EHC München:Schwieriges Puzzle

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Viele Fragezeichen: Das 0:3 gegen Berlin ließ EHC-Trainer Don Jackson ratlos zurück. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Trainer und Mannschaft des deutschen Meisters können sich die 0:3-Heimniederlage gegen Berlin nicht erklären. Um am Freitag ins DEL-Halbfinale einzuziehen, brauche es eine "andere Mentalität", sagt Don Jackson.

Von Christian Bernhard

Der vergangene Sonntag hat beim EHC Red Bull München einige Fragezeichen hinterlassen. Statt den vorzeitigen Einzug ins Playoff-Halbfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) einzuordnen, rätselten Trainer Don Jackson und Stürmer John Mitchell vor sich hin. Antworten auf die 0:3-Heimniederlage gegen die Eisbären Berlin fanden sie im ersten Moment nicht. Berlin liegt in der Best-of-seven-Serie nur noch 2:3 zurück.

Die brennendste Frage blieb auch am Montag unbeantwortet. Konrad Abeltshauser, der mit Verdacht auf eine schwere Knieverletzung vom Eis eskortiert werden musste, unterzog sich am Tag nach dem Spiel mehreren medizinischen Untersuchungen, der Klub äußerte sich aber nicht zu seinem Gesundheitszustand. "Was passiert ist, war unglücklich", sagte Berlins James Sheppard, der bei einem Zweikampf an der Bande auf Abeltshausers rechtes Bein gefallen war. "Ich versuche nur, Eishockey zu spielen und an jeden Puck zu kommen", verteidigte sich der Stürmer. Sollte Nationalspieler Abeltshauser länger ausfallen, was angesichts seiner Schmerzensschreie zu befürchten steht, wäre es das zweite Mal in seiner Münchner Zeit, dass der Abwehrspieler in der heißesten Phase der Saison ausfällt. 2016 hatte er die Finalserie gegen Wolfsburg verpasst.

Abeltshausers Verletzung war die Sauerkirsche auf einen Sonntag zum Vergessen für den EHC. Die Münchner wirkten vom ersten Wechsel an nicht wach genug und liefen den Eisbären hinterher. Don Jackson sprach von einem halben Schritt, den die EHC-Spieler oft zu spät gekommen seien, Nationalspieler Yannic Seidenberg von einem ganzen. Symptomatisch für den Auftritt des Meisters war eine Szene im Mitteldrittel, als Kapitän Michael Wolf eine an sich leicht zu kontrollierende Scheibe in der neutralen Zone verpasste und die Partie mit einem Anspiel im eigenen Drittel fortgesetzt wurde. Wolfs Gesichtsausdruck fasste den Tag perfekt zusammen.

Jackson fand, dass seine Mannschaft generell ein bisschen zu langsam gewesen sei. "Sie waren schneller als wir, mit und ohne Scheibe", sagte der Trainer. Warum das so war, konnte er nicht erklären. Er vermutete, es sei "nur mental" bedingt gewesen. Fakt war, dass die Eisbären spritziger und bissiger in den Zweikämpfen waren. "Wir waren nicht hungrig genug", konstatierte Seidenberg. Deshalb bejubelten die Berliner nach der Führung durch Jamison MacQueen (12. Minute) und den Doppelschlag von Austin Ortega (49.) ihren zweiten Sieg und Torhüter Kevin Poulin sein zweites Zu-null-Spiel in der Serie. "Meine Mannschaft hat viel Charakter gezeigt", betonte Eisbären-Trainer Stéphane Richer, der alle vier Angriffsreihen neu zusammen gestellt hatte. Der Schlüssel zum Sieg war die deutlich aggressivere Spielweise der Berliner, die das Geschehen regelmäßig in das Münchner Drittel verlagerten und dort auch früher als zuletzt Druck auf den EHC machten, wenn dieser in Scheibenbesitz war. Das Münchner Forechecking kam dadurch überhaupt nicht zur Entfaltung - die Eisbären schlugen den Meister mit seinen eigenen Waffen. Seine Spieler seien von der aggressiven Gangart etwas überrascht gewesen, gestand Jackson ein.

Wenig überraschend, aber erneut enttäuschend war das Münchner Überzahlspiel. Der Meister schaffte es häufig nicht einmal, die Powerplay-Aufstellung im Berliner Drittel zu finden. Die eh schon beängstigend schwache Erfolgsquote sank noch weiter und ist jetzt bei 6,9 Prozent in den Playoffs. Das Powerplay sei schon die ganze Saison lang "ein Puzzle für uns", sagte Jackson. Anscheinend ist es eines mit vielen Teilen und hohem Schwierigkeitsgrad. "Wir werden weiter daran arbeiten, das ist alles, was wir tun können", sagte der erfolgreichste Trainer der DEL-Geschichte. Spielmacher John Mitchell, eine der Schlüsselfiguren in Überzahl, sagte das, was Eishockey-Profis in solchen Situationen meistens sagen: Man müsse dran bleiben und weiter Scheiben und Körper vors gegnerische Tor bringen: "Wir werden das Rad im Powerplay nicht neu erfinden."

Entschieden werde das nächste Spiel aber im Kopf, gab Jackson mehrfach zu verstehen. In Berlin müsse seine Mannschaft am Freitag eine "andere Mentalität" an den Tag legen. Ob Stürmer Matt Stajan, der die beiden Spiele am vergangenen Wochenende aufgrund einer Oberkörperverletzung verpasst hatte, dann wieder mitwirken kann, ist fraglich. Jackson sagte, bei ihm könnte es noch "etliche Tage" dauern. Seidenberg brachte dennoch das Selbstverständnis eines Serienmeisters ins Spiel. "Es liegt an uns", betonte er. "Wir müssen unsere Leistung bringen, dann können die Berliner so stark spielen wie sie wollen, dann gewinnen wir das Spiel."

© SZ vom 26.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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