Süddeutsche Zeitung

EHC München:Oktoberfesttage

Wenn das Team von Coach Jackson in Mannheim und gegen Berlin antritt, kommt es zum Kräftemessen der größten DEL-Versprechen.

Von Johannes Schnitzler

Keith Aulie ist, was man in Bayern ein gestandenes Mannsbild nennt: 1,98 Meter groß, 103 Kilo schwer. Auf dem Eis ist der Kanadier die letzte rote Verteidigungslinie des EHC Red Bull München, ein Prellbock, der Mann fürs Grobe. An Aulie kommt so schnell keiner vorbei, und wenn, dann tut es weh. Auch am Mittwoch zeigte er sich als zupackender Schwerarbeiter. Aulie schnappte sich zehn gefüllte Masskrüge und sauste damit wie eine altgediente Wiesnbedienung einmal ums Karree. Die Hirschlederne spannte über seinen Oberschenkeln, das Bier schwappte. Zwölf Sekunden, dann war die Sache erledigt.

Das Masskrugtragen ist Teil des traditionellen Dreikampfs, den die Münchner Eishockeyprofis in der Woche vor dem Oktoberfest-Auftakt gegen Herrschings Volleyballer und die Fußballer des TSV 1860 München austragen. Trotz Aulies Schlepperqualitäten, trotz der Kreativität von Derek Roy, der sein Lebkuchenherz mit der Frauenkirche verzierte, und trotz der oberbürgermeisterlichen Leistung von Philipp Gogulla (Rheinländer!), der den Banzen Bier mit zwei Schlägen anzapfte, mussten sich die Eishockeycracks am Ende geschlagen geben. Neue "Wiesn-Champions" sind die Löwen, die ihren Heimvorteil nutzten - erstmals fand der Gaudi-Wettkampf auf dem 1860-Trainingsgelände statt.

Nach der deutschen Eishockey-Meisterschaft ist der EHC nun also auch diesen Titel los. So könnte man es sehen. Man könnte es aber auch so sehen: Wenn das Team von Trainer Don Jackson an diesem Freitag zunächst in Mannheim antritt und zwei Tage später zu Hause gegen die Eisbären Berlin, dann kommt es nicht nur zur Neuauflage des Endspiels in der Deutschen Eishockey Liga, sondern zum Kräftemessen der größten Versprechen in der DEL. In Mannheim erwartet den EHC mit seinen Top-Talenten Justin Schütz, 19, und John Peterka, 17, die am ersten Wochenende vier der fünf Münchner Tore gegen Augsburg und Düsseldorf schossen, der aktuelle deutsche Meister, der in Tim Stützle, 17, einen weiteren Hochbegabten in seinen Reihen weiß: Stützle hat am vergangenen Wochenende mit seinem ersten Schuss gleich sein erstes DEL-Tor erzielt. Aus Berlin kommt am Sonntag dann Lukas Reichel ins Olympia-Eisstadion, ebenfalls 17 Jahre alt, Sohn des ehemaligen Nationalspielers Martin Reichel, Neffe des ehemaligen NHL-Profis Robert Reichel und, wie der frühere Münchner Florian Kettemer sagt, ein "Riesentalent". Verzichten muss der EHC weiterhin auf Frank Mauer, Emil Quaas und Jason Jaffray. Dafür steht Nationalverteidiger Yannic Seidenberg, 35, nach mehrwöchiger Verletzungspause erstmals in dieser Saison im Kader.

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Quelle:
SZ vom 20.09.2019
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