DEL 2:Verteufelt

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"Die Tölzer Krieger haben viele große Schlachten gewonnen" - nach der Schlusssirene in Ravensburg blieb nur Enttäuschung. (Foto: Oliver Rabuser)

Die Tölzer Löwen scheiden gegen Ravensburg aus. Ihre dramatische letzte Niederlage voller Widrigkeiten wirkte wie ein komprimierter Saisonrückblick.

Von Christian Bernhard, Bad Tölz

Kevin Gaudet hatte das Mikrofon schon in der Hand, sprach aber noch nicht. Erst kaute er süffisant lächelnd auf seinen Lippen und schüttelte dazu den Kopf. Ihm war klar, dass es nun mehr zu erörtern gab als die wilden 60 Eishockey-Minuten, die hinter ihm lagen. Deshalb begann der Trainer der Tölzer Löwen die Pressekonferenz mit einer grundsätzlichen Bemerkung: "Wir hatten den Teufel drin, die ganze Saison." Gaudet kam gleich auf die ganze Saison zu sprechen, denn diese ist für die Löwen seit Mittwochabend Geschichte. Zwei späte Gegentore bescherten ihnen eine 4:5-Niederlage bei den Ravensburg Towerstars, die das Tölzer Playoff-Aus im Viertelfinale der DEL2 besiegelte. Im Halbfinale stehen nach dem 3:1-Seriensieg die Towerstars. "Wir konnten tun, was wir wollten", erklärte er, seinem Team wurde durch zahlreiche widrige Umstände klar gemacht, "dass wir diese Serie nicht gewinnen werden".

"Wir hätten mit elf Mann gegen Bietigheim oder Freiburg gespielt, das wäre nicht gegangen."

Der letzte Auftritt war eine Art komprimierter Saisonrückblick, geprägt von Personalnot, Spektakel auf dem Eis und Dramatik. Durch den Ausfall von Angreifer Thomas Merl (Handverletzung) war die Ausfallliste der Tölzer auf sechs Stammspieler angewachsen, Gaudet standen nur noch elf gestandene Feldspieler zur Verfügung. Dass es ein Offensivspektakel werden würde, zeichnete sich früh ab. Philipp Schlager und Reid Gardiner brachten die Tölzer schnell mit 2:0 in Führung, Andrew Kozek stellte noch im Startdrittel mit einem Doppelpack auf 2:2. Im Mitteldrittel spielten die Löwen groß auf, verbuchten drei Lattentreffer sowie die Tore von Marco Pfleger und Markus Eberhardt. Doch auch diese Zwei-Tore-Führung hielt nicht, Ravensburg glich zweieinhalb Minuten vor Ende des Schlussdrittels erneut aus. Als sehr viel auf eine dritte Verlängerung in Serie hindeutete, besiegelte John Henrion 23 Sekunden vor der Schlusssirene das Saisonende für die Löwen. "Die Tölzer Krieger haben viele große Schlachten gewonnen. Die heutige war nicht zu bewältigen", schrieb der Klub auf seiner Facebookseite.

"Natürlich hat das mit Müdigkeit zu tun", sagte Gaudet zu den späten Gegentoren. Seiner Meinung nach war sein Team in den letzten drei Spielen der Viertelfinalserie die bessere Mannschaft, doch mangelhafte Chancenverwertung und ein starker Olafr Schmidt im Towerstars-Tor verhinderten mehr als den 6:3-Auftaktsieg. Am Ende war Gaudet auch bewusst, dass selbst im Falle eines Viertelfinalerfolges kaum mehr möglich gewesen wäre, da keiner seiner sechs fehlenden Spieler, darunter Hauptrunden-Torschützenkönig Max French, in den Playoffs zurückgekommen wäre. "Wahrscheinlich ist Ravensburg der bessere Halbfinalist", sagte er. "Wir hätten mit elf Mann gegen Bietigheim oder Freiburg gespielt, das wäre nicht gegangen." Ravensburg habe bessere Chancen, sich im Halbfinale gut zu verkaufen.

Die Planung wird schwierig. Auch Torwart Maximilian Franzreb und Reid Gardiner werden wohl gehen

"Meiner Mannschaft will ich sagen: Hut ab, stolzer kann ein Trainer nicht sein", betonte Gaudet nach dem Aus. Sein Team hatte sich trotz eines kleinen Kaders, vieler Verletzungen und einer mehrwöchigen Corona-Quarantäne Platz zwei in der Hauptrunde gesichert. "Es war eine Ehre, euch zu trainieren." In den Worten des Trainers schwang eine Portion Wehmut mit, da er ganz genau weiß, dass es diese Mannschaft so nicht mehr geben wird. Marco Pfleger, Andreas Schwarz (beide Landshut) und Manuel Edfelder (Rosenheim) haben bereits in den vergangenen Wochen neue Arbeitgeber gefunden. Nach SZ-Informationen werden auch Maximilian Franzreb, der DEL2-Torhüter des Jahres, und Angreifer Reid Gardiner (74 Scorerpunkte in der Hauptrunde) in der kommenden Saison nicht mehr das Löwentrikot tragen. Auch der Verbleib von Luca Tosto, der zum U21-Förderspieler des Jahres gekürt wurde, ist kaum vorstellbar. Optimistisch sind die Tölzer bei Max French, dem DEL2-Spieler des Jahres, der die Playoffs verletzungsbedingt verpasst hatte. Einiges deutet darauf hin, dass er trotz Angeboten anderer Klubs in Bad Tölz bleibt - sofern die Löwen weiter in der DEL2 spielen sollten. Gleiches gilt für Trainer Gaudet.

Die Planung der kommenden Saison ist alles andere als leicht. In den letzten beiden Viertelfinalpartien trugen die Spieler neue Trikots mit einem großen Löwen vorne drauf, was schön für Nostalgiker war, aber auch den endgültigen Bruch mit dem bisherigen Hauptsponsor Wee verbildlichte. Mit Wee-Geld für die kommende Saison wird in Bad Tölz nicht mehr gerechnet, Ende Mai soll auch der neue Name des Eisstadions bekannt gegeben werden. "Wir können nur hoffen, dass wir einen Weg finden", sagte Gaudet mit Blick auf die Sponsorensuche. Die Mannschaft und er haben ihren monatelangen sportlichen Kampf ausgefochten. Der nächste findet nicht mehr auf dem Eis statt.

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