Süddeutsche Zeitung

DEL:Sieben auf einen Streich

Nach dem frühen Playoff-Aus zieht der EHC Red Bull München erste Konsequenzen: Er verabschiedet routinierte Leistungsträger wie die Angreifer Chris Bourque, Mark Voakes und Derek Roy. Auch Torhüter Kevin Reich darf gehen.

Von Christian Bernhard, München

Dass die zurückliegende Spielzeit des EHC Red Bull München eine spezielle war, liegt nicht nur an der Corona-Pandemie, die die Pläne der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gewaltig durcheinandergebracht hat. Erstmals seit sechs Jahren verkündete der Klub auch Personalentscheidungen, während die Konkurrenz noch um den deutschen Meistertitel spielt. 2016, 2017, 2018 (jeweils Meister) und 2019 (Finalniederlage gegen Mannheim) endete die Saison für die Münchner erst nach der Playoff-Finalserie, 2020 fanden coronabedingt keine Playoffs statt. Diesmal kam das Aus bereits im Playoff-Viertelfinale gegen den ERC Ingolstadt.

Nach den Abschlussgesprächen mit allen Spielern teilte der Klub am Mittwoch mit, dass die Angreifer Chris Bourque, Mark Voakes, Derek Roy, Andrew Ebbett und Jakob Mayenschein sowie Verteidiger Luca Zitterbart und Torhüter Kevin Reich in der kommenden Saison nicht mehr für den EHC spielen werden. Bei den Verteidigern Keith Aulie, Andrew MacWilliam, Mathew Maione und Ethan Prow sei noch keine endgültige Entscheidung über eine mögliche Fortsetzung ihrer EHC-Engagements getroffen worden. Die Youngster Julian Lutz, 17, Maksymilian Szuber, 18, und Filip Varejcka, 20, wurden mit Profi-Verträgen für die kommende Saison ausgestattet.

In Bourque und Voakes verliert der EHC seine besten Hauptrundenscorer. Der Altersschnitt wird sinken

Die ersten Weggänge machen deutlich, dass speziell im Angriff ein Umbruch kommen wird - spielerisch und in Sachen Altersstruktur. In Bourque, 35, und Voakes, 37, verliert der EHC seine besten Hauptrundenscorer der vergangenen zwei Spielzeiten, in Roy, 37, den erfahrensten Angreifer im Team. Da auch der 38-jährige Ebbett, der in seinen zweieinhalb Monaten in München kaum ein Faktor war, den Klub verlässt, sinkt der Altersschnitt des EHC erst einmal deutlich. Dieser Schnitt war allerdings auch vonnöten, denn gleich 14 Spieler der Münchner Mannschaft, die sich im Viertelfinale verabschiedet hatte, waren älter als 30 Jahre; neun sogar 33 oder älter.

Konrad Abeltshauser ist einer der 22 Münchner Profis, die bereits einen Vertrag für die kommende Saison haben. Der Verteidiger führte den EHC nach der Verletzung von Patrick Hager in der Endphase der Saison als Kapitän aufs Eis und meinte nach dem enttäuschenden Aus in Ingolstadt auf die Frage, ob ein Umbruch vonnöten sei: "Das müssen andere entscheiden." Er habe mit jedem seiner Teamkollegen gerne gespielt, sagte er, "jeder hat sich reingehängt, keiner hat sich hängen lassen. Am Ende der Hauptrunde haben wir gezeigt, dass wir mit dieser Mannschaft zu den besten gehören." In den kurzen Playoffs blieb das EHC-Team diesen Nachweis allerdings schuldig.

Mit Bourque und Voakes, dem technisch versiertesten Mittelstürmer im Kader, der in München drei Spielzeiten lang mit seiner Übersicht und seinen herausragenden Passfähigkeiten glänzte, verliert der EHC auch zwei Drittel seiner Top-Angriffsreihe, in der Trevor Parkes sich in den vergangenen zwei Spielzeiten jeweils zum Hauptrunden-Torschützenkönig gekürt hatte. Ohne Roy, der in seinen zwei Jahren in München verletzungsbedingt nur auf 24 DEL-Einsätze kam, Voakes und Ebbett hat der EHC im Moment nur noch Hager, Maximilian Kastner und Maximilian Daubner als Mittelstürmer im Aufgebot. Auf diesem Sektor dürfte bei zukünftigen Verpflichtungen ein Hauptaugenmerk liegen. Nationalspieler Frederik Tiffels ist kein Mittelstürmer, der Angreifer wechselt nach SZ-Informationen aber zur neuen Saison von Köln nach München. Offen ist die Zukunft von John-Jason Peterka. Der 19-jährige Stürmer hat einen EHC-Vertrag für die kommende Saison, allerdings halten die Buffalo Sabres, die ihn im vergangenen Jahr an 34. Stelle des NHL-Drafts gewählt haben, die NHL-Rechte an ihm.

Kevin Reich kam in München selten aus dem Schatten von Danny aus den Birken heraus

Interessant ist auch die Personalie Kevin Reich. Der 25-Jährige schaffte in München den Sprung in die Nationalmannschaft, aber nicht jenen aus dem Schatten von Danny aus den Birken. Reich (zwölf Siege in 16 Hauptrundenspielen) erklärte zuletzt mehrmals öffentlich, dass er sich den Nummer-eins-Job im EHC-Tor zutraue - in der entscheidenden Phase setzte das Münchner Trainerteam aber auf den 36-jährigen aus den Birken, der nach einer Knieverletzung und Operation erst verspätet in die Saison eingestiegen war und in den zwei Playoff-Spielen gegen den ERC Ingolstadt alles andere als eine gute Figur abgab. Reich, der schon im vergangenen Sommer, noch vor aus den Birkens Knieverletzung, kurz davor gewesen war, die Münchner zu verlassen, wurde zuletzt wieder mit dem ERC Ingolstadt in Verbindung gebracht.

Er könne es eigentlich kaum erwarten, dass die neue Saison losgehe, hatte EHC-Trainer Don Jackson direkt nach dem Playoff-Aus in Ingolstadt betont. Seit Mittwoch ist klar, dass seine Mannschaft dann ein ziemlich verändertes Gesicht haben wird.

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