nach Andreas Schwarz' versuchtem Bauerntrick erzielt hatte, gaben Lubor Dibelka, Marco Pfleger und Lamoureux einige freie Schüsse auf das Dresdner Tor ab - wobei die erste große Chance der Partie ein Lattentreffer von Dennis Swinnen (3.) auf der anderen Seite war. "Tölz hat uns keine Möglichkeit gegeben, Druck auszuüben", stellte Brockmann bis dahin fest, "zum Glück" habe kurz vor Drittelende Vladislav Filin den Ausgleich erzielt. Im torlosen Mittelabschnitt war Dresden dominant, im Schlussdrittel glich Dibelka zum 2:2 aus, Reid Gardiner traf hübsch herausgespielt zur Führung (50.). Anstelle des möglichen 4:3, als Philipp Schlager vor dem Tor die Scheibe verpasste, erzielte Dresden im Gegenzug den Endstand.

Zwei Tage zuvor war immerhin auch die andere Tölzer Serie gerissen, die von sechs Auswärtsniederlagen nacheinander, durch einen 6:2-Erfolg in Kaufbeuren. Auch dies eine Energieleistung, die, in diesem Fall eingeleitet durch einen erfolgreichen Schwarzschen Bauerntrick, eine erstaunliche läuferische Frische zeigte. "Ich bin begeistert vom Siegeswillen", lobte Gaudet. Auswärts geht es auch weiter, am Dienstag in Frankfurt, am Freitag in Heilbronn. Bis dahin heißt es durchzählen.

Tosto wird mehrere Wochen wegen eines gebrochenen Fingers fehlen, dafür kehrt Torjäger French zurück

Es ist ja schon bemerkenswert, wer den Tölzern fehlt. Max French zum Beispiel, der mit 16 Treffern noch immer die Torjägerliste anführt, obwohl er nun einige Partien wegen Leistenbeschwerden verpasst hat. Dazu Tyler McNeely, Thomas Merl, Markus Eberhardt, Johannes Sedlmayr. Und dann kam am Freitag noch Youngster Luca Tosto dazu, der immerhin schon zwölf Mal traf, wegen eines Fingerbruchs in Kaufbeuren nun aber sechs Wochen lang fehlen wird.

Geschäftsführer Christian Donbeck hat ebenfalls durchgezählt - und gute Nachrichten: Max French sei wieder fit, auch Thomas Merl habe von den Ärzten "grünes Licht" bekommen. Mario Lamoureux, der mit einem Vertrag bis Ende Februar ausgestattet ist, hat die Lücke zuletzt überzeugend gefüllt. "Ein, zwei Spiele hat er gebraucht", sagt Donbeck, "aber jetzt zeigt er, was wir von ihm erwartet haben: "Extremer Zweikämpfer, starke Pässe, ein brutal guter Arbeiter, der sich jetzt auch punktemäßig belohnt hat." Dennoch sei eine Verlängerung seines Vertrages nicht geplant. Der 32-Jährige, der in der Vorsaison für die Dresdner Eislöwen stürmte, gegen die er am Sonntag ein Tor und zwei Assists sammelte, werde das bleiben, als das er geholt wurde: ein vorübergehender Ersatz für den verletzten McNeely.

Vor einigen Tagen haben die Löwen außerdem Verteidiger Niklas Hörmann, 17, und den 18-jährigen Anton Engel aus dem Tölzer Nachwuchs für die DEL2 lizenziert. Hörmann ist gebürtiger Tölzer, Engel kam 2017 aus der Nähe von Osnabrück, "groß, stark, athletisch", sagt Donbeck. Tostos Ausfall nach einem Schuss auf die Hand sei zwar bitter, aber ein Knochenbruch heile. Und auch für die anderen Jungen sei es gerade eine gute Zeit, um Spielerfahrungen zu sammeln, wie es der Tölzer Philosophie entspreche. Auf Gaudet kämen wohl bald Gelegenheiten zu, mehr als ein Dutzend Spieler einzusetzen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: