Süddeutsche Zeitung

ASV Dachau:Verspätetes Wechselglück

Fußball-Landesligist Dachau trennt sich zwei Tage nach dem 1:1 gegen Schlusslicht Ampfing von Trainer Steven Zepeda. Sieben Punkte aus zehn Spielen waren zu wenig. Die Nachfolge ist noch offen.

Von Andreas Liebmann, Dachau

Sieben Minuten. Gemeinhin wird es einem Trainer ja gutgeschrieben, wenn ein Einwechselspieler so kurze Zeit nach seiner Hereinnahme ein wichtiges Tor erzielt. Verbucht wird das dann üblicher Weise in der Kategorie "glückliches Händchen", vielleicht gar unter "geschicktes Händchen", wenn man nett sein will. Der Ausgleichstreffer für den Fußball-Landesligisten ASV Dachau am vergangenen Freitagabend zum 1:1 beim TSV Ampfing, dem späteren Endstand, war zweifellos solch ein wichtiger Treffer, erzielt hatte ihn Philipp Schmidt, der vor einigen Tagen erst mit Trainingsrückstand zum ASV gewechselt war, dann in der Pause ins Spiel kam und in der 53. Minute seine Klasse bewies, als er nach einem Zuspiel von Maximilian Bergner den Ball im Fallen, umringt von zwei Gegenspielern, am Ampfinger Torwart vorbei ins Netz spitzelte.

Gebracht hatte den 27-Jährigen Dachaus Trainer Steven Zepeda. Ihm selbst brachte das Wechselglück dagegen nichts mehr. Zepeda, 32, dürfte es beim Abpfiff womöglich geahnt haben, sein Verein jedenfalls hat sich nach diesem Remis von ihm getrennt. Ampfing ist nach wie vor das Schlusslicht in der Südost-Gruppe der Liga, Dachau steht mit nur sieben Punkten aus zehn Partien auf Rang 15 und damit weit hinter den eigenen Erwartungen. Am Saisonende würde das die Abstiegsrelegation bedeuten. In der vergangenen Saison hatte Zepeda den ASV auf Rang fünf geführt, danach jedoch gewarnt, dass die Mannschaft taktisch noch viel Arbeit habe: "Ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind, wie es von außen vielleicht wirkt."

Auch mit dieser Skepsis lag Zepeda offensichtlich richtig. Dabei ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nichts vom Verlauf der Saisonvorbereitung, die er im Rückblick "katastrophal" nennt; nichts von all den Spielern, die aus privaten oder beruflichen Verpflichtungen viel seltener im Training waren als geplant; nichts von den Verletzungen etwa von Antonio Jara Andreu, Sebastian Mack oder Dennis Bergmann. "Teilweise war es so, dass wir zu zwölft zu einem Vorbereitungsspiel gefahren sind und es zu zehnt beendet haben." Es gibt also durchaus Gründe für die sportliche Lage, auch kann Zepeda für sich reklamieren, dass die Spiele trotz der misslichen Umstände zumindest knapp waren. Die Tordifferenz liegt aktuell bei minus drei. Trotzdem sagt Zepeda: "Sieben Punkte sind für den eigenen Anspruch zu wenig gewesen. Es kam nicht überraschend."

Der Verein um Abteilungsleiter Michael Dietrich hat es sich offenbar auch nicht leicht gemacht. Am Sonntag fiel die Entscheidung. "Er hat noch zwei Nächte drüber geschlafen", gibt Zepeda weiter, "oder besser nicht geschlafen, wie er gesagt hat." Es gebe noch keinen Nachfolger, vorerst wird Co-Trainer Michael Kornprobst die sportliche Verantwortung übernehmen - der 31-Jährige hatte am Freitagabend noch neben Philipp Schmidt angegriffen. "Ich kann es schon nachvollziehen", sagt Zepeda, "es gibt auch kein böses Blut." Einerseits, ja, habe man nun gerade die erforderliche Fitness aufgeholt, es könnte also verspätet losgehen; andererseits spiele inzwischen natürlich auch der Kopf mit.

Umso mehr allerdings war auch für den Trainer Schmidts Rückkehr ein Hoffnungsschimmer. Schmidt war beim ASV gerade Torschützenkönig der Liga geworden, als er vor zwei Jahren in die Regionalliga aufbrach, erst zum FC Unterföhring, dann weiter zum FC Pipinsried. "Das war eins der fehlenden Puzzleteile", sagt Zepeda, "brutal, wir er die eine Chance gegen Ampfing verwertet hat." Dieses 1:1 fiel schon wieder wie in alten Zeiten, als Bergner in Dachau den Großteil der vielen Schmidt-Treffer auflegte. "Schade, ich hätte mir schon gerne gewünscht, zwei Wochen länger mit ihm zusammenarbeiten zu können."

Ein klein wenig Erleichterung kann man aber auch heraushören aus den Worten des langjährigen Schwabingers, der zwischen 2010 und 2012 selbst mal für Dachau spielte. Er wisse nicht recht, ob er überhaupt noch einmal als Trainer arbeiten wolle, sagt Zepeda. Im Vorjahr hat sein offensiver Ansatz gut funktioniert, nach dem fünften Rang aber hätten sich nun alle Gegner bis auf einen "nur hinten reingestellt". Bei diesem einen, dem TSV Grünwald, gab es vor zweieinhalb Wochen prompt einen 4:0-Auswärtssieg. Der SB Rosenheim habe dann "unser ganzes Mittelfeld in Manndeckung genommen" (und 2:1 gesiegt), und die Ampfinger hätten "mit zehn Mann am eigenen Sechzehner gestanden". Sie hätten damit wohl Recht gehabt, sagt Zepeda, aber man hört ihm an, dass er sich mit einer solchen Spielauffassung gar nicht anfreunden mag. Überdies bringe er als Trainer hundertprozentigen Einsatz, und er sei an einem Punkt, wo er sich frage, wie viel davon eigentlich zurückkomme und ob es sich lohne, sich aufzuarbeiten. Er hat jetzt mehr Zeit für solche grundsätzlichen Gedanken.

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Quelle:
SZ vom 10.09.2019
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