Süddeutsche Zeitung

Basketball:Spätzünder

Erst als Spielgestalter Stefan Jovic wegen eines technischen Fouls vom Feld muss, zeigt der der FC Bayern München die nötige Ernsthaftigkeit für den ungefährdeten Pflichtsieg gegen Ludwigsburg.

Von Ralf Tögel

Stefan Jovic war richtig sauer. Wieder wurde er von diesem kleinen, nervigen Ludwigsburger gehalten, und Jordan Crawford, der gerade mal 1,68 Meter misst, bekam für seine Aktion nicht einmal ein Foul. Da platzte dem serbischen Nationalspieler für einen Moment der Kragen, er teilte dem Schiedsrichter seinen Unmut mit - im Basketball keine gute Idee. Jovic kassierte ein technisches Foul und verließ schimpfend das Parkett Richtung Kabine, denn er hatte schon ein unsportliches Foul auf dem Konto. Doch die Disqualifikation des Spielgestalters zu Beginn des dritten Viertels wirkte wie eine Initialzündung auf das Spiel der Basketballer des FC Bayern München, die dem hartnäckig kämpfenden Gegner umgehend ihre Klasse demonstrierten und den knappen 46:44-Vorsprung in kurzer Zeit vorentscheidend auf 59:45 erhöhten. Am Ende stand ein ungefährdeter 92:74-Erfolg gegen die MHP Riesen Ludwigsburg, der 23. Sieg im 25. Spiel.

Es sind ja dieselben Fragen, die sich Woche für Woche stellen: Wie gut können sich die Spieler von der Anstrengung der Euroleague erholen? Wie gut gelingt es ihnen, den Fokus von der illustren internationalen Aufgabe auf das schnöde Alltagsgeschäft zu legen? Am Freitagabend die Partie in Istanbul, eine Kraftanstrengung inklusive enervierender Reisestrapazen, zwei Tage später das Spiel in eigener Halle gegen Ludwigsburg, das gefälligst mit einem Pflichtsieg zu enden hatte. An diesem Sonntag jedenfalls war dem Team die Hypothek des Ausflugs an den Bosporus anzumerken, manchmal schien es, dass die Enttäuschung den Spielern wie ein schweres Gewicht auf den Schultern lastet.

Zumal das vorzeitige Euroleague-Aus als überflüssig gelten muss. Denn gerade im ersten Viertel in Istanbul gelang den Münchnern eine Demonstration ihrer Stärke, der Gegner musste fürchten, wie im Hinspiel (70:116) fürchterlich unter die Räder zu kommen. Dann aber spielte Darussafaka wie ein Team, das nichts zu verlieren hat, außer der Gunst des Heimpublikums. Und weil ihm fortan alles gelang - vor allem die 18 Treffer aus Dreier-Distanz - kamen die Bayern unter die Räder. Knapp zwar und erst in den letzten Sekunden, weil immerhin der Einsatzwille vorbildlich war, in den entscheidenden Momenten aber geriet das Spiel wieder zu fehlerhaft, eine Schwäche, die sich durch die gesamte Euroleague-Saison gezogen hat.

Nun ging es also erneut gegen einen Kontrahenten, der nichts zu verlieren hat. Freilich ist Ludwigsburg nicht von der Qualität eines türkischen Euroleague-Teilnehmers, aber eine talentierte Mannschaft, die hart um einen Platz in den Playoffs kämpft. Zwar war den Münchnern der Wille anzumerken, schnellstmöglich den Widerstand der Gäste als aussichtslos zu enttarnen, doch insgesamt wirkte das Spiel lange pomadig. Dass die Bayern die Klasse haben, um jederzeit die Schlagzahl zu erhöhen und Punkte zu sammeln, ist keine Frage. Doch bis zur Disqualifikation von Jovic fehlte es am unbedingten Willen, wechselten sich gute Aktionen mit leichten Fehlern ab, wurden fein herausgespielte Dreierwürfe von leicht vergebenen Korblegern konterkariert. Dabei sind Akteure wie Danilo Barthel oder Derrick Williams von Teams wie Ludwigsburg kaum zu verteidigen, was der Kapitän mit 18 Punkten als Bester seines Teams belegte, gefolgt von dem NBA-erfahrenen Amerikaner mit 16. Auch Nihad Djedovic punktete erneut zweistellig (14), zudem bekam Braydon Hobbs, nicht zuletzt wegen des Fehlens der Nummer eins auf der Aufbauposition, mal wieder mehr Einsatzzeit, was er Trainer Dejan Radonjic mit elf Punkten vergütete.

Aus für Bayern-Talente im Playoff-Viertelfinale

München - "Insgesamt bin ich sehr stolz auf diese junge Mannschaft, die eine großartige Saison gespielt hat", sagte Basketball-Trainer Demond Greene noch am Spielfeldrand. Die gerade erlittene 64:68-Niederlage seiner Mannschaft gegen die Baskets Münster und das damit verbundene Aus des FC Bayern II im Playoff-Viertelfinale der zweiten Liga ProB konnte sein positives Fazit nicht schmälern. Um aber der durchaus vorhandenen und später vergebenen Chance auf ein drittes Spiel in der Best-of-three-Serie nachzutrauern: "Wir hatten in der ersten Halbzeit eine Zehn-Punkte-Führung, konnten sie leider nicht ausbauen. Stattdessen ist Münster wieder zurück ins Spiel gekommen." Die erste Partie hatten die Bayern vor 3000 Zuschauern in Münster 65:77 verloren.

Das Ausscheiden hatte sich der Münchner Talentschuppen gegen den starken Sieger der Nordstaffel aber auch selbst zuzuschreiben, denn insgesamt vergaben die Bayern zwölf ihrer 24 Freiwürfe. Dass Greene kurzfristig auf Spielmacher Viktor Frankl-Maus verletzungsbedingt verzichten musste, wollte er gar nicht als Ursache ausmachen, obwohl der 25-Jährige zu den ganz wenigen routinierten Spielern zählt. "Die schlechte Freiwurfquote und das verlorene Rebound-Duell haben uns ein knappes Spiel gekostet", konstatierte der Coach, 47 mal krallten sich die Gäste die Abpraller vom Brett, 30 Rebounds holte der FCB. Topscorer war der 19-jährige Guard Erol Ersek (17), auch der ein Jahr jüngere U18-Nationalspieler Bruno Vrcic (13) traf zweistellig. toe

Aber insgesamt war es ein zäher Erfolg, dem Auftritt der Bayern fehlte es über die meiste Spielzeit an jener Ernsthaftigkeit, die sie zuletzt zum Sieg gegen den großen FC Barcelona getragen hatte. Letztendlich bekamen die Zuschauer einen hoch verdienten Erfolg zu sehen, die Münchner Basketballer haben einmal mehr ihre Pflicht erfüllt und können sich auf den letzten internationalen Auftritt am kommenden Freitag gegen Gran Canaria vorbereiten. Ein Spiel, in dem es um wenig geht, das den internationalen Auftritt der Bayern für diese Saison beendet. Aber auch ein Spiel, das ein paar wichtige Fragen überflüssig macht. Denn danach können sich die Bayern ganz auf das Rennen um die deutsche Meisterschaft konzentrieren.

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SZ vom 01.04.2019
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