Dritte Liga:Mit Turtschi und Diffi

Lesezeit: 3 min

Hachinger Bollwerk: Die Abwehr um Felix Göttlicher lässt die gefürchtete Türkgücü-Offensive nicht zum Zug kommen. (Foto: Germann/Eibner/Imago)

Kampf um jeden Meter: Die SpVgg Unterhaching stoppt im Derby gegen Türkgücü ihren Negativtrend. Das torlose Remis hilft allerdings keinem Team so richtig weiter.

Von Christoph Leischwitz, München

Alexander Schmidt hatte es kommen sehen. Da kann der Gegner noch so sehr den Abstiegskampf ausrufen, wie es die SpVgg Unterhaching nach den vergangenen beiden Niederlagen getan hat: Schmidt, Trainer von Türkgücü München, kennt die Unterhachinger ganz gut, er hat dort ein halbes Jahr die U19 trainiert, und er orientiert sich auch deshalb nicht an Ergebnistrends. Und so kam es, dass dieses Derby des Aufsteigers mit dem Durchmarsch-Potential gegen die schwächelnden Hachinger daherkam, als sei es aus der Zeit gefallen, fast so, als habe der Aufsteiger überhaupt keine gefährlichen Stürmer. Und so, als habe Unterhaching zuletzt gar keine Probleme mit dem Selbstvertrauen gehabt. Heraus kam ein torloses, aber interessantes Unentschieden, mit dem sich beide Parteien anfreunden konnten. Und das, obwohl es beiden kaum hilft, dem jeweiligen Ziel näher zu kommen.

"Wir haben den Negativtrend erst einmal gestoppt, das ist für mich das Wichtigste", sagte Hachings Trainer Arie van Lent erleichtert. Der Auftritt seiner Mannschaft war in vielerlei Hinsicht überraschend positiv gewesen. Auch deshalb, weil der Niederländer mal eben einen 19-Jährigen auf die Linksverteidiger-Position stellte, der noch kein einziges Drittliga-Spiel bestritten hatte. Und dazu einen 21-Jährigen im offensiven Mittelfeld, der noch nie in der Startelf stand. Jannis Turtschan und Christoph Ehlich werden in Unterhaching "Turtschi" und "Diffi" genannt. Es ist nach dem Spiel gegen Türkgücü davon auszugehen, dass man sich an diese "i"-Endungen gewöhnen muss, es sollen ja bald fast nur noch eigene Youngster in der Startelf stehen - auch wenn es diesmal natürlich vor allem darum ging, Stammkräfte zu schonen inmitten der englischen Wochen.

Türkgücüs Offensive brachte keinen einzigen Schuss aufs Hachinger Tor zustande

In der Innenverteidigung spielte dann auch noch Felix Göttlicher, 18, seine zweite Partie hintereinander. Van Lent findet, Göttlicher sei beim 0:2 gegen Magdeburg "bester Mann auf dem Platz" gewesen. Jedenfalls war diesmal vom ligaweit gefürchteten Offensivduo Sercan Sararer und Petar Sliskovic sehr wenig beziehungsweise gar nichts zu sehen. "Wir haben wenig zugelassen", sagte van Lent später. Das war Tiefstapelei: Türkgücü hatte keinen einzigen Schuss aufs Tor abgegeben. Dass sich van Lent nicht noch mehr darüber ärgerte, keine drei Punkte geholt zu haben, war angesichts der Leistung fast schon überraschend - immerhin ist das Team weiter nur zwei Punkte von den Abstiegsrängen entfernt. Zwei Punkte vor dem FSV Zwickau, dem nächsten Gegner am Samstag im Sportpark.

"Sie haben uns alles abverlangt", sagte Schmidt über die Hachinger, "sie haben eigentlich so gespielt wie wir zuletzt oft". Defensiv-aggressiv meinte er damit, ohne offensives Risiko. Es sei ein Kampf "um jeden Meter" gewesen, weshalb es insbesondere zu Beginn der zweiten Halbzeit auch mal lauter wurde an der Seitenlinie. Eine Rudelbildung mit anschließender minutenlanger Diskussion war die Folge des intensiven Spiels, ebenso gelbe Karten für van Lent und Türkgücüs Co-Trainer Andreas Pummer wenige Minuten später.

Nach sechs Weggängen im Winter schlägt Türkgücü nun wieder auf dem Transfermarkt zu

Türkgücü hatte sich immer wieder im Mittelfeld festgespielt, der Strafraum schien wie vernagelt, und schon recht bald realisierte der Trainer: Hier ist diesmal nichts zu holen. Daraus machte Schmidt ein Kompliment für seine Mannschaft. Diese habe nämlich geduldig gespielt und sich nicht locken lassen - wie gesagt, vom Abstiegskandidaten. Fast schon bescheiden klang Schmidt nach dem Spiel; schon vor dem Anpfiff schien es, dass ihm die Favoritenrolle gar nicht gefällt. Ein bisschen geht es wohl auch darum, zumindest jetzt noch nicht als Aufstiegskandidat wahrgenommen zu werden.

Dass die Ambitionen nach wie vor in diese Richtung zielen, zeigten zwei Meldungen vom Mittwochnachmittag: Der Verein, der am Sonntag in Daniele Gabriele den sechsten Winter-Weggang bekannt gegeben hatte, verpflichtete nun Sebastian Maier vom Zweitligisten VfL Bochum, einen 27-jährigen Mittelfeldspieler, der die Erfahrung von zehn Bundesliga- und 136 Zweitligaspielen mitbringt. Ferner hat er für ein halbes Jahr Lucas Röser vom 1. FC Kaiserslautern ausgeliehen, einen kopfballstarken Angreifer, der zuvor für Dresden 57 Zweitligaspiele absolvierte. Die Verpflichtungen bestätigten zugleich, dass es Türkgücü gelungen ist, den für diesen Donnerstag anstehenden Liquiditätsnachweis zu erbringen. Es ist davon auszugehen, dass Maier schon am Freitag zum Einsatz kommen könnte: im nächsten Derby gegen den FC Bayern München II. Es ist der Beginn der Rückrunde. Das Hinrundenduell endete 2:2. Damals hatte sich Türkgücü über das Remis mächtig geärgert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: