Baseball:Endlich ins Hauptprogramm

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Haar Disciples planen Angriff auf die Meisterschaft - wieder einmal

Von Christoph Leischwitz, München/Tokio

Ein wenig müssen sie sich bei den Haar Disciples noch gedulden. Zumindest das Heimpublikum wird die Mannschaft nicht begutachten können, wenn diese bald den Betrieb in der ersten Baseball-Bundesliga aufnimmt. Denn drei Mal muss Haar zunächst auswärts anrücken, zum ersten Mal am Ostermontag bei den Stuttgart Reds. In Haar müssen sie derweil auf ihrem Feld einen sogenannten Warning Track bauen, einen rund vier Meter breiten Streifen aus Asche vor dem äußeren Spielfeldzaun (die SZ berichtete). Die Spieler, die in der Nähe dieser Begrenzung ihrer Arbeit nachgehen, sprinten gerne einmal auf den Zaun zu, während sie gleichzeitig in die Luft starren und die Flugbahn eines heranfliegenden Balles berechnen. Es ist ein kleiner, womöglich gesundheitsfördernder Eingriff auf dem rund 100 Meter langen Baseballfeld, ein wenig Feintuning. Aber oft sind es ja die kleinen Dinge, die größere Arbeit verursachen.

Feintuning, das lässt sich durchaus auf das Personal der Disciples im Jahr 2015 übertragen. Sportdirektor Michael Stephan hat die meisten Leistungsträger des Vorjahres erneut einbestellt: die Amerikaner Josh Petersen und Gabriel Sandersius, Cedric Bassel, Christoph Ziegler, Pitcher Lukas Steinlein. Letzterer hatte seine Dienste fast schon den Mitbewerbern aus Heidenheim versprochen, Stephan überredete ihn gerade noch zum Bleiben. Joey Dyche, der wichtigste US-Import des Vorjahres, ist erwartungsgemäß nicht nach Haar zurückgekehrt. Dafür haben die Disciples Richard Klijn für das Infield gewonnen, einen britischen Nationalspieler, der sich bei den Regensburg Legionären in diversen Meisterschafts-Endspielen Kompetenzen im Bereich Nervenstärke erworben hat.

Das kommt den Disciples durchaus gelegen. Seit mehreren Jahren treten sie in den Playoffs als Außenseiter an, der im Viertelfinale lange mithält und dann doch ausscheidet. Sie sind so etwas wie eine talentierte Vorband, die irgendwann Platz für die Hauptattraktion machen muss. Im vergangenen Jahr scheiterten sie knapp an den Solingen Alligators. "Unglücklich", erinnert sich Stephan. Dieses Jahr wollen sie im Halbfinale auftreten, mindestens, sie wollen endlich einmal: ins Hauptprogramm.

Die Favoriten haben sich in den vergangen Jahren noch einmal massiv verbessert, wer in den Klub der vier oder zwei besten Teams der Republik aufgenommen werden will, muss entsprechend investieren. Stephan hat im Kader auch mehr Tiefe geschaffen, wie es im Fachjargon heißt. Er hat Ty Eriksen, der sich eine Auszeit von der Bundesliga genommen hatte, wieder ins Team versetzt, Gregor Piehler von Regionalligist Ingolstadt für das Outfield verpflichtet; Piehler übt parallel das Amt des Fitnesstrainers aus. Ansonsten hofft Stephan, dass insbesondere die jungen Spieler Fortschritte machen, er denkt vor allem an Kevin Trisl.

Der 22-Jährige wird heuer öfter auf dem Werferhügel stehen, "er ist viel reifer im Kopf", sagt Stephan. Er hat die Abteilung der Werfer zudem aufgefüllt, Moritz Polixa ist aus Argentinien zurückgekehrt, wo er sich in der ersten Liga fortgebildet hatte, Dennis Jeworowski hat eine langwierige Schulterverletzung kuriert. Für einen ambitionierten Klub wie Haar ist das eigentlich noch immer zu wenig, viele Ausfälle dürfen sie sich nicht leisten. Jeworowski wurde vor zwei Wochen im Vorbereitungsspiel von einem Ball im Gesicht getroffen, er hatte Glück, dass er sein Augenlicht nicht verlor. In Stuttgart wird er wohl wieder mitwirken können.

Stephan weiß, dass es auf dem Weg an die Spitze Abkürzungen gibt. "Mit zwei Ausländern mehr würden wir bald im Finale stehen", sagt er, aber die Disciples müssen ihre großen Pläne nach wie vor mit kleinen Mitteln verwirklichen. Sie sind der einzige Baseball-Erstligist im Münchner Umland, haben sich aber lange nicht intensiv darum gekümmert, die Fortschritte der Vorjahre angemessen zu vermarkten und Sponsoren zu akquirieren. Seit einem Jahr kümmert sich Cedric Bassel um dieses Ressort, es ist ein langwieriger Prozess.

In der Zwischenzeit muss Stephan die sportliche Abteilung ohne allzu großen Luxus auskleiden. "Uns fehlt das nötige Kleingeld", sagt der 26-Jährige, "wir müssen aus wenig viel machen." In der Südstaffel kann es spannend werden, Vorjahres-Halbfinalist Stuttgart hat den Hauptsponsor verloren, Regensburg und Heidenheim viel Personal getauscht. Die Disciples haben sich Platz drei in der Hauptrunde vorgenommen, es wäre ein weiterer, kleiner Schritt in Richtung Hauptprogramm.

© SZ vom 28.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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