Basketball:Spannungsabfall beim Umschalten

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Abschied von der Euroleague-Bühne, volle Konzentration auf die Bundesliga: Derrick Williams führt den FC Bayern zum Sieg in Frankfurt. (Foto: Michael Bermel/imago)

Nachdem der FC Bayern die Euroleague bewältigt hat, tut er sich schwer, sofort in den Bundesliga-Alltag zurückzukehren: Beim Tabellen-13. Frankfurt müssen die Münchner in die Verlängerung.

Von Joachim Mölter, Frankfurt/München

Als die Basketballer des FC Bayern München am Freitagabend ihre Euroleague-Saison hinter sich gebracht hatten mit dem abschließenden 84:77 über Gran Canaria, blickte ihr Flügelspieler Derrick Williams schon voraus auf die anstehenden Aufgaben in der Bundesliga, auf die nächsten Gegner Ludwigsburg (am Donnerstag) und Braunschweig (am Sonntag). Er dachte aber auch schon an die Mitte Mai beginnenden Playoffs, für die seine Mannschaft ja bereits qualifiziert ist. Mit Alba Berlin sei da zu rechnen, glaubt der Amerikaner: Die Berliner bestreiten in dieser Woche ja auch die Eurocup-Finalserie gegen Valencia. Brose Bamberg sei ebenfalls in Form gekommen, hat Williams beobachtet: Die Franken haben neulich den deutschen Pokal gewonnen und sind gerade in die Champions-League-Endrunde Anfang Mai in Antwerpen eingezogen; das alles nach einem äußerst turbulenten Saisonbeginn samt Trainerwechsel im Winter. Aber, so sagte Williams aus Erfahrung: "Es kommt manchmal nicht darauf an, wie man anfängt, sondern wie man aufhört."

Mit genau diesen Worten hätte der 27-Jährige auch die Bundesliga-Begegnung des FC Bayern mit den Frankfurt Skyliners bilanzieren können. Nach schwachem Beginn beendeten die Münchner die Partie am Sonntagabend noch mit einem Sieg, aber erst nach zweimaliger Verlängerung - 91:87 (80:80, 74:74, 37:41). Mit nun 48:4 Punkten festigte der deutsche Meister seine Tabellenführung vor Oldenburg (42:10) und Vechta (40:14), den einzigen Klubs, gegen die er in dieser Bundesliga-Saison bis dato verloren hat.

Am Sonntag waren die Münchner indes beim Dreizehnten der Tabelle in größte Not gekommen, mehrmals lagen sie mit 13 Punkten Abstand zurück, zunächst beim 40:53 (25.) und zuletzt beim 56:69 (33.) - wie konnte das geschehen?

"Nach einem Euroleague-Spiel kann man immer mit ungewöhnlichen Dingen rechnen", versuchte Trainer Dejan Radonjic zu erklären und fügte hinzu: "Keine Energie, kein Fokus - defensiv waren wir wirklich nicht gut." Maodo Lo, der nach einer Aufholjagd in den letzten sieben Minuten mit einem Dreier zum 74:74 die erste Verlängerung erzwungen hatte, versicherte: "Wir haben die Frankfurter nicht unterschätzt, wir waren nur mental nicht genug vorbereitet. Die Euroleague-Partie vom Freitag war noch eine Last."

Es ist fraglich, wie lange die Energie bei den Münchnern noch reicht

Zwar hatte Radonjic nach dem Gran-Canaria-Spiel gefordert: "Jetzt ist es wichtig, sich voll auf die Bundesliga-Saison zu konzentrieren, sich auf die Playoffs vorzubereiten und wieder deutscher Meister zu werden. Das ist das wichtigste Ziel für den Verein." Aber so einfach konnten die Spieler offensichtlich nicht umschalten, nach dem Erfolg über Gran Canaria war am Sonntag jedenfalls ein so großer Spannungsabfall zu beobachten, dass Radonjic zugab: "Wenn Frankfurt heute gewonnen hätte, wäre es auch verdient gewesen."

Der Montenegriner hatte am Freitag seine beste Zwölf aufgeboten, obwohl die Euroleague-Partie im Grunde bedeutungslos war - beide Teams hatten keine Chance mehr, sich für die Playoffs der besten Acht zu qualifizieren. Am Sonntag schonte er nur den Center Devin Booker, der nach längerer Verletzungspause gerade erst sein Comeback gegeben hat. Für den Amerikaner rückte Marvin Ogunsipe, 23, in den Kader, der dann freilich nicht einmal zwei Minuten auf dem Feld stand. Der Verzicht auf Bookers Größe unter den Körben führte wieder einmal zu einer deutlichen Unterlegenheit der Münchner bei den Rebounds; in Zahlen ausgedrückt: 36:48. Die Frankfurter sammelten sogar 14 Abpraller am Münchner Brett ein, die Skyliners-Center Leon Kratzer und Jonas Wohlfarth-Bottermann waren da nur schwer zu bremsen und jeweils dreimal erfolgreich.

Um die Partie zu drehen, mussten vor allem Derrick Williams (35:05 Minuten Einsatzzeit), Nihad Djedovic (32:57) und Vladimir Lucic (32:33) ackern, auch Danilo Barthel (26:02) und Maodo Lo (25:14) wurden ein weiteres Mal recht strapaziert. Das waren auch die FC-Bayern-Akteure, die zweistellig punkteten. "In den letzten Minuten und in den Verlängerungen haben wir ein besseres Energielevel gezeigt", war Dejan Radonjic zufrieden.

Fragt sich nur, wie lange die Energie noch reicht bei den Münchnern. Nachdem die strapaziösen Euroleague-Reisen nun ja wegfallen, plant Radonjic, seinen beanspruchten Spielern demnächst etwas mehr Erholung zu verschaffen. Vielleicht noch nicht in dieser Woche, wenn es gegen zwei Gegner geht, die noch um die Playoff-Teilnahme kämpfen, aber danach dann. Für Derrick Williams müsste das nicht sein, er ist ja in der nordamerikanischen Profiliga NBA gestählt worden, wo die Teams noch häufiger antreten müssen als in Europa - in den USA kommen sie auf 82 Punktspiele in der Hauptrunde. "In meinen sechs Jahren in der NBA habe ich vielleicht fünf, sechs Spiele verpasst", sagt Williams: "Wenn ich spielen kann, will ich spielen. Ich bin keiner, der gern aussetzt."

© SZ vom 09.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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