Badminton:Herzliche Trennung

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Badminton-Zweitligist Geretsried verliert die deutsche Nachwuchshoffnung Ann-Kathrin Spöri an den Erstligisten Refrath.

Von Sebastian Hepp, Geretsried

Die Partie gegen den SV GutsMuths Jena hatte noch nicht begonnen, da wurden die Zuschauer in der spärlich besuchten Geretsrieder Schulturnhalle Zeugen eines kleinen Abschiedsrituals: Ann-Kathrin Spöri, 17, die aktuelle deutsche U19-Meisterin und eine der größten Hoffnungen des Deutschen Badminton-Verbandes, bestritt am vergangenen Samstag nämlich zum letzten Mal ein Heimspiel für ihren Verein, den Zweitligisten TuS Geretsried. Die Teilnehmerin an den Olympischen Jugendspielen 2018 wird zum Erstligisten TV Refrath nach Nordrhein-Westfalen wechseln. Ihren Trainingsstützpunkt hat die 17-Jährige ohnehin längst im nicht weit davon entfernten Mülheim.

Ihren Mannschaftskollegen hatte Spöri schon einige Tage zuvor angekündigt, dass sie den TuS Geretsried verlassen wird, die Nachricht ereilte sie also nicht erst in der entscheidenden Phase der Saison, in der es für den wiederabstiegsgefährdeten Aufsteiger gilt, noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren. Der Teenager war schon länger von Erstligisten umworben worden. Dass sie nun die Chance zum Wechsel ergriffen hat, ist für Abteilungsleiter Uwe Eckhoff und Trainer Johann Niesner ein logischer und für ihre ehrgeizigen sportlichen Ziele auch unabdingbarer Schritt. Der TuS Geretsried weiß, was er Spöri zu verdanken hat, und das gilt umgekehrt natürlich auch. Entsprechend herzlich fielen Eckhoffs Abschiedsworte aus, als er dem Toptalent seines Vereins bei der Vorstellung beider Mannschaften einen Blumenstrauß überreichte. Ohne Spöri hätte Geretsried kaum den Aufstieg in die zweite Liga geschafft, und ohne ihre regelmäßigen Einsätze in der Rückrunde würde der TuS vor dem Finale am kommenden Wochenende sicher nicht mit dem kleinen Polster von zwei Punkten vor dem Tabellenschlusslicht Dillingen stehen.

Damit ihre Mannschaft auch in der Endabrechnung am kommenden Sonntag den für den Klassenerhalt rettenden vorletzten Platz innehat (vorausgesetzt, der favorisierte TSV Neuhausen steigt wie erwartet auf), wird Spöri die letzten beiden Auswärtsspiele gegen den Tabellenzweiten Bischmisheim und den Drittletzten Fischbach auf jeden Fall noch bestreiten. Insbesondere gegen den SV Fischbach erhofft sich Trainer Niesner noch einen Punktgewinn, und dafür kann er auf seine herausragende Einzelspielerin nicht verzichten. Ihre Qualitäten zeigte Spöri auch wieder beim hauchdünn mit 3:4 verlorenen Spiel gegen Jena. Da ließ sie ihrer Gegnerin Dan Phuong Nguyen bei ihrem 11:6, 11:6, 11:3-Erfolg keine Chance. Andererseits zeigte sich wieder einmal, dass das Mixed (wie auch das Doppel) weniger ihre Domäne ist. So verlor Spöri an der Seite von Samuel Gnalian gegen die gut eingespielte Paarung Maria Kuse/Julian Voigt klar mit 6:11, 5:11 und 10:12. Dass diese Mixedkonstellation überhaupt zustande kam, "verdankte" der TuS der Abwesenheit von Gnalians Stammpartnerin Michelle Deschle, die - ein Umstand, mit dem die Mannschaftskollegen nun ebenfalls zurechtkommen müssen - nach der zuletzt überraschend gewonnenen Partie gegen Schorndorf zu einer längeren Asienreise aufgebrochen ist. Das Fehlen von Deschle zwang den TuS auch zur Umstellung im Damendoppel, in dem Sarka Meier in Mona Künzer eine zwar ebenfalls erfahrene, aber doch neue Partnerin zur Seite stand. Beide verloren gegen das Jenaer Duo Kuse/Nguyen in drei Sätzen (9:11, 6:11, 6:11). Deschle hatte ihr Fehlen für den Rest der Saison allerdings ebenfalls schon vor längerer Zeit angekündigt, sie brachte ihre Teamkollegen und Trainer Niesner also nicht in die Verlegenheit, sich kurzfristig nach personellen Alternativen umschauen zu müssen.

Mark Brady hatte es beim Zwischenstand von 3:3 dann in der Hand, im Spitzeneinzel den Sieg für sein Team gegen Jena sicherzustellen und den Vorsprung vor Dillingen (die Schwaben verloren ihrerseits gegen Neuhausen mit 2:5) sogar auf drei Punkte zu vergrößern. Doch der Ire in Diensten des TuS Geretsried vergab gegen Moritz Predel zwei Matchbälle im vierten Durchgang und verlor 11:7, 9:11, 11:7, 14:15 und 7:11. Dass die 3:4-Niederlage, die Geretsried immerhin einen Punkt einbrachte, für den Klassenerhalt am Ende ausschlaggebend sein könnte, hält Johann Niesner zwar für möglich. "Aber Dillingen bringt mehr Zweitligaerfahrung mit als wir und hat mit Schorndorf und Marktheidenfeld das leichtere Restprogramm." Doch ob Geretsried nun die Klasse hält oder aber absteigt: "Es wird sehr schwer werden, Ersatz für Ann-Kathrin im Dameneinzel zu finden", fügt Niesner hinzu.

"Mit der ersten Liga ändert sich jetzt einiges": Ann-Kathrin Spöri, 18, wird beim TV Refrath Matches bekommen, für die sie bisher durch die Welt reisen musste. (Foto: Claus Schunk)

Spöri selbst verabschiedete sich von ihrem Heimpublikum mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Ich freue mich auf die erste Bundesliga", sagte sie, "ich möchte nach dem Abitur Profi werden und viele Erwachsenenturniere spielen, um möglichst schnell unter die Top 100 der Weltrangliste zu kommen." Andererseits sei ihr der Verein immer sehr wichtig gewesen, weshalb sie versprach: "Ich werde versuchen, den Kontakt zu meinen langjährigen Weggefährten nicht abreißen zu lassen."

© SZ vom 21.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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