EHC München:Das fehlende Element

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Mit Derek Roy als kreativem Spielmacher startet der EHC am Donnerstag in die Champions League.

Von Christian Bernhard, München

Derek Roy war noch nicht einmal richtig in München gelandet, da musste er bereits den ersten Rückschlag verkraften. Der neue kanadische Stürmer des EHC Red Bull München, der Ende Juli bei seiner Ankunft am Flughafen ein T-Shirt der legendären Metal-Band Metallica trug, erfuhr nämlich, dass er deren Münchner Konzert am 23. August verpassen würde. Am selben Tag sollte er mit dem EHC unterwegs sein.

Den "Schock" hat er mittlerweile gut verdaut, versichert er. Er sei großartig aufgenommen worden, erzählt der 36-jährige Stürmer, der auf dem Papier der namhafteste Sommerzugang der Münchner ist. Nach drei Testspielsiegen steht für Roy und den EHC an diesem Donnerstag das erste Pflichtspiel der neuen Saison auf dem Programm. In der Münchner Olympia-Eishalle empfangen die Münchner zum Start der Champions Hockey League (CHL) den Schweizer Traditionsverein HC Ambri-Piotta (19.30 Uhr).

Bei der Heimpremiere werden viele Augen auf Roy gerichtet sein. Der Kanadier habe eine "Wahnsinnskarriere" hinter sich, findet Nationalspieler Frank Mauer, "er strahlt natürlich was aus." Roy habe einen "guten Hintergrund", sagt Don Jackson über seinen neuen Mittelstürmer. Der EHC-Trainer meint damit nicht nur die langjährige NHL-Erfahrung (787 Spiele, 196 Tore und 355 Assists), sondern auch jene Europa-Expertise, die sich Roy in den vergangenen vier Spielzeiten angeeignet hat. Anders als Matt Stajan etwa, der im vergangenen Sommer direkt aus Nordamerika nach München gewechselt war und sich erst an die kleinere Eisfläche hierzulande gewöhnen musste, kennt Roy die europäischen Eishockey-Gepflogenheiten und Eigenheiten dank seiner Schweiz-, Russland- und Schweden-Aufenthalte. "Er hat eine gute Übersicht", sagt Jackson über den 36-Jährigen, der in der vergangenen Saison 42 Scorerpunkte (34 Vorlagen) für Linköping gesammelt hat und damit drittbester Scorer der starken schwedischen Liga war. Mauer beschreibt ihn als klassischen Spielmacher. "Er ist ungemein spielstark, sieht die Situation sehr gut und hat vor allem das Auge für den Nebenmann." So sieht sich auch Roy selbst: "Mein Job ist es, die anderen besser zu machen. Ich versuche, Kreativität einzubringen."

„Mein Job ist es, die anderen besser zu machen“: Derek Roy (rechts), hier in einem Trainingsspiel. (Foto: imago)

Kreativität ist ein gutes Stichwort. Daren fehlte es dem letztjährigen Münchner Kader ein wenig, der sich nach drei gewonnenen Meisterschaften nacheinander erstmals wieder mit Platz zwei in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) begnügen musste - diese Ansicht vertritt zumindest Verteidiger Yannic Seidenberg. "In den Jahren zuvor hatte es Momente gegeben, wo Jungs manchmal aus dem Nichts heraus Spiele drehen konnten", sagte er. "Das hat letztes Jahr einfach nicht hingehauen."

Roy soll dafür sorgen, dass es wieder so wird - wie zu den Zeiten der wuselnden Spielmacher Keith Aucoin und Dominik Kahun. "Gerade das hat uns letztes Jahr vielleicht im Powerplay gefehlt", sagt auch Mauer. Roy sei "so ein Element, das das mitbringen kann". Dass er das kann, hat Roy auf höchstem Niveau bewiesen: Jahrelang dirigierte er das Überzahlspiel der Buffalo Sabres in der NHL. Auch Philip Gogulla, ein weiterer Neuer, ist angetan von Roy. "Er hat alle Facetten, die man braucht" und sei ein unglaublich guter Eishockeyspieler, schwärmt der Angreifer. "Wir versprechen uns natürlich viel von ihm."

Jackson betonte in der Vorbereitung, dass ihm das Tempo, das die Mannschaft auf das Eis bringt, bereits sehr gut gefalle. Seinen Anteil daran hat auch Roy. "Roy und Bourque bringen mehr Speed, keine Frage", sagt Jackson. Chris Bourque, ein 33-jähriger Angreifer, ist ebenfalls neu in München; er bildete zusammen mit Roy und Trevor Parkes in allen drei Vorbereitungsspielen eine Sturmformation. Roys Übersicht, Bourques Geschwindigkeit, Parkes' Physis - die Angriffsreihe bringt vieles mit, um eine dominante und produktive zu werden.

Geht es nach Roy, soll sie mitverantwortlich dafür sein, dass am Ende der Saison der DEL-Meisterpokal von Mannheim wieder nach München umzieht. "Ich will Meister werden", betont der Bronzemedaillengewinner von Pyeongchang 2018, wo er das Halbfinale gegen Deutschland um die heutigen Münchner Danny aus den Birken, Daryl Boyle, Yasin Ehliz, Seidenberg, Mauer und Hager verloren hatte. "Wenn du dir dieses Ziel nicht gleich am Anfang in den Kopf setzt, kommst du später womöglich ins Schleudern. Träume davon, denke daran - dann wird es auch klappen."

Wie man solche Gedanken auch in die Tat umsetzt, weiß er selbst am besten: Im Jahr 2016 erzielte er für den SC Bern das entscheidende Tor in der Schweizer Finalserie gegen Lugano - und das auch noch in Unterzahl. Damit wäre geklärt, dass er das Penaltykilling, Münchens Spezialdisziplin der vergangenen Jahre, auch beherrscht.

© SZ vom 29.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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