Süddeutsche Zeitung

Dritte Liga:Weggehupt

Haching verliert auch das Kellerduell gegen Duisburg knapp und hadert mit einer Fehlentscheidung der Unparteiischen.

Von Stefan Galler, Duisburg/München

Die Geräuschkulisse war ein bisschen wie im Zeichentrickfilm Cars, wenn der motorisierte Held Lightning McQueen zum Überholmanöver ansetzt: Ein stetes Hupkonzert bildete den Soundteppich in der Duisburger Arena. Mehrere Dutzend Fans des MSV hatten sich am Parkplatz mit ihren Boliden versammelt und machten Krach, was die Autotröten hergaben. Die lautstarke Unterstützung verfehlte ihre Wirkung nicht, Duisburg besiegte die SpVgg Unterhaching in einem umkämpften und nur selten gutklassigen Drittligaspiel mit 2:1 (1:1). Haching verlor damit weiter an Boden im Abstiegskampf, elf sieglose Spiele in Serie stehen nun zu Buche - und sechs Niederlagen, jeweils mit nur einem Tor Unterschied.

"Wir werden Woche für Woche bitter bestraft", sagte Hachings Trainer Arie van Lent nach der Partie und stellte sich trotz der trostlosen Bilanz schützend vor seine Mannschaft: "Ich kann den Jungs überhaupt keinen Vorwurf machen, wir haben das Spielglück und das Ergebnisglück nicht auf unserer Seite." Dass der Abstand zu den Nichtabstiegsplätzen langsam aber sicher größer wird, lässt den Niederländer zumindest äußerlich kalt: "Es sind noch viele Punkte zu vergeben, wir bleiben dran und versuchen, nächste Woche ein besseres Ergebnis zu machen." Es wird vermutlich nicht leichter als am Samstag in Duisburg: Am Freitag kommt der TSV 1860 München in den Sportpark. Rückendeckung bekommt der Coach nicht nur von Klubchef Manfred Schwabl, sondern auch von dessen Sohn Markus: "Natürlich erreicht der Trainer die Mannschaft noch", sonst wäre es fahrlässig, nicht einzugreifen, stellte Schwabl junior schon vor dem Spiel fest. Man reite schließlich "nicht in den Sonnenuntergang", ohne sich selbst zu hinterfragen.

"Ein einfacher langer Ball, bei dem die Kette nicht auf der Höhe ist", sagte van Lent zum 0:1

Die Partie an der Wedau begann für die Hachinger so wie viele zuletzt: Der Gegner fand sich schneller zurecht, schon in der sechsten Minute ging es gefährlich zu im Strafraum der Spielvereinigung, doch Aziz Bouhaddouz und Ex-Löwe Moritz Stoppelkamp brachten den Ball nicht über die Linie. Drei Minuten später manövrierte Stoppelkamp die Abwehr der Rot-Blauen mit einem einfachen Chip-Pass aus, der 19-jährige Jannis Turtschan hob das Abseits auf und Bouhaddouz, der im Januar vom Zweitligisten Sandhausen gekommen war, ließ Torwart Jo Coppens keine Abwehrchance - 1:0. "Ein einfacher langer Ball, bei dem die Kette nicht auf der Höhe ist", grantelte van Lent später in der Pressekonferenz.

Seine Mannschaft ließ sich von dem neuerlichen Rückschlag nicht beirren und konnte schon zehn Minuten später ausgleichen. Niclas Anspach leitete den Angriff selbst ein, schickte Kapitän Markus Schwabl auf dem rechten Flügel auf die Reise und lief in der Mitte durch. Weil Mittelstürmer Dominik Stroh-Engel zwei Gegenspieler auf sich zog, hatte Anspach freie Bahn und traf zum 1:1 (19.).

Nach der Pause ist zunächst nicht viel los. Dann sticht Duisburgs Joker

Die Zebras wirkten anschließend verunsichert, offenbar war ihnen plötzlich ihre ebenfalls keineswegs rosige Tabellensituation wieder ins Bewusstsein gerückt. Prompt traf Haching ein zweites Mal: Anspach ließ mit einem verzinkten Schuss aus 20 Metern den rechten Pfosten erzittern, Stroh-Engel hielt den Fuß hin, staubte ab und begann sogleich, vehement zu protestieren - als er registrierte, dass der Linienrichter dem Treffer die Anerkennung verweigerte (38.). Es passt zur aktuellen Situation, dass diese Abseitsentscheidung tatsächlich falsch war. Van Lent quittierte den Fehler der Unparteiischen mit Ironie: "Den Videobeweis gibt es bei uns nicht, geht ja auch um nichts in der dritten Liga."

Die Höhepunkte in Durchgang zwei hielten sich in Grenzen, Stroh-Engel prüfte MSV-Torwart Leo Weinkauf mit einer strammen Direktabnahme (55.), auf der Gegenseite machte sich Coppens bei einem Schuss von Marlon Frey lang (74.). Fünf Minuten später kam ein weiter Ball aus der Duisburger Hälfte geflogen, Bouhaddouz leitete ihn nach rechts zum kurz zuvor eingewechselten Connor Krempicki weiter, der lief ungehindert aufs Tor zu, spielte Coppens aus, verzögerte geschickt und bugsierte den Ball zwischen zwei Hachinger Abwehrspielern hindurch ins Netz.

"Ich musste Turtschan auswechseln, weil er Krämpfe hatte, prompt fällt in der ersten Aktion danach über diese Seite das 1:2", sagte van Lent, dessen Mannschaft in der Schlussphase noch einmal alles versuchte, aber keine zwingende Chance mehr herausspielte. Und so blieb Hachings Coach am Ende nichts anderes übrig, als dem neuen Duisburger Übungsleiter Pavel Dotchev zu dessen gelungenem Debüt zu gratulieren. "Es hätte auch anders ausgehen können", erwiderte Dotchev. "Vielleicht glaubt es mir keiner, aber Unterhaching ist eine sehr gute Mannschaft, das war ein undankbares Spiel." Und dann kam der MSV-Trainer auf die Hupkonzerte vom Parkplatz zu sprechen: "Ich bin froh, dass wir den Fans etwas zurückgeben konnten."

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