Süddeutsche Zeitung

Billard:Souquets Fingerzeig

Beim stimmungsvollen "Spiel der Spiele" dominiert Billard-Bundesligist Dachau seinen Rivalen Fürstenfeldbruck fast nach Belieben

Von Philipp Jakob, Dachau

Als auch die letzte Kugel in der Tasche verschwand, ging der rechte Zeigefinger von Ralf Souquet blitzschnell nach oben. Ein Lächeln machte sich auf dem Gesicht der deutschen Poolbillard-Legende breit, dann wanderte sein Zeigefinger weiter in Richtung der Tribüne, auf der die Pooligans, der Fanklub des Bundesligisten BSV Dachau, mit Rasseln und Trommeln Stimmung machten. Das ist für euch, schien er mit dieser Geste sagen zu wollen. Wieder einmal hatte Ralf Souquet dem BSV Dachau einen Titel beschert.

Einige Stunden später war es dann endlich soweit, die Dachauer streckten einen riesigen Pokal in die Höhe, der vom Sieg des Tabellenführers der Bundesliga gegen die Lokalrivalen aus Fürstenfeldbruck im sogenannten "Spiel der Spiele" zeugte. Alljährlich zelebrieren die beiden Billardsportvereine aus den Nachbarlandkreisen ihr Aufeinandertreffen auf ganz besondere Art und Weise: Nebelmaschinen, aufwendige Lichteffekte und ein Showact durften da am Samstag in Dachau natürlich nicht fehlen. Einen Großteil der Kosten übernahm ein Sponsor, der BSV Dachau zahlte aus eigener Tasche noch 5000 Euro drauf. Ein Investment, dass sich für Andreas Huber bezahlt gemacht hat. "Das war ein unfassbares Wochenende für den Billardsport", sagte der Vorsitzende des BSV. Knapp 250 Fans fanden sich zum Saisonhöhepunkt in Dachau ein. Zwar etwas weniger als in den Vorjahren, aufgrund zeitgleich stattfindender Veranstaltungen sei das aber erklärbar, so Huber. Bereits am Freitag ging der erste Teil des Derbys in Fürstenfeldbruck über die Bühne. "Es waren bestimmt 130 bis 140 Leute da, das ist ein Rekord für uns", zeigte sich auch der Brucker Vereinschef Stefan Klein vollauf zufrieden - zumindest was den Rahmen der Veranstaltung angeht. Sportlich gesehen gab es aus seiner Sicht nichts zu feiern.

Das mit Weltstars gespickte Team der Dachauer entschied sowohl das Duell am Freitag als auch das am Samstag mit jeweils 7:1 für sich. Eine Machtdemonstration des amtierenden Meisters gegen den direkten Verfolger in der Bundesliga. Ganz so deutlich, wie es das Ergebnis vermuten lässt, war es allerdings nicht. Gerade am Samstag fanden die Fürstenfeldbrucker gut in die Partien, selbst Souquet, mehrfacher deutscher Meister sowie Europa- und Weltmeister, musste kämpfen. Im 10-Ball lag der 48-Jährige im ersten Satz mit 0:3 gegen Dimitri Jungo zurück, bevor er eine Aufholjagd startete und schließlich noch mit 4:3 gewann. Auch der zweite Satz ging mit 4:3 an den Deutschen, der damit schon im neunten Spiel des Wochenendes den Sieg sicherstellte. "Fürstenfeldbruck hat den besseren Start erwischt", fand auch sein Mitspieler Albin Ouschan, "dann haben sie aber teilweise grob nachgelassen."

Der österreichische Topspieler gewann sein Match gegen Harald Stolka relativ eindeutig, neben dem Pokal für das "Spiel der Spiele" waren für ihn jedoch die Punkte im Meisterschaftsrennen wichtiger. Mit 24 Punkten aus acht Spielen steht Dachau weiterhin unangefochten an der Tabellenspitze - mit großem Vorsprung auf den Tabellenzweiten aus Fürstenfeldbruck. "Wenn sie heute gewinnen, dann sind sie meiner Meinung nach durch", war sich Stefan Klein deshalb bereits vor den Duellen am Samstag sicher. An dieser Einschätzung dürfte sich nach dem starken Auftritt der Dachauer wenig geändert haben. Sein Gegenüber Huber zeigte sich aber noch etwas zurückhaltend: "Für uns geht es hauptsächlich darum, für den Februar ein Punktepolster zu erspielen." Dann werden einige seiner Topspieler auf Gibralter beim World Pool Masters, einem hoch dotierten Einladungsturnier, weilen. In der Bundesliga muss folglich die zweite Mannschaft ran. Immerhin: "Wir haben Gott sei Dank eine sehr gute zweite Mannschaft", ist sich Ouschan sicher. Dies stellte Dachau bereits zu Saisonbeginn unter Beweis, als ebenfalls einige der besten Spieler nicht zur Verfügung standen. Die zweite Garde war gefordert - und überzeugte.

Dennoch möchte Huber noch keine Glückwünsche zur erfolgreichen Titelverteidigung annehmen, dafür sei es noch viel zu früh. "Wir sind lange genug dabei, um zu wissen, dass wir eine Mannschaft sind, gegen die alle 110 Prozent geben", so der Dachauer Vorsitzende. Das Risiko, auch gegen einen eigentlich unterlegenen Gegner zu verlieren, sei dementsprechend hoch. In der nächsten Partie Mitte Februar gegen Fortuna Straubing muss die zweite Mannschaft der Dachauer genau dies verhindern. Dann allerdings ohne Nebelmaschine, Lichteffekte und Showact. Eigentlich schade, wenn es nach Albin Ouschan geht: "Das ist einzigartig im Billard. Ich bin schon sehr, sehr viel gereist, aber so etwas gibt es in keiner anderen Liga, garantiert nicht."

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SZ vom 23.01.2017
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