Süddeutsche Zeitung

Basketball:Maxi mal

Wie ist das Leben eigentlich so als Basketball-Profi? Die SZ hat einen Tag lang Nationalspieler Maxi Kleber vom FC Bayern begleitet.

Von Christopher Meltzer

Als der Basketballer Maximilian Kleber sich im Sommer 2015 dem FC Bayern München anschloss, taten sich vor ihm einige unbekannte Variablen auf. Eine Stadt, die ihm fremd war. Ein Verein, der noch damit beschäftigt war, eine schmerzliche Finalniederlage abzuschütteln. Dazu eine Fußverletzung, die ihn nicht nur die Vorbereitung, sondern die komplette erste Saisonhälfte kostete.

Anderthalb Jahre später hat Kleber, 25, die Variablen aufgelöst. Der gebürtige Würzburger mag München. Der FC Bayern stürmt auf die Bundesliga-Playoffs zu, mit dem Auftrag, die deutsche Meisterschaft zurückzuerobern. Und auch der Fuß bereitet ihm keinen Ärger mehr. Kleber gehört längst zu den besten Spielern der BBL. Am vergangenen Wochenende hat die SZ den Nationalspieler einen Arbeitstag lang, bis zum Spiel gegen Oldenburg, begleitet.

Frühstücksei und Schlabberhose

10.23 Uhr: Wenn Maximilian Kleber, den alle Maxi nennen, morgens aus dem Bett steigt, dauert es meistens nicht lange, bis er sich wieder unter die Decke verkriecht. Mit Schlabberjogginghose huscht er in die Küche und sieht nach, was der Kühlschrank hergibt. Und wenn er sich ein Frühstück zusammengestellt hat - an diesem Morgen fällt die Wahl auf ein gekochtes Ei und Käsebrot - zieht er sich damit wieder ins Schlafzimmer zurück.

Mit dem Teller auf dem Bett sitzend erinnert Kleber ein wenig an einen verkaterten Studenten, der noch die Party der letzten Nacht verdaut. Nur war Kleber nicht feiern. Sein Tag setzt sich auch nicht im Englischen Garten oder an der Isar fort. Auf ihn wartet ein Arbeitstag. Mit dem FC Bayern spielt er am Abend in der Basketball-Bundesliga (BBL) gegen Oldenburg. Beide Vereine wollen sich für die Playoffs positionieren. Kleber hat gut geschlafen. Wie eigentlich immer. Nur manchmal, vor den "ganz großen Spielen", sagt er, falle es ihm schwer einzuschlummern: "Dann habe ich nur Basketball im Kopf."

Erster Punkt: Teamsitzung

10.52 Uhr: Der Straßenverkehr in München ist auch für Profibasketballer gewöhnungsbedürftig. Heute sind die Straßen aber leer. Auch rund um den Audi Dome, der später fast 6000 Fans aufnehmen wird, tut sich noch nichts im Westpark. Nur die Jogger sind unterwegs. Um 11.15 Uhr wartet auf Kleber der erste Pflichttermin des Tages: Mannschaftssitzung. Die Trainer haben Videos vorbereitet. Sie erklären mit kurzen Clips die Taktik gegen Oldenburg. Schon am Vortag hat jeder Spieler einen Report erhalten, der auflistet, was auf ihn zukommt. Auch Basketballer müssen Hausaufgaben erledigen.

Herumballern in der Halle

11.48 Uhr: Die Theorie ist abgeschlossen, jetzt kommt der Ball ins Spiel. In der Basketballsprache nennt sich das: Shootaround. Eine lockere Wurfeinheit, die ein "gutes Gefühl" vermitteln soll, wie Kleber sagt. Manchmal fällt dieses Training auch weg. Wenn das Spiel aber erst spät abends startet, hat sie ihren festen Platz im Tagesplan. Manche Spieler spulen hier schon Rituale ab. Kleber selbst hat sich das nicht angewöhnt: "Erst den linken Schuh anziehen, dann den rechten - das gibt's bei mir nicht." Das "gute Gefühl" ist ihm aber schon wichtig: "Bevor ich die Halle verlasse, will ich den letzten Wurf von jeder Position getroffen haben."

Mittagsschlaf und Hausmusik

14.02 Uhr: Zurück ins Bett. Nachdem die Mannschaft gemeinsam gegessen hat, begibt sich Kleber wieder in seine Wohnung. Bis zum Treffpunkt am Abend hat er nun frei. Meistens gelingt es ihm, einen Mittagsschlaf einzuschieben, "heute hat's aber nicht so gut geklappt", sagt er. Bleibt also Zeit für andere Beschäftigungen. Vor anderthalb Jahren hat Kleber sich eine Gitarre gekauft und ist den Anweisungen der Youtube-Lehrer gefolgt. Und weil er sich ziemlich geschickt angestellt hat, veröffentlichte der FC Bayern gleich ein ganzes Video mit dem Musiker Kleber in der Hauptrolle. Die Gitarre hat er zuletzt aber etwas vernachlässigt. Auch heute übt er nicht: "Ich bin etwas faul geworden."

Die Konzentration steigt

18.38 Uhr: Als Kleber zum zweiten Mal an der Halle ankommt, sind die Jogger verschwunden. Basketball-Fans in roten Trikots laufen jetzt durch den Westpark. Spätestens 90 Minuten vor Spielbeginn muss Kleber in der Halle sein. Wie die meisten Spieler taucht auch er früher auf. Es gibt noch viel zu tun. Da wäre etwa der Medizinraum. Kleber steigt auf die Waage, Routine. Auf der Homepage der Bundesliga wird er mit 98 Kilo geführt. Ein Betreuer wickelt ihm Tape um die Knöchel. Jeder Spieler wird anders behandelt. Kleber, 2,07 Meter, erwartet eine andere Belastung als kleinere, leichtere Teamkollegen. Nachdem das Tape befestigt ist, geht er in die Kabine. Die Konzentration steigt: "Wenn der Trainer reinkommt, zählt nur noch das Spiel."

Das Spiel läuft

20.38 Uhr: Das Spiel ist wenige Minuten alt, da hat der Hallensprecher den Namen "Maxiii Kleber" schon mehrmals ins Mikrofon gebrüllt. Kleber hat fünf der ersten neun Bayernpunkte eingesammelt. Oldenburg spielt mutig, doch am Ende gewinnen die Bayern 90:83. Kleber steuert in knapp 20 Minuten sechs Punkte und sieben Rebounds bei. Zufrieden ist er nicht.

Nacht-Schicht

22.56 Uhr: Während sich die meisten Bayernspieler längst frisch geduscht in die VIP-Lounge verdrückt haben, steht Kleber noch mit Trikot in der Halle. Er unterhält sich mit Freunden. Immer wieder drängeln sich Kinder um ihn. "Maxi, warum hast du immer die gleichen Schuhe an?", fragt ein Junge. "Gute Frage", sagt Kleber und schmunzelt, "ich habe noch keine gefunden, die mir besser gefallen." Kinder mögen ihn. Wenn er sich herunterbeugt, um ein Autogramm auf ihre Schals zu kritzeln, wirkt er entspannt - dabei hat ihn das Spiel noch nicht losgelassen. "Sobald man unter der Dusche steht, denkt man über die eigene Leistung nach", sagt er. Meistens grübelt er, bis der Trainer die Videoanalyse beendet hat und neue Aufgaben vorgibt. Das passiert jedoch erst am Montag. Der Sonntag ist diesmal frei. Maxi Kleber wird sein Frühstück im Bett genießen.

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Quelle:
SZ vom 24.04.2017
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