Derby in Karlsfeld:Eiskalt im Novemberwind

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Gibt's doch nicht: Karlsfelds Kapitän Michael Dietl (li.) scheiterte mehrmals im Abschluss. Deisenhofen, rechts Tobias Nickl, war der glückliche Gewinner. (Foto: Toni Heigl)

Dank eines 3:1 in Karlsfeld wahrt Deisenhofen seine Aufstiegschance. Allerdings fehlen dem Team acht Punkte auf den zweiten Tabellenplatz.

Von Christoph Leischwitz, Karlsfeld

Für Hannes Sigurdsson herrscht aktuell bestes Grillwetter, und am Samstagnachmittag sah es auch ein wenig so aus, als hätte er eingeladen: Die meisten Zuschauer, vor allem zum TSV Eintracht Karlsfeld mitgereiste Unterstützer des FC Deisenhofen, standen neben und hinter Sigurdsson auf der Tartanbahn. Der Trainer des FCD hielt auch das eine oder andere Schwätzchen während des Spiels. Der wahre Grund: Der Platz auf der Tartanbahn war der Ort mit dem wenigsten Wind und der meisten Sonne im Stadion. Der ehemalige isländische Nationalspieler Sigurdsson trug freilich nur ein dünnes Jäckchen und Turnschuhe und vor allem: keine Mütze auf seinem kahlen Kopf. Sollte ihrem Trainer warm gewesen sein an jenem für Mitteleuropäer eher unwirtlichen Nachmittag, dann war es zumindest seiner Mannschaft nicht anzumerken. Diese blieb nach einer schlechten ersten Halbzeit nämlich erstaunlich cool, gewann etwas glücklich 3:1 (0:0) und befindet sich kurz vor der Sommer-, äh, Winterpause weiter in Lauerstellung hinter den beiden Spitzenreitern der Landesliga Südost, Wasserburg und Freising.

"An rechten Schmarrn haben wir halt gespielt", sagte Deisenhofens Sportlicher Leiter Franz Perneker über die ersten 45 Minuten. "Keine Passgeschwindigkeit, keine Zweikämpfe und, für uns ungewöhnlich: viele Fehlpässe." Es wirkte zu Beginn so, als seien die Gelenke eingefroren, überall fehlte die Präzision. Gastgeber Karlsfeld fand deutlich besser in die Partie - und vergab mehrere Großchancen. Zunächst brachte Kapitän Michael Dietl nur einen Kullerball neben das Tor zustande (18.), bei einer von mehreren guten Ecken köpfelte er über das Tor (25.), dann scheiterte er frei vor Deisenhofens Keeper Enrico Caruso (36.), der Volley-Nachschuss von André Gasteiger ging drüber. Erst nachdem Dietl und Gasteiger weitere Möglichkeiten liegengelassen hatten, durfte sich Deisenhofen erstmals über fehlende Nervenstärke ärgern: Tobias Rembeck verzog (44.). Als der Schiedsrichter zur Pause pfiff, blieben die Deisenhofener rund zwei Minuten im eisigen Wind stehen, statt in die Kabine zu gehen. Nicht nur, weil es diesmal Gesprächsbedarf gab, sondern weil es sich um ein Ritual handelt. "Sie wollten das so", sagt Perneker: Sich immer erst mal ohne Trainer die Meinung geigen.

Natürlich ärgerten sich auch die Karlsfelder. "Wir müssen in der ersten Halbzeit die Chancen machen. Wir haben letzte Woche gegen Kastl zunächst auch gut gespielt", sagte Trainer Jochen Jaschke. Aber dann eben einen Fehler gemacht und nach der Pause das Gegentor bekommen. So auch diesmal: Nach einem Freistoß für den TSV blieb der Ball in der Mauer hängen, das anschließende Gewusel nutzte Deisenhofen für einen Konter. Der flinke Evrad Ngeukeu vollendete souverän zur Führung (56.). "Ich will nicht sagen, dass das jetzt verdient ist", sagte Sigurdsson nach dem Tor zu den Zuschauern. Ohne viele weitere Chancen zu erspielen, entblößte Karlsfeld seine Abwehr und lief in weitere Konter. Beim Deisenhofener 2:0 durch Marinus Poschenrieder (73.) und beim 3:0 durch Michael Bachhuber (83.) grinsten sich auf der FC-Trainerbank alle nur an. Dem eingewechselten Daniel Tarmann-Monschein gelang für den TSV nur noch der Ehrentreffer (85.).

So bleibt für den FC eine Restchance auf den Aufstieg erhalten. "Als Dritter schaust du natürlich immer auf den Ersten und Zweiten", sagte Perneker. Doch angesichts der acht Punkte Rückstand hat er wenig Hoffnung. Eigentlich habe man schon den Anspruch, in der Bayernliga zu spielen. Aber Dritter, "das ist für uns kein Beinbruch", sagte Perneker. Auch beim Aufsteiger Karlsfeld ist man nicht unzufrieden mit der Saison. "Wir stehen ja super da", sagte Jaschke, der zusammen mit Sebastian Stangl das Training leitet. Die schlechte Chancenverwertung sei umgekehrt ein Punkt, der "uns von den ersten Fünf unterscheidet". Sonst könne man vielleicht sogar "oben ranschnuppern".

Ein weiterer Grund, warum am Samstag viele Zuschauer auf der Tartanbahn standen: Direkt hinter den Ersatzbänken befindet sich zurzeit ein Bauzaun. Dahinter werden ein neuer Rasen- und ein neuer Kunstrasenplatz angelegt. "Wir haben im Moment keinen Rasenplatz zum Trainieren", sagt Jaschke. Wenn es so weit ist, wer weiß, vielleicht wirkt es sich dann positiv auf die Karlsfelder Chancenverwertung aus.

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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