EHC München:Mit der letzten Kniebeuge

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Auf die Knie: Yannic Seidenberg jubelt nach seinem Treffer zum 3:2 gegen Straubing. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Verteidiger Yannic Seidenberg bewahrt den Tabellenführer beim Derby gegen die Straubing Tigers vor dem Sturz von Platz eins. Das Tor zum 3:2 fällt in der Verlängerung.

Von Johannes Schnitzler, München

Eishockeyprofi Yannic Seidenberg hat schon einige Verballhornungen seines Namens ertragen müssen. Über alternative Schreibweisen seines Vornamens mit -k oder -ck lächelt er souverän hinweg, fieser ist der Diminutiv Seidenzwerg in Anspielung auf seine für einen Verteidiger geringe Größe von 1,72 Meter. Dabei weiß jeder, der schon mal einen Wagen aus der Kompaktklasse gesteuert hat, dass 150 PS in einem Golf mehr Fahrspaß bereiten als in einem wuchtigen Bentley.

Seine Wendigkeit hat Seidenberg, gelernter Stürmer, oft bewiesen, Angst vor großen Namen hatte er nie. Nicht einmal vor dem älteren Bruder Dennis, dem NHL-Profi, der immerhin zwölf Zentimeter länger und einen Stanley Cup schwerer ist. Seit Don Jackson, Trainer des EHC München, ihn vor zweieinhalb Jahren von Angriff auf Abwehr umgestellt hat, kann Seidenberg seine Stärken vollends entfalten: seine Technik, sein Spielverständnis, seine Schussgewalt. Wer meint, ihn unterschätzen zu dürfen, macht einen Fehler.

Am Dienstag im Derby bei den aufmüpfigen Straubing Tigers, die München in dieser Saison nach einem Startrekord von elf Siegen die erste Niederlage (1:5) beigebracht hatten, sah es lange so aus, als würde der dreimalige Meister seine vor Wochen noch komfortable Tabellenführung an die Niederbayern verlieren. 0:2 lag Jacksons Team nach zwei Dritteln zurück, und angesichts von sieben verletzten Spielern und fünf Nachwuchsprofis, die zur WM-Vorbereitung ans U-20-Nationalteam abgestellt sind, musste man ich als EHC-Fan Sorgen machen. Dann aber schlugen die Münchner Routiniers zurück - mit der Kraft ihrer Erfahrung. "Wir wussten, dass Straubing einige Spieler hat, die Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten", sagte Seidenberg. Jason Jaffray, 38, gab den Prellbock und dezimierte die Straubinger Reihen. So konnte Chris Bourque, 32, bei doppelter Überzahl das 1:2 erzielen, ehe Seidenberg an der Reihe war. Wie einst Kapitän Michael Wolf hämmerte er den Puck im nächsten Powerplay mit einer Direktabnahme in den Winkel, und als in der Verlängerung keine fünf Sekunden mehr zu spielen waren, drückte er einen Präzisionspass von Mark Voakes, 35, zum 3:2-Siegtreffer über die Linie.

Die Niederlagen gegen Iserlohn und Titelverteidiger Mannheim (zweimal) waren für den Nationalspieler, der einst in Mannheim sein DEL-Debüt gab, schwer zu schlucken gewesen. Die forschen Töne der Konkurrenz stachelten seinen Ehrgeiz zusätzlich an. Nach Saisontreffer Nummer vier sank er im Torraum auf die Knie: Es sah aus wie ein Dank an höhere Mächte, dass nun alles wieder seine Ordnung hat. München bleibt mit vier Punkten Vorsprung Erster, Seidenberg sagte, man habe gezeigt, "dass wir zu Recht da oben stehen".

Im Januar wird Yannic Seidenberg 36, das deckt sich dann mit seiner Rückennummer. Ans Aufhören denkt er nicht: Er wolle "schon noch ein paar Jahre spielen". Am Freitag (19.30 Uhr), wieder ein Derby, erwartet der EHC die Panther aus Augsburg. Dort gab es zuletzt ein kerniges 2:5. Für Seidenberg ein Ansporn, mal wieder etwas gerade zu rücken.

© SZ vom 19.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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