American Football:Abbruchstimmung

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„Sie haben es mehr gewollt als wir, sie waren physisch stärker“: Cowboys-Chefcoach Garren Holley. (Foto: Claus Schunk)

Die Munich Cowboys enttäuschen beim 19:31 gegen die Stuttgart Scorpions und rutschen noch einmal gefährlich nah an den Abstiegsplatz. Nun sind sie von anderen abhängig.

Von M. Länge und C. Leischwitz, München

Er könne jetzt nicht mehr weinen, sagte Fabien Gärtner, aus zwei Gründen. Zum einen seien schon vor dem Spiel viele Tränen geflossen, so der Runningback der Munich Cowboys, und das restliche Wasser im Körper habe er dann bei diesem anstrengenden Spiel herausgeschwitzt. Gelohnt hatte sich das allerdings nicht. Denn die Cowboys hatten gegen die Stuttgart Scorpions 19:31 verloren. Gärtners Abschied aus dem Dantestadion hatte damit einen faden Beigeschmack bekommen. Einerseits. Andererseits könnte wegen dieser Niederlage jetzt aber auch noch das Szenario eintreten, in dem die Cowboys im September sehr wohl noch ein Heimspiel zu bestreiten haben: das Hinspiel der Abstiegs-Relegation nämlich.

Der Frust saß tief nach dem Spiel. "Nicht alle elf Mann auf dem Feld haben immer ihren Job gemacht", sagte Fabiens Bruder Markus Gärtner, und wenn nicht alle elf ihre vorgegebene Arbeit machten, dann liefen die einstudierten Spielzüge eben oft ins Leere. Auch der Passempfänger ließ sich nach dieser Partie verabschieden, beide Gärtners wollen ihre Karriere beenden. Es sei an der Zeit, fand Fabien. Sein älterer Bruder Markus aber hörte sich ein wenig so an, als ob er nicht nur wegen des körperlichen Verschleißes, sondern auch wegen sportlicher Perspektivlosigkeit aufhören will.

Von den Playoffs scheinen die Cowboys jedenfalls weit entfernt zu sein, obwohl die finanziellen Möglichkeiten in dieser Saison erstmals deutlich besser waren als in den Jahren davor. Mit einem Sieg hätten sie sich aller Abstiegssorgen entledigt, Gegner Stuttgart stand vor dieser Partie in der Tabelle sogar noch hinter den Cowboys. Trotzdem wären die Gastgeber vor fast 1500 Zuschauern wohl komplett chancenlos gewesen, wenn die so genannten "Special Teams" nicht wieder einen guten Tag gehabt hätten. Wie auch schon eine Woche zuvor gegen Tabellenführer Schwäbisch Hall (27:53) gelang gleich nach dem Kick-off ein Touchdown durch Maximilian Kusch aus 98 Yards Entfernung, wenig später erreichte Jeremiah Maluia nach einem Stuttgarter Punt die Endzone mit einem 55-Yard-Lauf. Der eigentlich für Punkte zuständigen Offensive gelangen nur ein einziges Mal sechs Zähler, als Quarterback Benjamin Wilkerson den Ball selbst in die Stuttgarter Endzone trug - damit lagen die Cowboys zur Pause auch nur 19:21 zurück. Doch Wilkerson hatte einen schwarzen Tag erwischt.

Quarterback Wilkerson wirft gleich vier Fehlpässe: "Es war heute nicht mein Tag."

Gleich vier Mal warf der Quarterback den Ball in die Arme des Gegners, einmal wurde er ihm aus der Hand geschlagen. "Es war heute nicht mein Tag. Meine Umsetzung war ganz schlecht. Unser Team hat gut gespielt, aber ich habe nicht gut gespielt", versuchte er, alle Schuld auf sich zu nehmen. Zwischenzeitlich wurde er sogar ausgewechselt und durch Jari Koperski ersetzt - ein Umstand, der Markus Gärtner ebenfalls nicht gefallen haben dürfte. Vor zwei Jahren war er zwischenzeitlich sogar zum Stadtrivalen München Rangers gewechselt, weil er dort als Quarterback spielen durfte - bei den Cowboys war ihm das immer verwehrt geblieben.

"Sie haben es einfach mehr gewollt als wir, sie waren physisch stärker", sagte Cowboys-Cheftrainer Garren Holley über die Stuttgarter. So schien es fast, als ob einigen Spielern vor der Partie gar nicht bewusst gewesen war, dass sie im Fall einer Niederlage noch einmal um den Klassenverbleib bangen müssen. Am Sonntagabend rutschten die Cowboys schon einmal auf den vorletzten Tabellenplatz, als die Allgäu Comets gegen die Saarland Hurricanes gewannen. Sollten wiederum den Saarländern noch zwei Siege gelingen, was aufgrund des Restprogramms nicht auszuschließen ist, wären die Cowboys Letzter.

"Ich habe noch nichts gehört, aber ich würde gerne nächstes Jahr wieder hier spielen", sagte Quarterback Wilkerson. Nach einer Leistungssteigerung in der zweiten Saisonhälfte hatte der US-Amerikaner gegen Stuttgart nicht gerade Eingenwerbung betrieben. Wenn es gegen den Zweitliga-Meister in die Relegation gehen sollte, wäre Wilkerson wohl noch da. Ganz sicher auch die Gärtners: "Wir würden unser Team nicht hängen lassen", sagten sie. Es wäre ein unfreiwilliger Rücktritt vom Rücktritt.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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