Süddeutsche Zeitung

Baseball:Runter vom Werferhügel

Bundesligist Haar gewinnt das erste Spiel gegen Mainz. Die zweite Partie verliert US-Pitcher Darren Fischer quasi im Alleingang - er dürfte nach dem hitzigen Duell die längste Zeit ein Disciple gewesen sein. Am Montag steht ein Gespräch an.

Von Christoph Leischwitz, Haar

Baseball ist ein kontaktloser Sport. Meistens zumindest. Vor ein paar Tagen haben die Teams der New York Yankees und der Boston Red Sox bewiesen, dass es auch anders gehen kann. Tyler Austin von den Yankees wurde von einem schnellen, harten Ball am Rücken getroffen, er warf wutentbrannt seinen Schläger zu Boden, und dann hieß es: "benches cleared", die Mannschaftsbänke waren leer, man traf sich auf dem Feld. Und im Gesicht. Es drohen lange Sperren.

Ganz so schlimm ging es am vergangenen Samstag zwischen den München-Haar Disciples und den Mainz Athletics zwar nicht zu. Doch es zeigte sich, dass sich dieses Duell zu einer veritablen Rivalität entwickeln könnte. Beide Teams streben in der Bundesliga einen Playoff-Platz an, beide wissen, dass jedes Spiel wichtig sein wird für die Endabrechnung. Im ersten Aufeinandertreffen am dritten Spieltag war es folgerichtig lange spannend, es stand bis in den achten Durchgang hinein 0:0, dann ging Mainz 1:0 in Führung. Haar gelang es allerdings, weitere Läufer in guter Position abzufangen. Mainz' neuer US-Spieler Austin Gallagher wollte das aber nicht wahrhaben. Als Catcher William Thorp mit dem Ball in der Hand auf ihn zulief und er die Home Plate nicht mehr erreichen konnte, senkte er seine Schulter und ließ den Haarer auflaufen, der daraufhin zu Boden fiel. Es folgte Gemeckere von Seiten Haars, worauf die komplette Mainzer Bank aufsprang und sich zum Ort des Geschehens begab. "Ich finde, die Bank hat da ein bisschen überreagiert", sagte Sportdirektor Christopher Howard nach dem Spiel. Die Szene habe aber klargemacht, dass bei diesem Duell "alle ein bisschen angespannter sind als normal. Da reicht dann eine Kleinigkeit für so eine Situation."

Thorp trug keine bleibenden Schäden davon, im Gegenteil. Am Ende des achten Innings sorgte er dafür, dass die Haarer Bank komplett aufsprang, und zwar aus Freude. Ihm war als Schlagmann ein seltener Grand-Slam-Homerun gelungen. Der Ball flog aus dem Stadion, was in diesem Fall vier Punkte einbrachte, weil zu diesem Zeitpunkt auf jeder Base ein Mitspieler stand. Der letzte dokumentierte Grand Slam war den Disciples vor knapp drei Jahren gelungen. In der vergangenen Saison hatte wiederum Mainz gegen Haar mit solch einem Paradeschlag die Partie entschieden. "Für Will hat es mich besonders gefreut", sagte Howard über den 28-jährigen Kanadier, "er ist einer von denen, die am härtesten arbeiten." Trotz des späten, knappen und viel umjubelten Sieges zeigte sich allerdings, dass die Disciples Probleme haben, Beständigkeit in die Offensive zu bekommen. "Wir hatten neun Hits, das ist nicht schlecht." Man habe aber noch etwas zu wenig "große Innings" gehabt in dieser Saison.

"Wir betrachten die Lage sehr kritisch." Am Montag stehe ein Gespräch mit Fischer an

Viele große Innings hatte bisher auch Darren Fischer nicht. Der US-amerikanische Pitcher, der aufgrund der Ausländerregelung immer im zweiten Spiel zum Einsatz kommt, hatte bislang nur zwei Niederlagen zu verzeichnen. Man müsse nun eine Leistungssteigerung erkennen, hatte ihm Sportdirektor Howard mit auf den Weg gegeben. Die ersten drei Innings der Partie am Sonntagmittag spielte Fischer ordentlich, doch dann folgte ein erneuter Einbruch. Die Bases waren bereits voll mit Mainzer Spielern, als Fischer im vierten Durchgang den Werferhügel räumen musste - wahrscheinlich stand er dort zum letzten Mal für die Disciples. Zuvor waren die Haarer durch Austin Diemer und Thorp 2:0 in Führung gegangen. Doch nun konnte Kevin Trisl, der für Fischer in die Partie kam, nur wenig Schadensbegrenzung betreiben, die Mainzer gingen nach einer umstrittenen Entscheidung in Führung und blieben weiter am Ball, am Ende gewannen sie das zweite Spiel 5:2. Was Fischers Zukunft mit den Disciples betraf, so sagte Howard am Sonntagabend nur: "Wir betrachten die Lage sehr kritisch." Am Montag stehe ein Gespräch mit Fischer an.

Aufgrund der Niederlage schoben sich die Mainzer, die ein Spiel mehr absolviert haben, an den Haarern vorbei. Sie stehen auf Rang drei und Rang vier in der Südstaffel, den beiden Plätzen, die zu den Playoffs berechtigen.

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Quelle:
SZ vom 16.04.2018
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