Süddeutsche Zeitung

BCF Wolfratshausen:Nachwirkungen der Nachwirkungen

Die Farcheter müssen in die Bezirksliga - es ist der zweite Abstieg in Serie.

Von Fabian Dilger, Wolfratshausen

Es war ein Abstieg, der sich lange angebahnt hatte. Der zweite nacheinander. Der BCF Wolfratshausen, über Jahre eine feste Größe in der Bayernliga, muss in die Bezirksliga hinab. Beim 4:3-Sieg zu Hause gegen den TV Erkheim fing sich der BCF am Sonntag erneut drei Gegentore ein - zu viel, um die erste Relegationsrunde zu überstehen.

Immer wieder kamen sie nach Abpfiff auf die liegengelassenen Chancen in der abgelaufenen Landesliga-Saison zurück. "Wir haben diesen Abstieg nicht heute perfekt gemacht", sagte Abteilungsleiter Helmut Forster. "Wir hatten genug Möglichkeiten in der laufenden Saison", sagte Trainer Philipp Bönig. Als Absteiger blieben die Farcheter die komplette Spielzeit über im Tabellenkeller kleben. Die verlorene Relegation im vergangenen Jahr habe noch lange nachgewirkt, erklärte Kapitän Jona Lehr: kürzere Sommerpause, weniger Zeit zur Kaderplanung, er selbst sei mit Verletzungen in die Saison gegangen. Der schlechte Start spricht klar für Lehrs These. "Die Punkte, die du in den ersten vier, fünf, sechs Spielen nicht holst, denen läufst du lange hinterher", meint Bönig. Die allerletzte Möglichkeit wäre jetzt die Relegation gewesen.

Zwei Tore Rückstand aus der 1:3-Hinspielpleite setzten den BCF unter Zugzwang. In der 39. Minute fummelte sich Salif Boubacar im Strafraum rechts durch, der Ball landete in der Mitte bei Kerem Tokdemir, der zur Führung traf. Ganze sechs Minuten lang konnte Wolfratshausen das Gefühl haben, es laufe halbwegs nach Plan. Dann griff Erkheim in der Nachspielzeit an, Phillipp Weber holte sich einen weiten Ball an der Grundlinie, legte auf Valentin Wiest zurück und der glich aus.

Im Hinspiel war es ein zehnminütiger Abwehr-Blackout, der dem BCF drei Gegentore Hypothek eingebracht hatte. Im Rückspiel waren es die sechs Minuten nach der Pause, die den Abstieg festzurrten. Zuerst zeigte Erkheims 24-Tore-Mann Stefan Oswald BCF-Abwehrspieler Mustafa Kantar, wie er seine Treffer markiert: Eine Serie an Körpertäuschungen am Strafraum, links-rechts, Abschluss platziert ins Eck. Dann kam ein weiter Erkheimer Ball zwischen Abwehr und Torwart, BCF-Keeper Cedomir Radic holte sich ihn zwar, räumte aber auch Valentin Wiest ab. Strafstoß, zweites Tor Oswald. Peng, peng - zwei Schüsse, die den BFC letztlich von den Beinen holten. Zwar hatte Barbaros Barut zwischenzeitlich ausgeglichen, Mustafa Kantar gab in der letzten halben Stunde den Daniel-van-Buyten-Gedächtnisstürmer und köpfelte zwei Tore - aber um alle Erkheimer (Auswärts-)Tore zu übertreffen, hätte Wolfratshausen am Ende sechs Treffer benötigt. Wie schon im Hinspiel brach der BCF aber nicht unter einem Erkheimer Offensivsturm zusammen, sondern schusselte sich seine Gegentore selbst zu. Auf der Gegenseite sah man oft, dass die Wolfratshauser zwar feine Fußballer im Team haben, aber zu selten geordnete Angriffe vortrugen.

In der Offensive habe man nie effektiv gespielt, sagte Coach Bönig im Rückblick auf die ganze Saison. "Wir haben es nie geschafft, das aus den Jungs rauszuholen. Ich mache mir natürlich auch sehr viele Vorwürfe." Für Bönig ist es eine widersprüchliche Situation: Mit Wolfratshausen ist er bei seiner ersten Station im Herrenbereich abgestiegen, trotzdem springt er drei Ligen nach oben. Bönig wechselt zum Regionalligisten VfR Garching. Neben dem Trainer wird wahrscheinlich auch ein größerer Teil des Kaders Wolfratshausen verlassen. Forster sieht bei einigen Spielern derzeit kein Landesliga-Niveau, andere wollen wohl nicht in die Bezirksliga mitgehen. "Einige meinen ja sowieso, sie müssten höher spielen", sagte Forster. Mit Kapitän und Galionsfigur Lehr und Abwehrchef Timon Hummel bleiben aber zwei wichtige Spieler. "Man wird ja auch nicht jünger", sagte Lehr, 28. Schöner Rasen, schönes Sportlerheim, "die Wäsche wird auch gemacht", Lehr fühlt sich wohl in Wolfratshausen und will den Umbruch mitmachen. Der sei vielleicht sogar gut, "damit man die letzten zwei Jahre aus den Köpfen der Spieler rausbringt".

Jünger und regionaler soll die Mannschaft werden, die der bisherige Co-Trainer Michael Rödl übernimmt. Als Absteiger wird der BCF erneut in den Favoritenkreis rutschen. "Wenn wir wissen, wie der Kader aussieht, können wir auch Ziele definieren. Wenn der Kader gut genug ist, will ich auf alle Fälle versuchen, oben mitzuspielen", sagte Rödl.

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Quelle:
SZ vom 27.05.2019
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