Süddeutsche Zeitung

Drittliga-Handball:Traurige Begleitmusik

Die Fürstenfeldbrucker Drittliga-Handballer bezwingen erst die Reserve von Zweitligist Balingen, dann verabschieden sie Linkshänder Matthias Hild zum Ligakonkurrenten Konstanz.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Den Schmachtfetzen "Time to say goodbye" lässt der Hallen-DJ am Schluss einspielen, als das Handballspiel längst beendet ist und die beiden Trainer zu ihrem öffentlichen Statement zusammenkommen. Zuerst aber ist Matthias Hild dran, ihm gilt die Begleitmusik. Der Zwei-Meter-Mann aus Marktoberdorf wird die Handballer des TuS Fürstenfeldbruck nach anderthalb Jahren verlassen, und es ist eher ungewöhnlich, dass der Abschied eines gerade mal 20-Jährigen heftig betrauert wird. Hild hat sich schon auf Facebook bei Mitspielern, Verein und Fans bedankt, nun wiederholt er es leibhaftig. Er sei auch ein bisschen traurig, dass er jetzt gehen müsse, sagt er noch. Doch Hild geht freiwillig, vom Sommersemester an wird er in Konstanz Sport- und Eventmanagement studieren und Handball künftig beim aktuellen Drittliga-Tabellenführer HSG Konstanz spielen. Seine Brucker Zeit endet mit einem 35:29-Sieg über den Tabellenzweiten Balingen/Weilstetten.

Zum zweiten Mal nacheinander bezwingen Fürstenfeldbrucks Handballer die zweite Mannschaft eines Erst- oder Zweitligisten deutlich, eine Woche zuvor sind es die Rhein-Neckar-Löwen gewesen. Die Partie gegen Balingen ist die ansehnlichere von beiden, vielleicht auch, weil sich bald abzeichnet, dass die Gastgeber das bessere Team stellen. Er sei "sehr zufrieden", wird Trainer Martin Wild hinterher sagen, "und beeindruckt, dass die Jungs das Tempo im Laufe des Spiels steigern konnten". Beim 5:4 (9.) gehen die Gastgeber erstmals in Führung und geben diese nicht mehr her. Es ist das erste von insgesamt neun Toren, die Max Horner an diesem Abend macht - so viele wie nie, seit er zu Saisonbeginn zusammen mit seinem älteren Bruder Alex aus Haunstetten zum TuS kam. Der 20-Jährige, der diesmal nicht rechts draußen, sondern auf der halbrechten Rückraumposition spielt, die bislang oft Matthias Hild bekleidet hat, zeigt, welche Wurfgewalt in seinem linken Arm steckt.

Im Laufe der ersten Hälfte bauen die Gastgeber ihren Vorsprung auf 14:9 (22.) aus, beim 17:16-Pausenstand sind sie beinahe eingeholt. Kurz zuvor hat sich das Schiedsrichtergespann mit seinen Entscheidungen den Unmut der 600 Handballfans in der Wittelsbacher Halle zugezogen. Die sind in der Regel damit beschäftigt, ihr Team gebührend anzufeuern, doch diesmal sind sie aufgebracht, als sie ihre Mannschaft zum wiederholten Mal benachteiligt sehen. Zwei Minuten vor der Pause schwellen Pfiffe, "Buh"-, "Pfui"- und "Schieber"-Rufe zu einer lauten kollektiven Missfallensbekundung an.

Später beruhigen sich die Gemüter wieder, auch weil die Brucker Panther, wie sie sich nennen, nur noch einmal einen knappen Zwischenstand zulassen beim 19:18 (34.). Danach bauen sie ihren Vorsprung immer weiter aus. Julian Prause hat nach seinem USA-Aufenthalt wieder nahtlos Anschluss gefunden im Team, die Torerfolge vom Wurfkreis sind seit seiner Rückkehr wieder angewachsen, am Samstag gelingen ihm deren sieben. Auch Schlussmann Michael Luderschmid pariert ein uns andere Mal, darunter drei von insgesamt neun Siebenmetern, einen setzen die Gäste noch an den Pfosten. Dass man einige "unnötige Zeitstrafen kassiert" habe, wie TuS-Trainer Wild später sagt, ist wohl weniger als Kritik an seine Spieler gerichtet denn an die Adresse der Unparteiischen. Sein Balinger Gegenüber, André Doster, hat sein Team "gut eingestellt" gesehen auf den Gegner, aber man habe sich dann stressen lassen, als Fürstenfeldbruck vor allem in der zweiten Halbzeit "souverän losgespielt" habe.

Dabei haben Fürstenfeldbrucks Handballer im Saisonverlauf noch nie mit dem kompletten Kader antreten können. "Mit welcher Konstanz" seine Spieler diese vielen Verletzungen wegstecken würden, das sei schon "beeindruckend", sagt Wild deshalb. Immerhin fehlen auch gegen Balingen Stammkräfte wie Korbinian Lex, der sich vor einer Woche bei einem Zusammenprall eine Innenbandverletzung im Knie zugezogen hat, sowie Johannes Stumpf, Alexander Leindl und Yannick Engelmann.

Nun also auch noch Matthias Hild, der sich in anderthalb Jahren zu einer festen Größe in Angriff und Abwehr entwickelt hat. Dass der lange Schlaks ehrgeizig ist, hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt, als er zwei Jahre in Haunstetten spielte - zusammen mit Max Horner und unter der Leitung von Alex Horner. Als sich das Vorhaben A-Jugend-Bundesliga dort allerdings nicht verwirklichen ließ, ging er zurück nach Marktoberdorf und ließ sich später auf dem Spielfeld von Martin Wild anwerben, der als Spieler des dritten TuS-Teams auf Hild traf. Wild hätte Hild gerne noch wenigstens bis zum Saisonende behalten, zeigt aber Verständnis für dessen Entscheidung: "Es ist schon cool, in Konstanz zu studieren und Handball zu spielen. Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute - ein Superjunge!"

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4324172
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.02.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.