Basketball:Heiter bis ulkig

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"Ich muss noch herausfinden, wie meine Mitspieler spielen“: Münchens neuer Combo Guard Petteri Koponen (re.), mit 18 Punkten bester FCB-Scorer. (Foto: imago/Eibner)

Die Basketballer des FC Bayern deuten in Ulm ihr offensives Potenzial an, offenbaren aber Abstimmungsschwierigkeiten.

Von Matthias Schmid, München

Dejan Radonjic nestelte an seinem Krawattenknoten herum und zog ihn noch mal fest, bevor er seine Sicht zum Spiel mitteilte. Der Cheftrainer des FC Bayern blickte am Freitagabend nach dem 83:77-Sieg bei Ratiopharm Ulm recht fröhlich drein. Nicht überschwänglich, aber angemessen zuversichtlich sah der Montenegriner aus. Seine Mannschaft hatte das Spiel mit Mühe für sich entschieden, das erste in der neuen Spielzeit der Basketball-Bundesliga. "Das war das Wichtigste heute", fand der 48-Jährige. Er und seine Spieler wussten ja nicht so recht, wie stark sie schon wirklich sind. Vorhersagen vor dem ersten Saisonspiel gleichen immer ein bisschen einem 14-Tage-Wetter-Trend: Sie sind wegen der unübersichtlichen Großlage eher mit Vorsicht zu genießen. Diesmal herrschten sogar noch erschwerte Bedingungen, "weil wir nur wenige gemeinsame Tage im Training hatten", wie Radonjic anmerkte. Einerseits.

Andererseits verfügt der FC Bayern über famose Individualisten wie Spielmacher Stefan Jovic oder Center Devin Booker. Und seit neuestem auch Petteri Koponen, der ein begnadeter Werfer ist. Auf ihre individuellen Stärken konnte sich Radonjic verlassen, die Mitspieler mussten ihnen nur die Bälle zupassen. Auch als die Münchner im Schlussviertel ihren 13-Punkte-Vorsprung fast aufgebraucht hatten. Sie stellten dann meistens die richtigen Dinge mit dem Ball an, phasenweise war das schon sehr ansehnlich. Nach einem wilden Dreier von Katin Reinhardt war Ulm vier Minuten vor der Schlusssirene noch mal auf 72:73 herangekommen, es wäre eine ziemlich kitschige Geschichte geworden, wenn ausgerechnet der Amerikaner am Ende das Spiel gedreht hätte.

Reinhardt ist ein großer Bayern-Fan, der Fußballabteilung wohlgemerkt, er soll dem Klub sogar so zugeneigt sein, dass er in FCB-Bettwäsche schläft. Aber Reinhardt war nicht der Matchwinner, es waren vielmehr Jovic mit seinen hinreißenden Soli zum Korb und Koponen mit seinen Dreiern, die am Ende den kleinen, aber entscheidenden Unterschied brachten. "Wir wollten den Sieg mitnehmen und haben deshalb einen guten Job gemacht, aber es liegt noch eine Menge Arbeit vor uns", analysierte der 30-jährige Finne richtig.

Ulms Cheftrainer Thorsten Leibenath wusste dagegen nicht so richtig, wie er die vertane Chance einordnen sollte, ob er sich über die lebhafte Leistung seiner Spieler gegen den deutschen Meister freuen oder er sich ob der knappen Niederlage grämen sollte. Schließlich wählte er einen Ansatz, der die Endphase ziemlich gut beschrieb: "Am Ende kam es mir vor, als ob wir das Spiel mehr verloren als es die Münchner gewonnen haben."

In der Tat hatten die Bayern auch Glück, dass die junge Ulmer Mannschaft etwas zu draufgängerisch agierte. Nur drei Punkte lagen sie zurück (74:77), als sie zweimal einen neuen Angriff initiieren durfte. Beim ersten Mal schafften es die Spieler auf recht tölpelhafte Weise nicht, den Ball binnen der vorgeschriebenen acht Sekunden aus der eigenen Hälfte zu befördern, beim zweiten Mal dribbelte der ansonsten sehr auffällige Javonte Green mit dem Ball ins Aus und prallte, ulkig anzusehen, Kopf voraus gegen die Wand der ersten Zuschauerreihe. "Zum Schluss war es ein bisschen viel Leichtsinn und Unbekümmertheit", sagte Ulms Spielmacher Per Günther.

Die Schlussphase wirkte wie das Duell zwischen einer älteren Jugendmannschaft und einem Erwachsenenteam. Die Erwachsenen waren die Bayern, ruhiger, selbstbewusster und vor allem reifer spielten sie. Spieler wie Jovic und Koponen treten dann so cool auf, dass sie wohl nicht einmal zucken oder blinzeln würden, wenn ihnen eine Wespe ins Auge flöge. Dabei offenbarte Koponen durchaus noch Schwächen, seine Pässe landeten mitunter beim Gegenspieler oder im Aus. "Ich muss mich noch anpassen und herausfinden, wie meine Mitspieler spielen", gab er zu. Der Combo Guard will die nächsten Tag dazu nutzen, um auf ein höheres Niveau zu kommen. Das gelte für die gesamte Mannschaft, wie Radonjic sagte. Denn nicht Ulm oder Aufsteiger Vechta, den die Bayern an diesem Mittwoch (15 Uhr) empfangen, ist der neue Maßstab, sondern die Euroleague, der höchste europäische Klubwettbewerb. Die beginnt für München am 11. Oktober mit dem Spiel gegen Anadolu Istanbul. Daran orientieren sich Spieler wie Koponen. Er traut seinem neuen Team sehr viel zu. "Wir werden nicht die Favoriten sein", sagt er, "aber wir werden einige Mannschaften überraschen können." Dann wird der Bayern-Kader auch komplett sein, in Ulm waren der kranke Leon Radosevic und der langjährige NBA-Profi Derrick Williams absent, der in dieser Woche nach den letzten Leistungstests seinen Vertrag unterschreiben soll.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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