Süddeutsche Zeitung

Baseball:Derbyzeit

Gauting, Freising, Haar, München: Nach einer Strukturreform tummeln sich vier Baseball-Klubs aus der Region in der zweiten Bundesliga.

Von Christoph Leischwitz

Daniel Schober verspricht seinen zahlreichen jungen Spielern für die kommenden Monate "viel kaltes Wasser", doch er meint damit bestimmt keine Badeseen. Die deutschen Baseball-Ligen wurden umstrukturiert, und die Südoststaffel der neuen zweiten Liga beheimatet nun dank der Linienziehung des Verbandes insgesamt neun Mannschaften. "Es wird viel Baseball gespielt werden, man kann viel Erfahrung sammeln", sagt der Trainer des Aufsteigers Freising Grizzlies. Gleichzeitig haben die Grizzlies an ihrem Credo festgehalten, auch in der zweithöchsten Klasse dem eigenen Nachwuchs so viel Spielzeit wie möglich einzuräumen: "Wir haben keinen einzigen Import-Spieler", sagt Schober - so werden jene Spieler genannt, die für die Sommermonate aus Ländern eingeflogen werden, in denen Baseball Nationalsport ist. 32 Partien bis Ende August: Da bleibt wenig Zeit, Badeseen aufzusuchen.

An diesem Samstag (13 Uhr) stehen für die Grizzlies die ersten beiden Heimspiele gegen die Wölfe aus Lauf an. Eine neue Erfahrung konnte das junge Freisinger Team aber schon am vergangenen Wochenende machen, bei den ersten der zahlreichen Derbys: Die Grizzlies verloren beide Partien gegen die zweite Mannschaft des Erstligisten Haar Disciples - die erste Partie allerdings nicht nach neun, sondern erst nach zwölf Innings und einer Spielzeit von 3:42 Stunden, mit 8:9. "Wir haben uns achtbar geschlagen, auch wenn es am Ende auch ein bisschen unglücklich war", sagt Schober. Die zweite Partie ging deutlich 3:12 verloren.

Alle Teams erwarten eine spannende Liga, mit vielen engen Ergebnissen. Allerdings stechen die Disciples II in den Erwartungen ein wenig heraus: Haars neuer, sehr erfahrener Chefcoach Don Freeman, ein US-Amerikaner, lässt die erste und zweite Mannschaft gemeinsam trainieren. Was sich positiv auf die Qualität der Reserve auswirken dürfte - zumal viele Akteure aus dem Erstliga-Kader auch immer wieder dort Spielpraxis sammeln werden.

Am Sonntag starten auch die Gauting Indians in die Saison. Mit zwei Partien bei den Fürth Pirates haben sie dann in dieser verkappten Bayernliga gleich schon mal die weiteste Reise der Saison hinter sich gebracht. Für die Indians ist es ein besonderer Tag, denn es ist 14 Jahre her, dass die Traditionsmannschaft zuletzt in der zweiten Liga spielte. "Wir freuen uns sehr darauf", sagt Trainer Benedikt Weißenberger. Als Tabellenzweiter der Regionalliga wäre die Mannschaft höchstwahrscheinlich auch ohne große Ligareform aufgestiegen, Qualität scheint also vorhanden zu sein, um die Klasse halten zu können.

Gauting sucht noch dringend Ersatz für seinen Pitcher DJ Jauss, der überraschend abgesagt hat

Besonders euphorisch klingt der 32-jährige Coach mit Blick auf die neue Herausforderung allerdings nicht. Neuverpflichtungen gibt es keine, man war bis vor Kurzem auch nicht davon ausgegangen, dass sie nötig sind. Doch dann sagte Anfang März überraschend der Pitcher DJ Jauss ab. Ihm sei es aus privaten Gründen derzeit nicht möglich, nach Deutschland zu kommen - Jauss hatte über den Winter in Australien gespielt. "Das hinterlässt schon eine Lücke, offensiv wie defensiv", sagt Weißenberger. In der vergangenen Saison hatte der Amerikaner, der sich bei den Haar Disciples in der Bundesliga nicht durchsetzen konnte, maßgeblich zum guten Abschneiden beigetragen.

Jetzt steht in Aaron Bushur lediglich noch ein Amerikaner für die zweite, so genannte Ausländer-Partie eines jeweiligen Spieltags zur Verfügung - eine erhebliche Schwächung, gerade in einer Liga mit so dicht gedrängtem Terminkalender. Weißenberger erklärt, dass der Verein versuche, Ersatz zu finden. "Genug Spieler haben wir ja, es muss einer sein, der wirklich weiterhilft." Nur: So einen zu finden, sei natürlich nicht leicht. Immerhin: In Kaspar Zollner kehrt womöglich schon sehr bald ein Infield-Allrounder zurück, der sein Studium in Aachen gerade beendet und dort in der Regionalliga gespielt hat.

Auf dem Werferhügel wird es indes noch mehr als sonst auf einen besonders bewährten Spieler ankommen: Bernhard Huber war in der Vorsaison statistisch gesehen der zweitbeste Pitcher der Liga, sagt Weißenberger. Huber ist übrigens schon 43 Jahre alt - und der einzige im aktuellen Team, der schon dabei war, als die Indians 2004 in die erste Liga aufstiegen.

So einen Coup, einen Durchmarsch bis ganz nach oben, haben die Gautinger diesmal bestimmt nicht vor. Ohnehin schrecken fast alle Teams vor dem Gedanken zurück, aufsteigen zu müssen - mit den Besten mitzuhalten, traut sich kein Klub mit reinen Amateurstrukturen zu. Am ehesten kämen dafür noch die München Caribes infrage, die am Samstag zu Hause am Oberwiesenfeld gegen Deggendorf ins Geschehen eingreifen. Das Team um Steven Walker geht nun in sein drittes Jahr in der zweiten Liga. Das tut es aber auch nur deshalb, weil man schon mehrmals abgewinkt hat: Für die Münchner kommt Liga eins allein aus finanziellen Gründen nicht infrage.

So wird jede Mannschaft zusehen, dass sie möglichst wenig mit dem Abstieg zu tun hat. Und wenn das gelingt, dann wird es in Freising, Gauting, Haar und München wohl auf Jahre hinaus noch viele Derbys in der zweiten Liga geben.

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Quelle:
SZ vom 06.04.2017
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