Süddeutsche Zeitung

Badminton:Neuhausen sucht nach Harmonie

Der Erstliga-Aufsteiger ist Tabellenletzter und hofft nun auf die Rückrunde.

Von Sebastian Hepp

Annabella Jäger, die für Badminton-Erstligist TSV Neuhausen-Nymphenburg ihre erste Saison spielt, durchlebte mit ihrem neuen Verein am Wochenende ein wahres Wechselbad der Gefühle. Am Samstag trug sie an der Seite von Tobias Wadenka mit einem Viersatzerfolg im Mixed zum überraschenden 5:2-Heimsieg gegen den Tabellenfünften SC Union Lüdinghausen bei. Es war der erste, dann auch frenetisch gefeierte Sieg des Tabellenschlusslichts aus München in der Hinrunde - und zugleich der letzte. Denn tags darauf setzte es in der Abschlusspartie gegen den 1. BV Mülheim eine 2:5-Niederlage, die den Aufsteiger jäh auf dem Boden der Tatsachen zurückholte. Bis zur letzten Partie war noch eine knappe 3:4-Niederlage und der damit verbundene Punktgewinn möglich, doch Jäger und Wadenka mussten sich dem starken Mülheimer Duo Dunn/Käpplein mit 1:3 (3:11, 11:4, 7:11, 5:11) geschlagen geben. Der TSV steht nach neun Partien mit nur drei Punkten abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz, Freystadt und Trittau als Vor- und Drittletzte sind mit jeweils acht Zählern schon ein gutes Stück enteilt.

"Wir haben in einigen Begegnungen vor allem in den Doppeln wichtige Punkte liegen lassen, anders als in früheren Erstligajahren fielen unsere Niederlagen jedoch meist nur knapp aus", resümierte Neuhausens Teammanager Philipp Blonck. Seinen Optimismus im Hinblick auf die Rückrunde hat er aber nicht verloren: "Gegen einen so breit aufgestellten Kader wie Mülheim, der auch in den Doppeln ausländische Spitzenspieler hat, ist es natürlich schwer", fügte er an. Das kann Annabella Jäger nach ihren bisherigen Erfahrungen nur bestätigen. Für die 21-Jährige, die vom Erstligisten TSV Freystadt kam und am Olympiastützpunkt in Saarbrücken trainiert, ist das Niveau in der Beletage nichts Neues. Bei den deutschen Meisterschaften holte sie zudem bereits dreimal den dritten Platz im Damendoppel. Doch während sie mit ihrem langjährigen Trainingspartner Tobias Wadenka eine eingespielte Mixedpaarung bildet und prächtig harmoniert, muss sie sich mit der Einzelspezialistin Kaja Stankovic erst noch zu einem schlagkräftigen Damendoppel zusammenfinden.

In den Spielen gegen Lüdinghausen und Mülheim waren folglich Abstimmungsprobleme nicht zu übersehen. So ließ die am Netz stehende Stankovic zur Überraschung von Jäger des öfteren einen gegnerischen Ball durch, den diese auch vom hinteren Drittel des Feldes aus nicht mehr parieren konnte. Ein erfahrenes Erstligaduo wie Lüdinghausens Yvonne Li und Eva Janssens nutzt solche Schwächen gnadenlos aus. Ärgerlich für einen Spielerin wie Jäger, die auf dem Court den Ton angibt und ihren Emotionen schon einmal Luft macht. Denn sie verfügt über alle Tugenden einer starken Doppelspielerin: ein gutes Stellungsspiel, Reaktionsschnelligkeit, variable Schläge und die Fähigkeit, ihre Partnerin mitzureißen. Verbesserungsbedarf sieht sie bei sich selbst noch in der Konstanz: "Ich habe manchmal Probleme, das Level während des Ballwechsels hochzuhalten." Auch in Sachen Konzentration ist Luft nach oben, wie leichte Aufschlagfehler in kritischen Situationen belegten. Doch die gebürtige Dresdenerin zeichnet die Fähigkeit aus, an sich zu glauben und immer das Beste zu geben, auch wenn es mal nicht so läuft. Das hat sie mit ihrem neuen Team gemeinsam, von dem sie sich "sehr gut aufgenommen" fühlt. Das Ziel Klassenerhalt bleibt, wie Blonck betont, zumal mit dem israelischen Weltklassemann Misha Zilberman, dem Bulgaren Ivan Rusev Atanasov sowie der Ukrainerin Natalya Voytsekh immer zu rechnen sei.

Für sich selbst hat Annabella Jäger die Messlatte ebenfalls hoch gehängt: "Mein großes Ziel sind die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Dann wäre ich 26 und damit im besten Badmintonalter." Ihr duales Studium im Gesundheitsmanagement lasse ihr genügend Zeit zum Training. Doch Jäger, die mit 13 Jahren aufs Sportinternat nach Nürnberg ging und eine Laufbahn als Profispielerin anstrebt, weiß sehr wohl, "dass ich vom Badminton auf lange Sicht nicht werde leben können". Deshalb ist sie froh um ihr zweites Standbein, das ihr - neben dem Gitarrespielen und dem Singen in einem Chor - einen wichtigen Kontrast zum Badminton bietet.

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Quelle:
SZ vom 12.11.2019
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