American Football:Bruder-Diebe

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Mit dem Aufstieg der Rangers wächst für Football-Erstligist Munich Cowboys allmählich ein Konkurrent heran. Markus Gärtner etwa wechselt zum Münchner Zweitligisten, um dort endlich als Quarterback eingesetzt zu werden

Von Christoph Leischwitz, München

Cowboys und Rangers sind sich all die Jahre nicht in die Quere gekommen. Es gab nichts, worüber sie hätten streiten können, das Terrain war klar abgegrenzt: Die Cowboys spielen mit einer kurzen Ausnahme seit Jahrzehnten in der ersten Football-Bundesliga, die Rangers seit 22 Jahren nie höher als in der dritten Liga. So gab es keinen Grund, dem anderen die Spieler wegzunehmen. Die echten Feinde, das waren meist Auswärtige, wie etwa die reichen Dukes aus Ingolstadt (für die Rangers) oder die reichen, nach den Sternen greifenden Comets aus Kempten (für die Cowboys). Doch in der vergangenen Saison sind die Rangers in die zweite Liga aufgestiegen, jetzt befindet man sich fast schon auf Augenhöhe. Noch gibt es keinen unmittelbaren Showdown, sprich: ein Derby. Es ist also noch nicht High Noon. Doch eines Tages wird sich womöglich entscheiden, ob diese Stadt nicht vielleicht zu klein ist für zwei Bundesliga-Teams.

Es geht dabei gar nicht um eine historisch gewachsene Rivalität, allzu perfide Abwerbungsversuche blieben bislang ebenfalls aus. Doch der Aufstieg der Rangers verschafft vielen Spielern ungeahnte Optionen. Gleichzeitig stecken beide Vereine sowieso in einer sportlichen wie organisatorischen Umbruchphase, was viele Spieler veranlasst hat, sich vorsichtshalber mal nach Alternativen umzusehen. So wechselten zum Beispiel insgesamt 18 Rangers aus der zweiten Mannschaft zur zweiten Mannschaft der Cowboys.

Doch nun wurde ein besonders spektakulärer Fall bekannt, der die Bundesliga-Teams betrifft: Markus Gärtner, seit Jahren einer der wichtigsten Passempfänger bei den Cowboys, wechselt zu den Rangers. Der 28-Jährige wird dort die Position des Spielmachers einnehmen. Mitgeholfen, ihn zu holen, hat der ehemalige Rangers-Quarterback Julian Zettl, der sein Team in die zweite Liga geführt hat, nun aber "aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten" will, wie der Rangers-Vorsitzende Michael Arzberger sagt - Zettl plagen chronische Schulterbeschwerden. Er und Gärtner kennen sich aus gemeinsamen Tagen in der Jugend der Cowboys, auch damals war Gärtner erster Quarterback. Nun wird Zettl erneut sein so genannter "backup", vor allem aber in der Abwehr spielen, wo er nur tackeln, aber nicht den Ball werfen muss.

"Ich war jahrelang Quarterback, auch im Winter im Training war ich immer gut genug dafür, wenn die amerikanischen Quarterbacks noch nicht da waren. Aber ich habe nie eine echte Chance bekommen", erklärt Gärtner seinen Schritt. Der Weggang schmerze ihn freilich. Aber er habe sich auch deshalb dazu entschlossen, weil viele Spieler des harten Kerns den Verein nun verlassen hätten, darunter zum Beispiel auch sein Bruder, der Runningback Fabien Gärtner. Einer der wichtigsten Gründe, weshalb Markus Gärtner die Cowboys verließ, ist ironischerweise aber gar nicht mehr da: US-Quarterback Cedric Townsend schloss sich kurzfristig den Allgäu Comets an, nachdem er den Cowboys schon zugesagt hatte. So steht der Erstligist zehn Tage vor Ende der Wechselfrist noch ohne Quarterback da, wobei amerikanische Spieler auch nach dieser Frist kommen könnten. Dies ist aber ungewöhnlich, weil die Saisonvorbereitung bereits läuft.

"Das ist sicher ein harter Schlag für die Cowboys", sagt Arzberger über seinen Transfercoup. Denn dem Erstligisten fehlt nun ein zuverlässiger Touchdown-Lieferant. Dort gibt man sich allerdings relativ gelassen. "Der Abgang eines Gärtners tut uns weh", sagt Präsident Werner Maier und lässt dabei bewusst offen, ob er den Passempfänger Markus oder den Nationalspieler Fabien meint. Insgesamt habe man zwar viele Spieler verloren, aber auch einige Rückkehrer und mehrere gute Spieler hinzu gewonnen. Ein bisschen stolz sind sie zum Beispiel auf die Verpflichtung des neuen Abwehrchefs Timothy Love Breaker von den Kiel Baltic Hurricanes.

Fabien Gärtner wechselt übrigens zu den Raiders Tirol, unter anderem, weil das Team in einer Art Champions League vertreten ist. Doch die Saison in Österreich geht früh zu Ende, Gärtner könnte nach ein paar Wochen Sperre theoretisch sogar noch für die Cowboys auflaufen. "Wir würden uns freuen, wenn er noch zu uns kommt." Das waren in etwa die Worte von Präsident Maier. Genau so sagte es vor allem auch: Michael Arzberger von den Rangers. Könne doch sein, dass Fabien mit seinem Bruder zusammenspielen wolle.

© SZ vom 20.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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