Süddeutsche Zeitung

Eishockey:Für die Rekordbücher

An einem perfekten Wochenende ihres Schlussmanns erzielen die Tölzer Löwen 13:0 Tore in zwei Spielen und erobern den dritten Tabellenplatz. Erstmals in der Ligahistorie gelingt zwei Akteuren desselben Teams in einer Partie je ein Hattrick.

Von Christian Bernhard

Für einen Eishockey-Trainer ist es meist ein gutes Zeichen, wenn bei den gegnerischen Trainerkollegen der eigene Torhüter in den Fokus der Analysen rückt. Das war auch am zurückliegenden Wochenende in der DEL2, der zweithöchsten deutschen Eishockeyliga, so - und das gefiel Kevin Gaudet, dem Trainer der Tölzer Löwen. "Wenn wir unsere Chancen genutzt hätten, wäre vielleicht ein 8:8 möglich gewesen", sagte etwa Petri Kujala, Trainer der Bayreuth Tigers, und musste dabei lächeln, denn sein Team war am Freitag in Tölz so weit weg gewesen, wie man von einem 8:8 nur sein kann. Das Spiel endete 8:0 für die Löwen. Zwei Tage später fand Daniel Naud, Trainer der Bietigheim Steelers, Gaudet könne sich bei seinem Torhüter bedanken, denn der habe super gehalten. "Unsere Spieler waren ein bisschen verzweifelt", erklärte Naud ob des Auftritts des Tölzer Schlussmannes. Der heißt Maximilian Franzreb - und hat ein beeindruckendes Wochenende hinter sich.

82 Schüsse flogen in den zwei Partien insgesamt auf seinen Kasten, alle 82 wehrte er ab. Auf das 8:0 gegen Bayreuth ließen die Löwen so ein 5:0 in Bietigheim folgen, es waren die Siege Nummer fünf und sechs in Serie. Dadurch sind sie nun Tabellendritter, ihr Rückstand auf den zweitplatzierten EHC Freiburg beträgt nur einen Punkt. Gaudet konnte sich den Lobeshymnen auf Franzreb nur anschließen. Am Freitag betonte er, sein Torhüter habe "wie so oft in dieser Saison" einen "super Tag" gehabt. Am Sonntag sagte er, Franzreb sei "sehr, sehr stark" gewesen und habe die "big saves" gemacht.

Stellvertretend für alle Beteiligten stand die Einschätzung von Luca Tosto. Der Löwen-Stürmer, der das Wochenende mit vier Treffern beendete, war gegen Bayreuth verkabelt und so konnten alle Zuschauer hören, wie er eine der vielen spektakulären Franzreb-Paraden des Wochenendes bewertete. "Überragend", war deutlich über das Mikro zu vernehmen, "die Wand." Franzreb steht nun bei vier Zu-null-Spielen in dieser Saison. Ligabestwert. Er hat 24 Siege eingefahren. Ligabestwert. Und er hat 92 Prozent aller 1450 Saison-Schüsse auf seinen Kasten (Ligahöchstwert) abgewehrt. Ligaweit Platz zwei unter den Torhütern. Auch deshalb stehen die Löwen im Moment in der Tabelle vor Teams wie Bietigheim und Frankfurt, die als Ziel den Aufstieg in die DEL angepeilt haben.

Drei der acht Treffer gegen Bayreuth erzielen die Tölzer in Unterzahl

In Bietigheim überzeugten die Löwen nicht nur mit ihrem Torwartspiel, sondern auch in Sachen Effizienz. Im Schlussdrittel gaben sie sechs Torschüsse ab, von denen vier im Tor der Steelers landeten. Naud kam deshalb nicht daran vorbei, die "Top-Qualität" einiger Tölzer hervorzuheben: "Ab und zu machen sie aus einer Torchance zwei Tore. Heute war das der Fall." Tyler McNelly (43.), Tosto (47.) und Marco Pfleger (52.) schraubten das Ergebnis nach Reid Gardiners 1:0 (11.) mit ihren Toren so auf 4:0 hoch, ehe sich der Bietigheimer Frust in einem Faustkampf zwischen Brett Breitkreuz und Markus Eberhardt entlud. Gaudet hob einmal mehr das "große Herz" seines Teams heraus, das erneut nur mit 13 Feldspielern antrat - und verheimlichte auch nicht, dass in gewissen Situationen auch Glück im Spiel gewesen sei. "Das brauchen wir in unserer Lage auch", sagte er.

Am Freitag hatten die Tölzer zu Hause ein Feuerwerk gezündet, das gleich doppelt Eingang in die Geschichtsbücher fand. Das 8:0 gegen Bayreuth war der höchste DEL2-Sieg in der Löwen-Historie und gleich zwei Hattricks (also drei aufeinanderfolgende Tore), wie jene von Tosto und Liga-Topscorer Max French, gab es in der 14-jährigen DEL2-Geschichte noch nie. Drei Tore in Unterzahl und die ersten Profi-Minuten des 17-jährigen Verteidigers Niklas Hörmann rundeten den Tölzer Galaabend ab. Tigers-Trainer Kujala war äußerst freundlich, als er das Abwehrverhalten seiner Mannschaft als "nicht ausreichend" bezeichnete. Von diesem Tag, beendete er seine Ausführungen, werde für die nachkommenden Generationen nicht viel zu besprechen übrig bleiben. Der ein oder andere Tölzer behält ihn womöglich dennoch in Erinnerung.

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