Süddeutsche Zeitung

Baseball:Zu starke Blutung

Die Haar Disciples verlieren ihren Saisonauftakt in der Baseball-Bundesliga mit 3:10 in Heidenheim und hadern mit ihrem neuen US-Pitcher Darren Fischer.

Es gibt zwei Gründe, warum Denis Wallace in der vergangenen Saison bei den München-Haar Disciples noch nicht so oft zum Einsatz kam. Erstens spielte in Michael Stephan ein erfahrener Routinier auf seiner Position an der ersten Base, der zugleich auch noch hauptamtlicher Manager beim Baseball-Bundesligisten war. Jetzt ist Stephan nicht mehr da. Zweitens hatte sich der 23-jährige Wallace in den Playoffs unglücklich verletzt, als er bei dem Versuch, einen Ball zu fangen, mit seinem Bruder David zusammenprallte - beide fehlten damals wochenlang. Am Montagnachmittag allerdings stand der 1,86 Meter große Spieler aus der eigenen Jugend zum Saisonstart im Aufgebot.

Der neue Pitcher Darren Fischer wurde schon im vierten Inning vom Werferhügel geholt

Beim Gastspiel in Heidenheim zeigte sich, dass sich Wallace einerseits gut einfügen kann in die Mannschaft. In der Offensive verbuchte er zwei so genannte RBI's, also Vorlagen für Punkte, in der Defensive erlaubte er sich keine Schnitzer, und das, obwohl er nach einer Schulteroperation (die nichts mit dem Zusammenprall zu tun hatte) erst seit zwei Wochen wieder voll trainierte. Probleme bereiteten in Heidenheim aber nicht die Eigengewächse, sondern eher ein eingekaufter Spieler. "Das war relativ offensichtlich", sagte Sportdirektor Christopher Howard auf die Frage, was schiefgelaufen war: "Das Pitching zu Beginn war nicht so gut." Nach einem frühen, deutlichen Rückstand setzte es zum Saisonauftakt eine deutliche 3:10-Niederlage beim Titelverteidiger. Das eigentlich Auftaktspiel in Haar gegen denselben Gegner am Ostersonntag war aufgrund des nassen Platzes abgesagt worden.

Der deutsche Meister Heidenheim gilt in einer ausgeglichenen Liga als leichter Favorit, um am Ende der Punkterunde als Führender der Südstaffel in die Playoffs zu gehen. Disciples-Trainer Philipp Howard vermutet, dass Heidenheim vielleicht noch stärker spielen könnte als in der vorigen Saison, weil aufgrund der Europapokal-Teilnahme das Budget erhöht worden sei. Insofern kam die Niederlage am Montag nicht überraschend. Es war seinem Bruder Christopher allerdings anzumerken, dass die Leistung des neuen US-Pitchers Darren Fischer zumindest einmal zum Nachdenken anregte. "Er hat auf jeden Fall nicht das gezeigt, was er im Trainingslager gezeigt hat", so Howard. Insofern sei es womöglich von Vorteil, am kommenden Wochenende zu Hause gegen die Saarlouis Hornets anzutreten, eines der wenigen Teams, das nicht als Playoff-Kandidat gilt. Vor dem Saisonstart war man sich bei den Disciples einig gewesen: Der 25-jährige Fischer, der zwei Jahre lang beim amerikanischen Major-League-Klub Tampa Bay Rays unter Vertrag stand, bringe alles mit, "um ein Top-Pitcher in der Liga zu werden", so hatte es Howard formuliert.

Doch gleich im ersten Durchgang der Saison unterlief Fischer ein schwerer Fehler. Zwei Gegenspieler hatte er schon erfolgreich Aus geworfen, als er dem Gegenspieler einen viel zu einfachen Ball präsentierte. Mit seinem ersten Schwung jagte Simon Gühring den Ball aus dem Stadion, was den Heideköpfen zwei Punkte einbrachte. Im zweiten und im dritten Inning warf Fischer vier balls: Der jeweilige Gegenspieler durfte so zur ersten Base gehen, ohne den Ball überhaupt treffen zu müssen. Im vierten Inning, beim Stand von 0:4 aus Sicht der Disciples, nahm Trainer Howard Fischer dann vom Werferhügel. Der Tscheche Jan Tomek, der aufgrund des Spielausfalls am Sonntag nicht zum Einsatz gekommen war, wurde eingewechselt, "um, wie man im Baseball sagt, die Blutung zu stoppen", so Christopher Howard. Ihm bescheinigte er eine gute Leistung, trotzdem kam Heidenheim gegen ihn noch zu sechs weiteren Punkten.

In der Offensive zeigte Zugang Austin Diemer, dass mit ihm als Schlagmann zu rechnen ist

"Mit der Offensive bin ich eigentlich zufrieden", sagte Haars Sportdirektor. Dass man gegen die Heideköpfe neun Spieler auf Base bekommen habe, sei beachtlich. Es fehlte lediglich die Konstanz, um daraus Zählbares machen zu können. Neben dem Youngster Denis Wallace tat sich am Schlag auch noch der andere neue US-Amerikaner, Austin Diemer, hervor. Der 24-jährige Kalifornier fuhr zwei der drei Punkte für die Disciples ein. Vielleicht wäre auch in Heidenheim etwas mehr möglich gewesen, wenn die Disciples ihrerseits im ersten Inning gepunktet hätten. Doch der Brite Nateshon Thomas, vergangene Saison eine der wichtigsten Offensivkräfte, hatte Pech, als er gleich im ersten Inning versuchte, eine Base zu stehlen. Die Disciples hatten angekündigt, in der Offensive noch frecher und aggressiver auftreten zu wollen als zuvor. Offensichtlich hatte man sich in Heidenheim darauf eingestellt, Thomas wurde abgefangen. Aus dem ersten Spiel einen Trend für die Saison ablesen, das käme aber viel zu früh. Das wiederum hatten die Disciples aber schon vor dem Spiel gesagt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3928489
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.04.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.