Baseball:Aussieben in Japan

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Kandidat mit guten Chancen: Haars Pitcher Lukas Steinlein könnte es in den endgültigen deutschen Kader für die Baseball-EM schaffen. (Foto: Claus Schunk)

Die Nationalmannschaft bereitet sich mit einigen Haarer Bundesligaspielern in Asien auf die EM im eigenen Land vor.

Von Christoph Leischwitz, München/Haar

Das Städtchen Ureshino in der Präfektur Saga ist vor allem für zwei Dinge bekannt: seine Teeplantagen und für heiße Quellen. Das heiße Wasser aus diesen Quellen wiederum wird gerne für ein spezielles Gericht mit schmelzendem Tofu verwendet. Doch es ist sehr gut möglich, dass das deutsche Nationalteam bei seinem Aufenthalt von all dem nichts mitbekommt, sondern ausschließlich von der japanischen Spezialität Baseball.

Am Montag reiste ein 28-Mann-Kader in den äußersten Südwesten des Landes, in dem Baseball Nationalsport ist. Auch das war ein Grund dafür, das 13-tägige Trainingslager in Asien abzuhalten. Alles soll professionell aufgezogen sein - und selbst das Stadion im 27 000-Einwohner-Ort hat ein Fassungsvermögen von rund 15 000. "So wie ich die Asiaten kenne, werden wir dort untergebracht wie eine Fußball-Nationalmannschaft", sagt dann auch Christopher Howard, Sportdirektor des Bundesligisten Haar Disciples und einer der Co-Trainer der Nationalmannschaft. Nichts will der Verband dem Zufall überlassen, denn es steht viel auf dem Spiel. Am 7. September beginnt die Europameisterschaft im eigenen Land, sie findet in Bonn und Mainz statt. Und wer bei diesem Turnier unter den ersten Fünf landet, der bekommt obendrein ein paar Tage später auch noch die Chance auf die Qualifikation für Olympia 2020 in Tokio. Howard erklärt, dass eine Teilnahme fraglos die finanzielle Förderung auf ein völlig anderes Niveau heben würde - und damit wohl auch den Stellenwert des Baseballs im Randsportland Deutschland.

Für die München-Haar Disciples war die Bundesligasaison 2019 recht schnell beendet. Erstens war die Spielzeit sowieso wegen der EM im Eiltempo durchgezogen worden, zweitens hatten sie die Playoffs nicht erreicht - und die Playdowns, in denen niemals Abstiegsgefahr herrschte, hatten eher den Charakter von Trainingsspielen. Das wiederum hat zwei Spielern aber sehr geholfen, die nun mit nach Japan fliegen durften. "Für uns ging es um nichts mehr, ich selbst habe es als gute Vorbereitung genutzt, während die anderen Nationalspieler alle frei hatten", sagt Disciples-Pitcher Lukas Steinlein. Er war vor zwei Jahren auch schon bei der EM dabei, die Wahrscheinlichkeit, dass er am Ende des Trainingslagers den "Cut" schafft, ist hoch. Nicht ganz so gut sind die Karten bei Christoph Ziegler. Doch ohne die Playdowns wäre der Infielder womöglich überhaupt nicht eingeladen worden: Monatelang hatte der 27-jährige mit einer Schulterverletzung zu kämpfen gehabt, dann machte er im Saisonendspurt mit einer guten Schlagleistung auf sich aufmerksam. Zwischenzeitlich sah es so aus, als ob seine alte Verletzung wieder aufgebrochen wäre. Am Ende bekam er grünes Licht von den Ärzten. "Ich denke, dass er an der dritten Base Dinge machen kann, die ihm eine gute Chance geben, dabei zu sein", sagt Co-Trainer Howard. Offensiv, also am Schlag, müsse er sich auf das konzentrieren, was er kann, und nicht zu viel wollen.

Haars Sportdirektor Christopher Howard ist auch Co-Trainer und Schlagcoach des Nationalteams

Howard selbst ist zurzeit viel unterwegs. Er ist als Assistent etwa für das Training am Schlagmal zuständig, sein Bruder Philipp für das Infield. Der wiederum hatte nach seiner Berufung von Chefcoach Steve Janssen seinen Trainerjob in Haar beendet, Christopher aber ist immer noch Sportdirektor. Gerade eben war er mit der U23 bei deren EM - und beendete diese mit einem starken zweiten Platz. Im Finale unterlag man Ausrichter Tschechien. Auch beim U 23-Europameister stand in David Dinski ein Haarer auf dem Feld.

In der Bundesliga mögen die Disciples zuletzt ein wenig den Anschluss an die deutsche Spitze verloren haben. Bei der EM werden sie wohl gut vertreten sein. Auch im Kader eines anderen Landes: Nateshon Thomas und Richard Klijn spielen beide für Großbritannien und dürften als Stammspieler gesetzt sein. Am 8. September spielt Deutschland in der Vorrunde gegen die Briten. Besonders brisant aus Haarer Sicht wäre es, wenn Steinlein ausgerechnet bei dieser Partie auf dem Werferhügel stehen würde. Im direkten Duell mit dem starken Schlagmann Thomas sieht Disciples-Sportdirektor Howard den Werfer leicht im Vorteil. Sollte Deutschland Fünfter werden oder noch besser abschneiden, dann hätte die deutschen Nationalspieler aus Haar doch noch eine recht lange Saison erlebt.

© SZ vom 20.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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